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Der Beschütze

Der Beschütze

Titel: Der Beschütze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Belinda Bauer
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verkohlten Fetzen. Sein linkes Schienbein war ein wüstes rot-schwarzes Chaos, wie der vordere Rand eines Lavastroms; hier und da schaute das Muttergestein des Knochens
hervor. Der Rest dieses Beins war dunkelrot und roh, mit Blasen auf der Haut des Oberschenkels. Marvels dauerfeuchte Schuhe hatten seine Füße vor dem Schlimmsten bewahrt, doch das war nur ein schwacher Trost.
    Singh kniete sofort nieder, um nach Lebenszeichen zu suchen.
    »Atmet nicht«, verkündete er und begann zu reanimieren.
    Jonas hustete und spuckte, bevor er keuchte: »Ist da sonst noch jemand drin?«
    »Mrs. Springer, glauben wir«, sagte Rice.
    Jonas wandte sich wieder dem Haus zu, doch Reynolds und Pollard stellten sich ihm in den Weg.
    »Sie kann unmöglich noch am Leben sein«, sagte Reynolds. »Bleiben Sie hier.«
    »Aber vielleicht ja doch!«, rief Jonas. Wieder bekam er einen Hustenanfall und versuchte, sich an ihnen vorbeizudrängen.
    »Bleiben Sie hier«, wiederholte Reynolds. »Das ist ein Befehl.«
    Wütend starrte Jonas ihn an, und Reynolds hätte beinahe abwehrend die Hand gehoben.
    »Es ist Ihr Job, die Menschen zu beschützen!«
    »Aber keine toten Menschen«, gab Reynolds zurück, und obwohl das eine gute Antwort war, empfand er keine Freude dabei.
    »Wir haben ihn wieder«, verkündete Singh erleichtert.
    Alle drehten sich um und schauten auf Marvel hinab, der jetzt geräuschvoll und unregelmäßig atmete und mit Armen und Beinen zuckte, als wolle er Schnee-Engel machen.
    »Scheiße«, knurrte Grey. »Glaubt ihr, er hat einen Hirnschaden?«
    »Wo bleibt denn dieser Scheiß krankenwagen?«, rief Singh.
    »Rufen Sie die Leitstelle an und sagen Sie denen, wir brauchen einen Rettungshubschrauber«, befahl Reynolds. »Sagen Sie, ein Officer ist verletzt.«

    Pollard klappte sein Handy auf und irrte auf der Suche nach Empfang auf dem Hof herum. Jonas machte sich daran, Schnee auf Marvels verbrannte Beine zu häufen, und Singh und Rice taten es ihm rasch nach.
    »Das wird schon wieder«, sagte Reynolds mit mehr Zuversicht, als er empfand. Er beugte sich über Marvel. »Sir? John? Können Sie mich hören?«
    Marvels Augen flackerten und rollten nach oben weg, dann fanden sie Halt und richteten sich halbwegs fokussiert auf seine Sondereinheit und auf Jonas Holly, die auf ihn herabblickten.
    »Mord«, flüsterte er heiser.
    »Was, Sir?« Reynolds hielt sein Ohr dicht vor Marvels Mund.
    »Mord«, formte dieser abermals schwach mit den Lippen.
    Diesmal verstand Reynolds.
    »Er hat ›Mord‹ gesagt.«
    Die anderen sahen ihn verwirrt an.
    Reynolds zuckte die Achseln und begriff  – mit einem völlig unangemessenen Gefühl aufkeimender Glückseligkeit  –, dass er aufgrund des unerwarteten Ausfalls des Leitenden Ermittlungsbeamten jetzt das Sagen hatte. Das Feuer war offenkundig außer Kontrolle, auch wenn Grey mittlerweile mit einem zusammengerollten gelben Schlauch über der Schulter aufgetaucht war. Jetzt musste er aufhören, wie ein völlig verstörter Mann im Pyjama zu reagieren und anfangen, sich wie ein Ermittlungsleiter an einem Tatort zu verhalten. Ihm schwoll sichtlich die Brust, als er sich über Marvels ausgestreckter, halb von Schnee begrabener Gestalt aufrichtete.
    »Charlie, schließen Sie den Schlauch an, und dann tun Sie und Dave, was Sie können«, wies er Grey und Pollard an. Dann zeigte er auf Marvel. »Armand und Elizabeth, Sie helfen ihm. Dieses ganze Gebiet ist ein potenzieller Tatort. Ich und Jonas schauen uns mal um, für alle Fälle.« Jonas und ich!
Herrgott noch mal! Ein Mann verletzt ausgefallen, und schon bekam er keinen zivilisierten Satz mehr zustande.
    »Dann unternehmen wir also ihretwegen wohl nichts mehr, wie?«, fragte Jonas.
    »Nein«, antwortete Reynolds, freudig erregt von der grauenvollen Brutalität der Wahrheit. Er blickte Jonas unverwandt in die Augen, für den Fall, dass er Ärger mit ihm bekommen würde, doch der junge Polizist neigte lediglich den Kopf in einer Geste, die vielleicht Zustimmung war, vielleicht auch ein Achselzucken. So oder so, Reynolds wandte dem Tatort den Rücken und holte seine Taschenlampe und seine Ersatztaschenlampe für Jonas, dann ging er ihm voraus über den Hof.
     
    Sie ließen den orangeroten Feuerschein und die Hitze hinter sich, die den Hof in eine riesige Pfütze verwandelte, und traten in die Dunkelheit hinter dem Stall. Abseits der ganzen Aufregung war es erschreckend friedlich. Jonas fühlte sich ziemlich weit entfernt vom Grauen der Ereignisse. Das

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