Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Bernstein-Mensch

Der Bernstein-Mensch

Titel: Der Bernstein-Mensch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford & Gordon Eklund
Vom Netzwerk:
kam, desto mehr Zeit verbrachte sie damit, auf ihrem Notizblock herumzukritzeln und das Hauptdisplay zu beobachten. Der Raum summte vor Aktivität wie ein Bienenstock. Bradley mußte sich ausruhen. Die Gravitation war hier stärker, und nach einer Weile erwachte in seinen Gelenken ein altvertrauter Schmerz, der ihn mehr als alles andere daran erinnerte, daß eine Rückkehr zur Erde schmerzhaft, vielleicht unmöglich sein würde. Auf der Erde gab es einige, die älter waren als er, aber die schwammen jetzt in Immersionstanks, im Auftrieb ihres Reichtums, der sie lebendig erhielt. Vielleicht würde er auf dem Mond noch ein halbwegs anständiges Leben führen können, und die Regierung würde sicher für ihn tun, was in ihren Kräften stand – noch immer, das wußte er, wurde er dort unten verehrt –, aber das wäre nur ein matter Abklatsch von dem, was er hier schon hatte. Hier hatte er einen Platz, hier gab es immer noch die Hoffnung, daß er noch eine Rolle spielen konnte.
    Das war nämlich die entscheidende Frage, dachte er. Tiere lebten zehnmal so lange wie sie brauchten, um erwachsen zu werden. Jetzt, da die Menschen dies auch erreicht hatten, mußte die Gesellschaft neugestaltet werden. Er war nur der erste einer ständig wachsenden Schar von unglaublich alten Menschen. So würde der Geist des hohen Alters am Ende vielleicht die ganze Menschheit beherrschen.
    Ein Adjutant berührte seinen Ellbogen. „Da ist eine Vorrangmeldung auf dem Code-Relais von der Erde, Sir.“
    „Geben Sie mir eine Zusammenfassung.“
    „Es ist vertraulich zu behandeln, Sir.“ Der Mann war ordentlich und korrekt und absolut nicht bereit, ein Risiko einzugehen.
    Bradley warf einen Blick auf die langgestreckte Bahn der Aurora. „Ich komme in ein paar Minuten.“
    Mara schlenderte wie zufällig vorbei. „Gibt’s was Neues?“
    Ihr Gesicht war völlig ausdruckslos, und Bradley wußte im selben Moment, daß etwas nicht stimmte.
    „Nein“, sagte er und ging.
     
    Rawlins erwartete ihn schon, als er sein Büro betrat. Mit einer Handbewegung gebot er dem Mann zu schweigen und setzte sich, um die entschlüsselte Nachricht zu lesen. Sie war knapp formuliert.
    Erschießungsmannschaften hatten den größten Teil der Manips überrumpeln können. Ein spezieller Notfallausschuß war in Aktion getreten. Sie hatten das Risiko erwogen und gefunden, daß es tragbar sei.
    Die Überfälle waren fast ausnahmslos erfolgreich, und auch die Manips, denen die Flucht gelang, zündeten ihre Nuklearwaffen nicht. Einige von ihnen waren noch auf der Flucht. Andere hatten sich in ihren Gewölben verrammelt und warteten den Gang der Ereignisse ab. Keine einzige Stadt war verdampft worden.
    Diesen Punkt behandelte das Kommunique ausgiebiger. Die Drohung der Manips wurde als rückgratlose Provokation bezeichnet. Bradley mußte darüber lächeln. Er erinnerte sich noch gut daran, wie der gesamte Rat vor wenigen Tagen noch gezittert und gebebt hatte.
    Aber das war nicht alles. Der Anhang zu der Nachrichtenmeldung enthielt Befehle, formuliert in jener starren, bürokratischen Prosa, die er nie ganz verstanden hatte. Sie verlangten, daß Bradley dasselbe tat – daß er die Manips unter seinem Kommando tötete, so schnell wie möglich. Ohne Vorwarnung. Berichterstattung, sobald der Befehl ausgeführt sei.
    „Ich habe ein paar Männer, die das besorgen können“, sagte Rawlins eindringlich.
    „Oh?“
    „Ich werde sie rufen.“
    Rawlins Stimme klang wachsam und zögernd. Er ballte die Fäuste, und Bradley sah, wie die Muskeln an seinen Unterarmen sich leicht hervorwölbten.
    Bradley lehnte sich zurück; er genoß das Gefühl der geringen Schwerkraft. Er faltete die Hände über seinem zerknautschten blauen Arbeitshemd und betrachtete Rawlins lange, öffentliche Autoritätsdemonstrationen waren nicht nach seinem Geschmack, und deshalb erteilte er keinen direkten Befehl. Sein Starren erwies sich als wirkungsvoll genug; Rawlins hielt ihm erst stand und wandte dann den Blick ab. Seine Finger trommelten nervös auf seinem Arm.
    „Wissen Sie was? Ich werde es nicht tun“, sagte Bradley schließlich. „Corey können wir sowieso nicht erreichen.“
    „Aber Mara. Das Stahlmonster sind wir Gott sei Dank los.“
    Bradley ließ Rawlins’ Satz für einen langen Augenblick in der Luft hängen.
    „Mara ist keine Gefahr.“
    „Was! Sie haben einen Befehl in der Hand, der …“
    „Ich entscheide, was meine Befehle sind.“
    „Sie sind ein begriffsstutziger Bastard!

Weitere Kostenlose Bücher