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Der Bernstein-Mensch

Der Bernstein-Mensch

Titel: Der Bernstein-Mensch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford & Gordon Eklund
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mehr als nur das Schachspielen, um mich zu beschäftigen. Ich dachte, ich löse ihr Puzzle.“ Das Papier zeigte das Raster. „Das dürfte etwas beweisen.“
    Corey rollte rumpelnd zum Schachtisch zurück. Eine neue Musik ertönte, Verklärte Nacht, ein alter Schlager. Corey behauptete, er habe nie gelernt, Musik zu dechiffrieren. Für ihn waren es beliebige Tonfolgen.
    „Aber was kann es beweisen?“ sagte Corey. „Daß du intelligent bist, geben sie zu.“
    „Aber nicht, daß wir Macht haben.“ Mara zog ihren Königsspringer. „Ich löse das Puzzle und weigere mich, die Lösung zu verraten.“
    „Sie werden dich zwingen.“
    „Folter? Mit Splittern unter den Fingernägeln und einer heißen Eisenstange im Arsch? Dafür bin ich zu stur. Sie geben mir meine Freiheit – eine Garantie –, und ich sag’s ihnen.“
    „Aber was soll sie daran hindern, ihre Zusage später zurückzunehmen?“
    „Bradley. Er ist ehrlich.“
    „Dann setzen sie ihn ab.“
    „Ich …“ Corey verunsicherte sie. Sie seufzte, wohl wissend, daß er recht hatte.
    „Aber du hast das Puzzle noch nicht gelöst, oder?“
    „Nein, aber …“ – ihre Stimme festigte sich – „… das werde ich noch. Du solltest das wissen. Du hast Delphine und Wale studiert. Sie waren ausgerottet, bevor wir wußten, wie intelligent sie wirklich waren.“
    „Du solltest auf deine Pronomina achtgeben.“ Das Spiel ging weiter; Corey zog seinen König in trauriger Verzweiflung.
    „Was?“
    „Wenn du dich auf die menschliche Rasse beziehst, sagst du manchmal ‚sie’ und manchmal ‚wir’.“
    „In Gedanken sehe ich dich auch oft als ‚er’ oder ‚sie’ und nicht als ‚es’.“
    „Aber du kennst die Wahrheit.“
    „Wirklich? Außerdem wurde das Rätsel der Delphine und Wale von einem Nippie gelöst. Seit ich hier bin, habe ich es nicht wirklich versucht. Ich habe herumgealbert und gespielt, ein Hedoniker des Weltraums. Wenn ich meine ganze Energie daransetze, kann ich es knacken. Ich habe jetzt schon das Ge fühl, daß ich näher daran bin als Vance und einige andere.“ Ihre Dame schoß vor. Sie spielte Schwarz. „Schach.“
    „Und wie?“
    „Indem ich mich in ihre Gedanken versetze, in ihre Haut schlüpfe. Die der Aliens meine ich. Wenn ich erst weiß, wie sie denken, werde ich auch wissen, was sie gesendet haben. Und Jupiter würde mir helfen, indem er mir seine Geheimnisse verriete. Ohne diese Hilfe wird es schwierig werden.“
    „Vielleicht gibt es keine. Schachmatt.“
    „Noch eine Partie?“
    „Wenn du es wünschst.“
    „Nein.“ Sie faltete ihre Hände auf dem Brett. „Ich möchte, daß du mir ein paar Dinge über die Delphine erzählst.“
    „Was zum Beispiel?“
    „Was wir vorhin besprochen haben.“ Sie griff nach einer Zigarre. Zum ersten Mal rauchte sie zum Vergnügen und nicht, weil diese Gewohnheit die anderen ärgerte. „Erzähl mir, wie sie denken.“
    „Vielleicht verstehst du es nicht.“
    „Versuch’s.“
     
    Ihre Fragen stechen wie wimmelnde Wespen, sie bohren sich in meine Erinnerung und saugen mein Wissen aus. Ich fürchte die Tiefe ihrer Wahrnehmungskraft. Mara ist mehr ab sie, sie ist größer. Sie kann sehen.
    COREY: Sie denken in Kurven, in hohen, gewölbten Bögen. Menschen, und auch wir, sind an gerade, flache Linien gebunden. Viele sagen, dies sei das Ergebnis der linearen Natur unserer Sprachformen, aber für mich liegt die Ursache in der Gestalt unserer Welt. Wir existieren ausschließlich auf der Oberfläche. Subjektiv gesehen ist die Erde ein zweidimensionaler Ort. Im Meer aber gibt es drei Dimensionen. Das Denken richtet sich nach der Umgebung. Ein intelligenter Mikroorganismus wird nie den Mond kennen.
    Mara verlangt Kenntnis über den Inhalt. Was denken sie? Ich gehe mit äußerster Behutsamkeit vor und wähle meine Pronomina mit maliziöser Sorgfalt.
    COREY: Sie denken weitgehend in Begriffen ihrer selbst. Ein gefühlsmäßiges, introvertiertes Denken. Infolge unserer Fähigkeit, Werkzeuge herzustellen und zu benutzen, widmet sich ein großer Teil unseres Denkens solchen äußerlichen Objekten. Unsere Artefakte beherrschen uns. Sie ziehen uns nach außen, wie eine Spritze ein Serum aufzieht. Im Delphinvokabular gibt es mehr als hundert verschiedene Wörter, die sich mit unterschiedlichen Aspekten des geistigen Gefühls befassen, welches durch das Springen aus dem Wasser und das kurze Schweben in der Luft hervorgerufen wird. Es gibt kein Wort für Arbeit, Rätsel, Ding, für extrovertierte

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