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Der Bernstein-Mensch

Der Bernstein-Mensch

Titel: Der Bernstein-Mensch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford & Gordon Eklund
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Konzeptionen. Die Wale waren höher entwickelt. Ihre Sprache bestand aus reinen Tönen. Lieder ohne Worte, Symphonien aus Geräuschen, pure Kommunikation. Wie dachten sie? Ähnlich? Wir werden es nie erfahren.
    Fasziniert von meiner farbigen Abschweifung will Mara nun mehr über die Lieder der Wale wissen.
    COREY (grinsend): Die Form war primär ein Vehikel zum Erzählen von Geschichten, eine wortlose Oper. Allerdings keine schlichten Volkserzählungen. Soweit wir es feststellen konnten, dauerten einige ihrer Lieder wochenlang, und die Plots glichen in ihrer Kompliziertheit denen von Dickens, die ineinander verwobenen Erzählebenen erinnerten an Joyce und Mann und ihre Poesie an Homer. Und das sind Lieder.
    MARA: Ich würde gern ein paar hören.
    COREY: Das kann ich arrangieren.
    Ich eile zur Tür. Etwas wallt in mir auf, ich fliehe vor ihren erregten Gedanken wie ein dunkler Ritter des Mittelalters, verfolgt von einem feuerspeienden, gierigen Drachen. Das pulsierende gelbe Fett in meinem Innern windet sich krampfhaft, wieder und wieder.
    Bradleys Anordnungen stellten es ihr frei, sich nach Belieben im Wohnbereich zu bewegen. Dennoch ging Mara nur unter größter Vorsicht durch die langen Korridore. Der Horizont lag so nah, daß man manchmal glaubte, ihn berühren zu können, und so war das Risiko, versehentlich jemandem über den Weg zu laufen, sehr groß. Zweimal sprang sie während ihrer Wallfahrt in eine schützende Türnische, damit man sie nicht entdeckte. Einmal hastete Bradley selbst vorbei. Tom Rawlins hüpfte wütend hinter ihm her, und seine Hände zuckten wie Messer. „Dieses dumme Biest!“ rief er. Wen er wohl meint? dachte Mara.
    Kurt Tsubata wirkte eher überrascht als ungehalten über ihren Besuch. Die dunklen Linien in seinem Gesicht wirkten tiefer, als sie ihn durch den Türspalt ansah.
    „Um Gottes willen, lassen Sie mich rein.“
    „Ich dachte, Sie ständen unter Arrest?“
    „Ich muß im Quartier bleiben, das ist alles.“
    „Ich habe Corey gesehen.“
    „Kurt, lassen Sie mich rein. Bitte. Sofort.“
    „Oh, natürlich. Entschuldigung.“ Er winkte sie zu dem einzelnen weichen Kissen, das die harte, eckige Leere des großen Zimmers durchbrach. Verstreut lugten ein paar Bücher – technische Journale – aus den Nischen in der Wand. Das Licht der Deckenlampe war grell und brutal. Tsubata sah aus wie ein Gespenst. Mara ließ sich auf das Kissen fallen.
    „Sie müssen mir einen Gefallen tun.“
    Er wirkte amüsiert. „Ich?“
    „Ja.“
    „Was wollen Sie? Bradleys Kopf?“
    „Diesmal nicht. Sie müssen mich mit hinausnehmen.“
    „Aber ich dachte …“
    „Ist auch richtig. Sie dürfen es nicht.“ Sie hätte lügen und ihm eine gute Geschichte auftischen können, aber dazu war sie zu müde. Zwanzig Stunden ununterbrochenen Studierens hatten ihre Energie ausgelaugt – zwanzig Stunden, in denen sie ununterbrochen auf das Puzzle gestarrt hatte. „Ich will den Jupiter sehen.“
    Er kuschelte sich dicht neben ihr auf das Kissen – zwei schiffbrüchige Seeleute in einem zerbrechlichen Rettungsboot; der Boden glitt unter ihnen weg wie die endlose See. „Ich kann Sie zu den Videoschirmen bringen.“
    „Das genügt nicht.“ Sie rückte näher an ihn heran und neigte den Kopf, um sein Gesicht zu sehen. „Ich versuche das Puzzle zu lösen. Lachen Sie, wenn Sie wollen.“
    „Ich lache nicht. Wie sollte ich? Das Puzzle ist mir zu hoch.“
    Bescheidenheit. „Mir auch. Bis jetzt. Um es zu lösen, will ich herausfinden, wie diese Wesen denken. Das kann ich nicht, wenn ich in mein Zimmer eingesperrt bin.“
    Nachdenklich rückte er von ihr weg und glitt dabei fast vom Kissen. „Sie verlangen sehr viel von mir.“ Was er wohl tat, so allein in diesem Zimmer? Keine Musik, keine Bücher, gewiß auch kein Schachspiel. Sehr gesellig war er auch nicht. „Bradley könnte mich degradieren. Dann würde ich den Rest meiner Dienstzeit damit verbringen, Fußböden zu schrubben und Toiletten zu reinigen.“
    „Es geht nicht um Bradley. Es sind die anderen. Sie sind es, die Angst vor mir haben. Vor Corey. Deswegen will ich das Puzzle lösen.“
    „Damit sie keine Angst mehr vor Ihnen haben? Damit sie Sie mögen?“
    Wenn er es so haben wollte … „Ja.“
    Tsubata war kein Narr. „Vielleicht klappt es nicht. Es gibt Gerüchte, Geschichten, die von der Brücke durchsickern. Ihre Leute auf der Erde – sie tun da irgend etwas. Sie machen Schwierigkeiten.“
    „Diese Schwierigkeiten waren nicht unsere

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