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Der beiden Quitzows letzte Fahrten

Der beiden Quitzows letzte Fahrten

Titel: Der beiden Quitzows letzte Fahrten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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unterworfen.
    Er schien durch das Nahen der Galeote in der Betrachtung dieser Gegenstände gestört worden zu sein und griff jetzt wieder zu einer kleinen, feinen Elfenbeinplatte, welche er vorhin in der Eile von sich gelegt hatte. Sie enthielt das Bildniß eines in der Blüthe der Jugend und Schönheit stehenden Mädchens.
    »Walda!« klang es leise von seinen Lippen, während aus seinem Auge ein helles, sonniges Licht leuchtete. »Dich habe ich geliebt wie noch selten ein Mannesherz liebte, ich und der Bruder. Auch seine Liebe kam aus dem tiefsten, heiligsten Leben. Wo er nur weilen mag? Ich habe ihn gekränkt bis auf das Blut und seine Bitten um Versöhnung von mir gewiesen – umsonst, umsonst, denn Keiner von uns Beiden hat die Hoffnungen, die er hegte, in Erfüllung gehen sehen. Unser beider Glück ist an dieser Liebe zu Grunde gegangen und begraben worden, das meinige in den Fluthen des Oceans, das seinige in der weiten, wilden Fremde, in die ich ihn hinausgestoßen habe. O, wie hasse ich seit jener Zeit diesen kalten, steifen Engländer! Er kam, sah die Holde, Reine, Herrliche und nahm sie uns weg. Er betrog uns um Alles, was wir hatten und besaßen, verleumdete uns bei dem Fürsten und freute sich, als wir fortgehen mußten aus dem Hause unserer Väter, welches unsere Jugend geschützt hatte und sich über unser Alter wölben sollte. Ja, ich hasse sie, hasse sie mit jeder Faser meines Herzens, in jeder Sekunde meines Lebens, mit jedem Tropfen meines Blutes, mit jedem Hauche meines Athems, mit jedem meiner finsteren Gedanken! Rolf Vendaskiold ist der Einzige unter den Brüdern, welcher nicht mordet, welcher Gnade nach dem Kampfe walten läßt, aber wehe dem Fahrzeuge, welches ihm unter der verhaßten Flagge des Insellandes begegnet; sein Hafen ist der Grund des Meeres und seine Mannen sind verloren, sind Kinder des Todes vom Ersten bis zum Letzten!«
    Er warf sich in das Kissen zurück, welches ihm als Sitz diente, und starrte finster vor sich hin, den Gedanken Raum gebend, welche in seinem Inneren auf-und niederstiegen. Es war keine gute Stunde für den, welcher jetzt in seine Nähe treten mußte, und doch tönten nahende Schritte die kurze Treppe herab und die Thüre wurde geöffnet. Es war der Schiffer, welcher eintrat.
    Aus seinem Sinnen emporfahrend, sah der Capitän ihn fragend an.
    »Verzeiht, Herr, wenn ich Euch störe! Clas hat von Neuwerk einen Mann mitgebracht, welcher Euch zu sprechen wünscht!«
    »Wer ist es?«
    »Es ist ein Geistlicher.«
    »Hängt ihn an die Raae! Das fromme Gesindel ist noch keinem Menschen von Nutzen gewesen!«
    »Er behauptet, eine wichtige Botschaft für Euch zu haben.«
    »Hängt ihn, sage ich! Dann mag er seine Botschaft bringen, wem er will.«
    »Er hat das Zeichen!«
    »Das Zeichen? Wer wagt es, mein Zeichen einem Pfaffen anzuvertrauen!«
    »Er kommt aus Hamburg.«
    »Aus Hamburg? Dann muß die Botschaft wichtig sein. Der Senator ist treu und vorsichtig; er geizt mit unserem Zeichen. Schickt den Mann herab!«
    Der Schiffer entfernte sich und nach kurzer Zeit trat Pater Eusebius in die Cajüte. Er kannte den Ruf des Mannes, vor welchem er stand und hatte sich auf einen liebenswürdigen Empfang auch gar nicht vorbereitet, aber als er dieses große, volle, packende Auge durchbohrend auf sich gerichtet sah, da wollte es ihn kalt überlaufen und die vorher wohlüberlegte Redensart blieb ihm im Munde stecken.
    »Nun?« fragte Rolf kurz und streng, indem er mit dem Messer spielte, welches an seinem Gürtel hing.
    »Erlaubt, gestrenger Herr, daß ich, ein Diener der heiligen Religion, Euch Gnade wünsche von – – –«
    »Macht’s kurz, sonst lasse ich Euch aufknüpfen!« klang es in einem Tone, der den Pater erbeben machte. Hätte er nicht schon hart an der Thüre gestanden, so wäre er vor Schreck zurückgefahren; er wußte vor Angst kein Wort mehr von dem, was er hatte sagen wollen, und langte schweigend unter die Kutte, aus welcher er ein mit Wachs verschlossenes Schreiben hervorzog. Der Capitän griff nach demselben, öffnete es und las es aufmerksam durch; dann faltete er es wieder zusammen und legte es auf ein Becken mit glühenden Holzkohlen, welches zur Erwärmung des Raumes diente. In wenigen Augenblicken war es verbrannt.
    Bis dahin hatte das Auge Vendaskiold’s in die Flamme gestarrt; jetzt richtete es sich mit einem höchst zweifelhaften Ausdrucke wieder auf den Boten.
    »Euer Name?«
    »Eusebius.«
    »Von wannen seid Ihr?«
    »Erlaubt, daß ich über diese

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