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Der beiden Quitzows letzte Fahrten

Der beiden Quitzows letzte Fahrten

Titel: Der beiden Quitzows letzte Fahrten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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vielen und unfreiwilligen Fasten.«
    »So gehe hin; ich werde Dich hier erwarten!«
    »Kommt mit mir bis über die Mauer, da werde ich Euch ein Oertlein zeigen, an dem Ihr sicher harren könnt, bis ich wiederkehre.«
    Mit diesen Worten schritt er vorsichtig vorwärts. Karl folgte ihm. Es war, wie Jobst gesagt hatte: sie kamen schon nach wenigen Schritten an eine hohe und breite Mauer, welche aber an einigen Stellen so verwittert oder gar eingefallen war, daß es mit Benutzung der weitklaffenden Steinfugen sehr leicht war, sie zu überklettern. Dies thaten sie, und drüben angekommen, eilte Jobst nach einer raschen und sorgfältigen Umschau rasch auf einen Trümmerhaufen zu, welcher an einer Ecke der Kirchenseite zu bemerken war. Dort angekommen, packte er einen großen Quaderstein, welcher sich gegen andere lehnte, und gab sich alle Mühe, ihn auf die Seite zu schieben.
    »Helft mir, Herr! Ich bin jetzt zu schwach, um diese Last zu bewältigen! Euer Versteck liegt hinter diesem Steine.«
    Karl griff mit zu; der Quader bekam eine Wendung und es wurde ein kleiner, dunkler Raum sichtbar, grad’ groß genug, um in denselben hinein zu kriechen.
    »Hier müßt Ihr hinein. Wartet mein; ich werde bald zurückkehren!«
    Uchtenhagen leistete dieser Aufforderung nur ungern Folge. In dem engen Loche war es ihm unmöglich, sich zu vertheidigen, vielmehr war er dem Zufalle und möglicherweise auch dem wohlüberlegten Verrathe da vollständig widerstandslos preisgegeben. Jobst bemerkte seine Unentschlossenheit und bat:
    »Habt Vertrauen zu mir, Herr; es wird Euch hier nichts Böses widerfahren, sondern Ihr seid hier wohl geborgen vor aller Fährlichkeit, die Euch hier außen treffen könnte!«
    Diese in dringendstem Tone gesprochenen Worte vermochten ihn endlich, sich hinter dem Steine niederzukauern; dieser legte sich über ihn, und dann hörte er die sich leise entfernenden Schritte seines Verbündeten.
    Einige Zeit lang hielt er es in der unbequemen Stellung, welche zu nehmen er gezwungen war, aus, dann aber griff er um sich, um einen Punkt, sich anzulehnen, zu finden. Dabei gewahrte er, daß das Loch nach hinten keinen Abschluß habe, sondern weiter lief; der Trümmerhaufen bestand nicht aus einer compacten Masse, sondern war hohl. Er kroch weiter und fühlte bald, daß der Raum über ihm höher geworden sei; jetzt war es ihm möglich, sich vollständig aufzurichten, und sein Tastsinn überzeugte ihn, daß er sich unter einer in der Kirchenmauer angebrachten Thüröffnung befände, welche durch die Steine verdeckt worden war. Zu gleicher Zeit bemerkte er, daß der Fußboden nicht eben fortlaufe, sondern in Stufen nach unten gehe. Er schritt dieselben hinab; es waren ihrer nur wenige und sie gingen in ein viereckiges Gemach, welches an den drei anderen Seiten von festen Mauern umschlossen wurde.
    Wo befand er sich? Bei der totalen Finsterniß, welche um ihn herrschte, war es ihm unmöglich, seinen gegenwärtigen Aufenthaltsort mit den Augen zu untersuchen; es herrschte in demselben eine gedrückte, feuchte, moderige Luft. Er klopfte leise, um sich für mögliche Fälle nicht zu verrathen, an die Wände und gewahrte an dem dabei vernommenen Tone, daß diejenige, welche dem Eingange gegenüberlag, an zwei Stellen dünner sei als die beiden anderen, und die weitere Untersuchung dieser Stellen überzeugte ihn, daß hier früher Oeffnungen für eine Thür und ein Fenster angebracht gewesen seien, die jetzt zugemauert waren. Demzufolge befand er sich wahrscheinlich in der Sakristei, dem Aufenthaltsorte des Predigers während derjenigen Zeit des Gottesdienstes, in welcher er dem Publikum, der Gemeinde unsichtbar blieb. Die neu eingesetzten Mauertheile waren nur dünn, und er verhielt sich von jetzt an vollständig ruhig, da jedes von ihm verursachte Geräusch von Personen, welche sich möglicherweise dahinter befinden konnten, leicht zu bemerken war.
    So verging eine geraume Zeit, und schon begann die Ungeduld über das Außenbleiben Jobsts sich einzustellen, als seine Aufmerksamkeit durch zwei Stimmen in Anspruch genommen wurde, die hinter der angegebenen Mauer hörbar wurden. Es war eine männliche und eine weibliche.
    »Ist es mein Sohn, den Ihr mir endlich gebracht habt?« frug die letztere.
    »Noch nicht. Du wirst ihn aber sehr bald sehen.«
    »Nicht, nicht, immer nicht und ewig nicht. Dreitausend Jahre schon warte ich hier auf das Wiedersehen meiner Kinder, die Ihr mir geraubt sammt ihrem Vater. Der schwarze Mann versprach mir

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