Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Berg des Lichts

Der Berg des Lichts

Titel: Der Berg des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
Vom Netzwerk:
aus, und sie hörten aus dem Innern des Berges wieder ein stöhnendes, langgezogenes Gurgeln.
    Dachte Quaron wirklich darüber nach, ob er seinen blinden, sinnlosen Haß unterdrücken sollte?
    Ein furchtbarer Stoß traf Luxon und alle andere, schleuderte sie zu Boden, und dann schien sich die dämonische Tiefe der Welt zu öffnen. Die Entsetzensschreie von Yzinda und Dani gingen in einem niemals gehörten Lärm unter. Die Stufen barsten, Steine und Geröll setzten sich in Bewegung, scharrend klirrten die Waffen auf den Stein.

3.
    Das steinerne Gefüge des Berges wurde erschüttert.
    Unsichtbare Kräfte tobten. Der scheinbar feste Boden unter den Füßen aller Menschen im Bereich des Berges erzitterte. Es war unmöglich, stehenzubleiben. Die Menschen und Tiere wurden von den Füßen gerissen, rollten Teile der Hänge hinunter und wurden von stürzenden Steinen getroffen und überrollt. Jedermann, der nicht vor Angst halb besinnungslos war, dachte an die Sagen und Legenden, die eine Zeit vor acht Menschenaltern wiedererstehen ließen.
    Aus Erdspalten und Klüften erscholl ein grauenhaftes Donnern. Die Stimmen aller Menschen und des Getiers vereinigten sich zu einem Schrei namenlosen Entsetzens, der in dem ungeheuren Lärmen unterging.
    Die lichtdurchflutete Wolke um den riesigen Kraterrand zuckte und verfinsterte sich, das Leuchten änderte blitzschnell seine Farbe und überschüttete das weite Land der Hangabschnitte und des Fußes bis hinunter in die Kanäle mit ständig wechselndem Licht. Niemand nahm es wirklich wahr, nur die Männer draußen auf den Schiffen.
    Die Kronen und Stämme der Bäume wurden von einem unhörbaren Sturm gepeitscht. Die Wälder schwankten hin und her wie Kornfelder oder die Schilfzonen am Rand der Binnenseen.
    Namenloses Entsetzen packte alle.
    Von den Wällen, Kanzeln und Vorsprüngen aus Gestein, das wie Glas aus dunklen, feurigen Farben aussah, rissen sich große und scharfkantige Teile ab, überschlugen sich, klirrten förmlich und zersprangen in tausend Trümmer, die, scharf wie Dolchschneiden, Pflanzen zerschnitten und Tiere und Menschen verletzten.
    Jeder Handbreit Boden hatte, so schien es, seine eigene, wilde und unberechenbare Bewegung. Während rotes, gelbes, blaues und andersfarbiges Licht über Hänge und Flanken zuckte, während die Menschen versuchten, sich an einem Stein, einer Wurzel oder in einem Spalt mit Händen und Zehen festzukrallen, wurden ihre Körper hochgerissen, hin und her geschleudert, ihres Haltes beraubt und wieder schwer in den Untergrund gestaucht. Löcher taten sich auf, in deren Schlünde Sand, Geröll und Trümmer rutschten, gefolgt von losgerissenen Gewächsen. Für jeden, der sich in tiefster Panik irgendwo festhielt, dauerte dieses Beben unterschiedlich lange. Für einige war es binnen langer Augenblicken zu Ende, andere meinten, es wäre eine Ewigkeit gewesen.
    Ein eiskalter Wind fuhr vom Gipfel des Berges des Lichts herunter.
    Die Geräusche, die von überall und nirgendwo kamen, breiteten sich aus und erstarben langsam.
    Irgendwo bildeten sich Risse in den Gebäuden. Die bisherige Ordnung geriet ins Wanken. Nichts galt mehr.
    Luxon hörte, abgerissen und undeutlich durch den berstenden, krachenden und donnernden Lärm eine Stimme. Sie schrie haltlos und schrill:
    »Die Ungläubigen… Barbaren… haben den Berg des Lichts entweiht!«
    Er kam auf die Knie und sah, daß die Krieger des Quaron in einem Wirren Haufen am Fuß der Treppe lagen, und daß es Zarn und Hasank gelungen war, die Schwerter von einigen zu packen und durch den aufwallenden Staub wegzuschleudern.
    Das Beben hörte auf.
    Aiquos riß sich los, scheuchte mit ein paar harten Worten Zked und Uzo hoch und befahl ihnen, Luxon und Eird anzugreifen. Aber das Dreigespann der Duinen schien seit dem Augenblick, da Aiquos sie mit wütenden Schlägen voneinander getrennt hatte, alle seine Fähigkeiten verloren zu haben.
    Was sich hinter dem Schutz der wieder gelblich glühenden Wolke abspielte, wußte keiner der Eindringlinge.
    Quaron hatte sich aufgerafft, wandte sich um und stürmte mit bemerkenswerter Schnelligkeit die Treppe aufwärts und verschwand im Dunst aus dem Kegel des Feuerbergs.
    Luxon hatte seine Stimme erkannt.
    Er, der Barbar aus den Ostländern, hatte also den Berg in seiner Bedeutung entwürdigt. Nun gut. Quaron würde es jenseits des schützenden Nebels an der Spitze des Berges immer wieder verkünden, und viele würden ihm glauben. Andererseits gab es auch dort, am Ende der

Weitere Kostenlose Bücher