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Der beiden Quitzows letzte Fahrten

Der beiden Quitzows letzte Fahrten

Titel: Der beiden Quitzows letzte Fahrten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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gelegt.«
    »Das ist schlimm! Ich habe auch in Fesseln gelegen viele, viele Jahre. Kommt, laßt uns fliehen! Ich will zu meinen Kindern und zu ihm, zu ihm, o kommt, kommt!«
    Jetzt bog sie sich freiwillig nieder, um durch die Oeffnung zu schlüpfen, welche Karl ihr zeigte. Aber schon war es zu spät zur Flucht, wenigstens für ihn, denn schon wurde es in dem dunklen Raume hell. Der Pfiff des Erstochenen war gehört worden, und seine Leute eilten jetzt herbei, um nach der Bedeutung des Signales zu forschen. Sie erreichten den Ort grad’ in dem Augenblicke, an welchem die Frau verschwunden war, sahen den Leichnam in seinem Blute liegen und stürzten sich mit lautem Wuthgebrüll auf Uchtenhagen, welcher sie mit dem entblösten Schwerte empfing.
    Anfangs waren ihrer nur wenige, bald aber rief das Lärmen noch Andere herbei; der junge Mann wurde umzingelt und mußte erkennen, daß selbst die Kräfte eines Herkules nicht hinreichen würden, ihn von seinen Widersachern zu erlösen. Es gab für ihn nichts, als nur den Tod, und um sein Leben so theuer wie möglich zu erkaufen, focht er mit heldenmüthiger Tapferkeit, bis er von den Feinden so umdrängt ward, daß er für die Klinge nicht den nöthigen Spielraum mehr fand. Sie ergriffen ihn, warfen den aus mehreren Wunden Blutenden zu Boden und fesselten ihm unter den grausamsten Mißhandlungen Hände und Füße.
    »So,« rief Einer von ihnen, »den haben wir sicher! Nun laßt uns forschen, wie er in die Kirche gekommen ist!«
    Der Gefangene wurde nun mit Fragen bestürmt, denen durch Fußtritte und Faustschläge noch ein besonderer Nachdruck verliehen ward; er aber setzte ihnen ein unverbrüchliches Stillschweigen entgegen und ließ sich durch keine Drohung bewegen, auch nur ein Wort zu sprechen. Ergrimmt über diese Schweigsamkeit und den Tod ihres Anführers, rissen sie ihn empor und schleiften ihn von dannen.
    »Schafft ihn hinüber zu dem Ritter, den wir zum Tode verurtheilt haben,« befahl der vorige Sprecher, welcher an Stelle des Todten das Kommando zu übernehmen schien. »Auch der hat uns viel Blut gekostet, und Beide sollen zu gleicher Zeit ihren Lohn bekommen. Vorher aber werden wir schon noch erfahren, wie es diesem da gelungen ist, über die Mauern zu kommen, und was er hier gewollt hat. O, es giebt ganz herrliche Mittel bei uns, einen Stummen zum Sprechen zu bringen!« –
    In der Kirche wurde es leer und dunkel; die Davongehenden hatten nicht bemerkt, daß schon längst zwei scharfe Augen unter der Bank hervorgelauscht und ihr Thun beobachtet hatten. Jetzt streckte sich der Kopf vollends hervor; ihm folgte der übrige Körper, und bald stand Jobst Schwalbe in dem verlassenen Raume.
    »So ist es,« murmelte er, »wenn man der Jugend zu viel Vorsicht zutraut! Wie er nur die Oeffnung gefunden hat? Nun schaffen sie ihn jedenfalls zu seinem Bruder, und ich muß sehen, wie ich sie losbekomme. Es war ein gar guter junger Herr, und zugeschlagen hat er wie ein Alter; es wäre doch jammerschade um ihn, wenn er zu Grunde gehen müßte wie Alle, die in die Betlöcher kommen!«
    Er bog sich nieder und flüsterte zurück:
    »Verhaltet Euch ruhig, Frau Gräfin, bis ich wiederkehre! Ich werde Euch dann zu Euren Kindern führen!«
    »Sie hat mich immer gedauert,« fuhr er im Selbstgespräche fort, »und wenn ich auch nicht weiß, wer sie ist und wohin sie gehört, so werde ich sie doch mitnehmen, wenn mir der Streich gelingt. Wie das aber vorhin mit ihr und ihm zugegangen ist, das kann ich mir nicht erklären; aber ich denke, daß ich es wohl noch erfahren werde. So, jetzt werden sie drüben sein, und nun kann ich ihnen folgen.«
    Nachdem er sich durch aufmerksames Lauschen noch einmal überzeugt hatte, daß er völlig unbeobachtet sei, schlich er leise dem Ausgange zu.

Achtes Kapitel
Die Rose am Güntersberg
    Wer Stargard verläßt, um nach Reetz zu gelangen, der kommt, nachdem er Hansfelde, Suckow und Zachan passirt hat, nach dem Kirchdorfe Güntersberg, welches einst dem Simon von Güntersberg zu Eigen war, der sich durch seine vielen und hartnäckigen Fehden mit denen von Wedel bekannt gemacht hat.
    Die Familie von Wedel war eine weit verzweigte und berühmte Familie, deren Macht so bedeutend war, daß einmal siebzehn ihrer Glieder auf fünfzehn Jahre in den Dienst des deutschen Ordens traten und sich anheischig machten, hundert gewappnete Ritter und Knechte nebst hundert Schützen, bewaffnet mit Panzer, Eisenhut, Hundeskegeln und Armbrüsten zu stellen und diesen

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