Der beiden Quitzows letzte Fahrten
streitbaren Leuten noch vierhundert Pferde beizugeben.
»Als der deutsche Ritterorden am 15. Juli 1410 die große Schlacht bei Tannenberg verlor, betrachtete der König Wladislaus Jagello von Polen das Ländchen Schievelbein als ein erobertes Land und überließ es im August desselben Jahres dem Herzog Bogislav von Pommern, der es in Besitz nahm. Das aber hatte die Folge, daß die Wedel vertrieben wurden und sie das Land verließen, welches an Pommern gefallen war. Sie zogen sich auf ihre Besitzungen außerhalb der Grenzen Schievelbeins zurück und hausten besonders auf Falkenburg an der Drage, welche Stadt noch heut im Kreise Dramburg des preußischen Regierungsbezirkes Köslin liegt. Durch den Frieden von Thorn im Jahre 1411 erhielt der Orden jene Besitzungen wieder zurück. Allein nun waren die Wedel mit dem Orden gespannt und blieben außen. Der Waldmeister von Schievelbein gab sich viele Mühe, sie zur Rückkehr zu bewegen, sie aber verweigerten sie und versprachen sie nur unter der Bedingung, daß ein neuer Hochmeister gewählt werde, dem sie dann huldigen wollten, damit sie wüßten, an wen sie sich halten könnten. Aus der Aengstlichkeit, mit welcher der Waldmeister den Comthur und Statthalter zu Elbing bittet, doch ja, sobald ein neuer Hochmeister gewählt sein werde, an alle Wedel zu Falkenburg, Altwedel, Neuwedel etc. zu schreiben und sie herzlich zur Huldigung zu ermahnen, sieht man, wie viel dem Orden daran gelegen war, mit dieser Familie auf gutem Fuße zu leben. Unterdessen blieben die Wedel, wo sie waren, und es gelang nicht, sie gegen den Orden freundlicher zu stimmen. Nur Erasmus von Wedel, der die Hälfte der Stadt Reetz besaß und daselbst auch wohnte, betrachtete sich als Vasall des Ordens und wurde deshalb von seinen Vettern vielfach angefeindet. Die andere Hälfte der Stadt gehörte Janecke von Stegelitz.« So erzählt eine alte Chronik derjenigen Gegenden, in welche uns die Ereignisse unserer geschichtlichen Erzählung führen. – –
Es war an einem hellen, kalten Wintermorgen, als ein Reiter Altwedel verließ und auf der Straße nach Güntersberg lustig dahintrabte. Es war ein junger Mann, der nicht längst erst die Zwanzig zurückgelegt haben konnte; auf seinen Wangen glänzte die Röthe der Gesundheit, und über sein ganzes Wesen breitete sich jene anziehende Frische aus, welche die kräftigen Jahre der Jugend zu begleiten pflegt und für den Menschenkenner eines der nothwendigen Merkmale zur Beurtheilung des Characters bildet. Er war ohne alle Begleitung und sah auch nicht so aus, als ob er einer solchen bedürfe, um irgend ein galantes oder auch ernstes Abenteuer zu bestehen. Vielmehr blickten die hellen, offnen Augen wie suchend im Kreise umher, als wünsche er sich irgend eine Gelegenheit, seinen ritterlichen Muth die Probe bestehen zu lassen.
Da, wo die Straße zur linken Hand sich der Ihna zuneigt, liegen rechts einige kleine, langgestreckte Seen, welche zur schöneren Jahreszeit allerlei Federwild beherbergen und mit dichtem Schilfe bestanden sind. Umgrenzt sind oder waren sie vielmehr zur damaligen Zeit von gefährlichem Sumpf und Moorboden, welcher erst in einiger Entfernung von dem Wasser diejenigen Bestandtheile annahm, welche zur Ermöglichung eines dichten und kräftigen Baumwuchses nothwendig sind. In den hohen Schilf-und Riedgrasbeständen verbarg sich eine ansehnliche Bevölkerung von Hasen und anderem jagdbaren Gethier, und gar manch ein fetter, saftiger Braten ward von dem unfruchtbaren Boden geholt, welcher sonst des Nutzens wenig brachte. Weiterhin zog sich die Straße durch dunkle Kieferwaldung, die in ihrem eintönigen Character dem Wandrer die Einsamkeit der Gegend in höherem Grade empfinden ließ, und wer von dem Besitzer dieser Waldung, dem Ritter Simon von Güntersberg, gehört hatte, der betrat sie immer mit einem Gefühle von Unsicherheit, denn derselbe gehörte zwar nicht zu der edlen Gilde der Buschklepper und Wegelagerer, war aber sonst ein gar strenger und wilder Gesell, der durch die Rauhheit und Rücksichtslosigkeit seines Wesens sich verschrieen gemacht hatte. Er liebte es, die ihm auf seinem Gebiete Begegnenden scharf anzusprechen, um sich an ihrer Angst und Beklemmung zu weiden, und dabei mußte man den grimmen Herrn ruhig gewähren lassen, wenn man Schlimmeres vermeiden wollte. Er saß als ein strenger Fürst auf seinem Grund und Boden, erkannte kein anderes Gesetz als nur seinen Willen, und wer sich gegen denselben auflehnte oder auch nur einen
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