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Der Beschütze

Der Beschütze

Titel: Der Beschütze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Belinda Bauer
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sprangen ab; die Graue folgte ihr auf den Boden hinab, die Krallen fest in die Wolle ihrer alten Strickjacke gehakt. Sie funkelte Marvel wütend an und knurrte drohend, ehe sie davonschoss.
    Er rollte Joy Springer auf den Rücken und fuhr zurück, als er die blutigen Höhlen sah, wo ihre Augen gewesen waren.
    Unwillkürlich dachte er an Ang Nu. Er dachte an Cocktailzwiebelwitze. Er dachte an Danny Marsh.
    Danny Marsh war nicht der Mörder. Der Mörder war hier gewesen.
    Dieser Drecksack hatte Joy Springer direkt vor seiner Nase umgebracht!
    Plötzlich war nicht mehr genug Luft da. Er japste, brauchte sogar noch mehr als sonst gegen den Schock und fand so viel weniger, als er wollte, dass sich der Schock innerhalb einer heißen, blinden Sekunde in Panik verwandelte.
    Er musste hier raus!
    Marvel kam halb auf die Beine, taumelte, stieß sich den Kopf am Tisch, fiel auf die Knie, rollte, kroch, rang am Boden nach Atem. Seine Lunge drohte zu platzen, sein Kopf zu bersten, er fand den Weg zur Tür nicht und rollte sich schließlich zusammen und würgte Galle in seine Hände, die nach Cinzano schmeckte.
    Er musste hier raus. Er musste es Reynolds sagen. Er musste …
    Atmen. Er musste Luft holen.
    Doch er konnte nicht.
    Er konnte nicht…

    Und die Tür am anderen Ende der Küche wurde plötzlich aus den Angeln gesprengt und ließ einen Feuerball herein, der Joy Springer und das vollgehaarte Sofa wie Zunder in Flammen aufgehen ließ und dann quer durch den Raum auf Marvel zurollte.
     
    Mit dem Land Rover kam Jonas nicht weiter.
    Der Schneesturm nahm ihm die Sicht, aber er tat sein Möglichstes, trotzdem schnell voranzukommen, und gab zu viel Gas. Auf halbem Weg die Einfahrt zur Springer Farm hinauf kam der Land Rover jäh in einem Graben zum Stehen, den Jonas nicht einmal sehen konnte, als er ausgestiegen und nach vorn zum Kühler gegangen war.
    Er verschwendete keine Zeit damit, den Wagen auszugraben, sondern eilte einfach zu Fuß zur Farm hinauf, so wie er es als Junge immer getan hatte.
     
    Reynolds verabscheute Marvel.
    Und nie mehr als jetzt, als der Mann ihn mit dem Ellenbogen zur Seite gestoßen und sich in törichter, alkoholbefeuerter Kühnheit in die Flammen gestürzt hatte.
    Ein Teil von ihm war entsetzt, als sein Vorgesetzter durch die Tür verschwand. Der größere Teil war einfach nur stinkwütend, dass Marvel als Held betrachtet werden würde, wenn er wieder herauskam, und nicht als der egoistische, dämliche, versoffene Wichser, der er zweifelsohne war.
    Er brüllte ein paarmal nach Marvel und setzte eine besorgte Miene auf. Seine Kollegen standen mit offenem Mund da, wechselten Blicke und bekamen das mit der besorgten Miene sehr viel besser hin, während sie einander alle stumm dieselbe Frage stellten: Sollen wir auch da rein?
    Grey brüllte etwas Unverständliches und stürzte davon, in die Nacht hinein.
    Das Küchenfenster barst, als wäre drinnen eine Bombe explodiert. Helle neue Flammen leckten aus der Öffnung, als
das Feuer sich alle Mühe gab, der Enge des Hauses zu entkommen und den Hof und die Cottages dahinter zu erreichen.
    »Da geht mir keiner mehr rein!«, bellte Reynolds. »Ich will nicht, dass noch jemandem was passiert!«
    Er sah ihre Erleichterung und war seinerseits erleichtert, dass niemand darauf bestehen würde, gemeinsam irgendetwas Heroisches zu unternehmen.
    Dann rannte trotzdem jemand an ihm vorbei ins Haus.
    Es war Jonas Holly.
     
    Jonas war gerade rechtzeitig eingetroffen, um Reynolds brüllen zu hören, dass keiner mehr da reingehen sollte, und ihm war klar, dass sich mindestens eine Person in diesem Inferno befinden musste.
    Noch ehe er sich dazu entschlossen hatte, rannte er ins Haus.
    Die Hitze war wie ein Schlag ins Gesicht, und augenblicklich stieg Dampf von seinem nassen Haar und seinen feuchten Kleidern auf. Der Rauch lähmte ihn fast. Er blieb wie angewurzelt stehen, dann machte er blind ein paar Schritte, die Hände tastend vor sich ausgestreckt.
    Er stieß mit dem Oberschenkel gegen den Tisch und trat gleichzeitig auf etwas, das hart war und doch nachgab. Jonas tastete zu seinen Füßen herum und fand einen glitschigen Arm. Er packte ihn mit beiden Händen und tappte rückwärts zur Tür hinaus, schleifte den Körper hinter sich her.
    Die anderen drängten sich heran, halfen mit, ihn aus der Gefahrenzone zu ziehen.
    Es war Marvel.
    Nur die Hälfte des einen Ärmels und der obere Teil seines Mantels bedeckten ihn noch  – seine Unterwäsche bestand nur noch aus

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