Der Benedict Clan - Zwischen Hoffen und Bangen
der man allen Befürchtungen entgegenwirken wollte, die bescheideneren Hochzeiten, die in Turn-Coupe gefeiert worden waren, in den Schatten stellen zu wollen. Eine Rechnung, die auch aufging, zumindest bei den Gästen, die nicht wussten, was eine derartige Schlichtheit kostete. Janna hörte, wie eine Frau zu einer anderen sagte, sie sei nur gekommen, weil sie erfahren habe, dass Roan eine Prinzessin heiratete. „Also, wenn das alles sein soll, bin ich ehrlich gesagt nicht sonderlich beeindruckt. Wo doch sogar Mary Lou Singer acht Brautjungfern, drei Blumenmädchen und mehr Blumenschmuck hatte als der Bürgermeister bei seiner Beerdigung. Ganz zu schweigen davon, dass sie für die ganze Hochzeitsgesellschaft auch noch weiße Limousinen bestellt hatten. Und diese Victoria Molina-Vandergraff hat nur zwei Ehrenjungfrauen, die Kirche ist bloß mit ein paar Farnen und Lilien geschmückt, und sie und der Sheriff fahren in diesem alten Super Bird weg, den der Sheriff schon seit einer halben Ewigkeit hat.“
Jedes Wort, das die Frau sagte, stimmte zweifellos. Aber in Jannas Augen war die kleine viktorianische Kapelle neben dem See perfekt. Die Braut sah wunderschön aus in ihrem cremefarbenen Seidenkleid und den barocken Perlen, neben sich ihren stattlichen Bräutigam im Smoking und seinen halbwüchsigen Sohn, der als Trauzeuge fungierte. Die beiden Ehrenjungfrauen April und Regina wirkten in ihren blassgrünen Organzakleidern kühl und würdevoll. Die Hochzeitsgemeinde, die sich aus so vielen weitläufigen Verwandten zusammensetzte, dass Janna sich ihre Namen wahrscheinlich nie im Leben merken würde, war von der Trauung sehr angetan. Die Musik war erhebend, die Schwüre bewegend und die Predigt erfreulich kurz. Dass Janna die meiste Zeit damit verbrachte, Clay anzuschauen, der als Trauzeuge neben dem Altar stand, registrierte wahrscheinlich niemand.
Sie musste sich die einzelnen Schritte der Zeremonie nicht mehr einprägen. Sie und Clay waren vor mehr als vier Wochen in einer schlichten Feier auf Grand Point getraut worden. Denn Clay hatte nach seinen eigenen Worten kein Risiko eingehen wollen, dass am Ende doch noch ein Ausrutscher passierte, der es verhinderte, dass sie dem Benedict-Clan in aller Form angehörte. Janna hatte versucht, es ihm auszureden, vor allem, weil sie den Gedanken, dass ihm irgendetwas passieren könnte, weit von sich wies, aber er hatte darauf bestanden. Und schließlich hatte sie aufgegeben, weil es ihr zu anstrengend gewesen war, gegen ihn anzureden, und viel mehr noch gegen ihr eigenes Herz.
Tatsächlich hatte sie es nicht sonderlich bedauert, um eine förmliche Hochzeit mit all ihren hektischen Vorbereitungen herumgekommen zu sein. Dass Clay und sie sich in aller Stille nur im Kreis der engsten Familie ihr Jawort gegeben hatten, hatte sie tief berührt und war alles gewesen, was sie gewollt hatte.
Trotzdem verspürte sie einen leisen Stich von Neid, aber der betraf nur die Hochzeitsreise. Roan und Tory fuhren für zwei Wochen in die kühlen Berge nach Jackson Hole, wo sie ganz für sich allein sein würden. Janna und Clay hingegen hatten ihr neues Eheglück nur zwei knappe Tage auskosten können. Am Montag nach der Hochzeit, die am Samstag stattgefunden hatte, waren ihr frisch gebackener Ehemann und ihre Brautjungfer in einer Klinik in New Orleans stationär aufgenommen worden.
Es war vorüber. Die Transplantation war ohne Zwischenfälle verlaufen, und anschließend hatten sich die beiden erstaunlich rasch erholt. Jeder, der das Krankenzimmer betrat, das sich Clay und Lainey teilten, war überrascht gewesen, wie rasch ihre Genesung vonstatten ging. Man nahm allgemein an, dass dies eine Veranlagung war, die der Vater der Tochter vererbt hatte, und niemand widersprach – und schon gar nicht Lainey, die jedes Mal strahlte, wenn die Sprache darauf kam.
Bei ihrer Tochter war das Geheimnis der schnellen Genesung deren reinste Glückseligkeit, nahm Janna an. Das und möglicherweise ein erst kürzlich entwickelter Benedictscher Konkurrenzgeist.
Clay und Lainey waren miteinander in Wettstreit getreten, wer sich schneller aufsetzen konnte, wessen Nieren zuerst Flüssigkeit produzierten, wer schneller seine diversen Schläuche und Katheter loswurde oder wer als Erster nach Hause durfte. Außerdem hatten sie einen Riesenspaß daran, stolz ihre Narben vorzuzeigen, und unterhielten das ganze Krankenhaus mit dem Anblick, ganz zu schweigen von jedem Besucher, der seit ihrer Rückkehr die Schwelle von
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