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Der Beschütze

Der Beschütze

Titel: Der Beschütze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Belinda Bauer
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Jonas’ Widersprüche zu rechtfertigen, um ihre eigenen Schlussfolgerungen zu widerlegen. Doch ihr Körper setzte sich darüber hinweg und ließ sie vor lauter Adrenalin schlottern.
    Hollywood hatte Lucy seit Jahren auf dies hier vorbereitet. Sie hatte aus den Fehlern der hirnlosen Heldinnen gelernt und war entschlossen, es anders zu machen. Jetzt jedoch, da die Fantasievorstellung Wirklichkeit wurde, war ihr schlecht davon, und vor Verwirrung war sie innerlich ganz taub.
    Sie hörte, wie sich die Haustür öffnete.
    Jonas.
    Ihre Panik wurde nur von ihrer Unentschlossenheit aufgewogen. Sie musste sich vor ihm verstecken! Und doch erschien ihr das lächerlich. Sich vor Jonas verstecken? Sie würde sich doch vorkommen wie eine Vollidiotin.
    Er rief nicht von der Haustür aus nach ihr. Er rief immer von der Haustür aus nach ihr, damit sie wusste, dass er es war.
    Vielleicht war er es ja gar nicht.
    Der Gedanke trieb sie zum Handeln an.
    Die Hose noch immer in der Hand, ließ sie sich zu Boden gleiten und rollte unter das Bett.
    Sie hörte die Stufe in der Mitte der Treppe knarren und spürte, wie ihr die Angst das Rückgrat hinabrieselte. Jonas achtete immer darauf, diese Stufe auszulassen.
    Wer war das, der da die Treppe herauf auf sie zukam?
    Unter das Bett zu kriechen schien plötzlich das Klügste zu sein, was sie jemals getan hatte, auch wenn sie sich grauenhaft verwundbar vorkam. Wenn er sie sah, konnte sie sich nicht wehren. Er würde sich bücken, sie an den Knöcheln packen und sie hervorzerren wie ein Schwein im Schlachthaus.
    Der Mann kam den Flur herunter und trat ins Schlafzimmer.

    Lucy hielt den Atem an.
    Sie sah nur schwarze Hosen und Stiefel, an denen immer noch Schnee klebte. Jonas ging nie mit Stiefeln nach oben. Sie unten an der Treppe auszuziehen war etwas, das ihm zur zweiten Natur geworden war.
    Der Mann schritt quer durchs Zimmer, als gehöre es ihm. Kein Zögern, keine Zurückhaltung, keine Angst, dass er entdeckt werden könnte.
    Lucy hörte, wie eine Schublade aufgezogen und wieder zugeschoben wurde, und sah zu, wie die Stiefel hinausgingen.
    Nach ein paar Minuten hörte sie die Dusche angehen.
    Sie furchte die Stirn.
    Es musste Jonas sein!
    Vor Erleichterung fing sie an zu zittern.
    Und doch hielt irgendetwas sie davon ab, unter dem Bett hervorzukommen. Es war nicht die Tatsache, dass er sie geschlagen hatte. Irgendwie erschien ihr das jetzt völlig nebensächlich. Es war etwas anderes. Der fehlende Knopf, das wortlose Eintreten, die Stiefel im Obergeschoss, all das hatte jetzt mehr Bedeutung für sie. Irgendetwas  – vielleicht etwas, das sie aus Jahren voller Horrorfilme gelernt hatte  – veranlasste sie, dort auf dem staubigen Teppich zu liegen und sich vor dem Ehemann zu verstecken, den sie liebte, bis schließlich Erschöpfung und Angst, verbunden mit dem vertrauten, heimeligen Rauschen der Dusche, sie in unwahrscheinlichen Schlaf lullten.
     
    Marvel erwachte vom Getöse der Flammen.
    Es war nicht das Knistern eines Kaminfeuers, sondern das knackende Brüllen eines Hochofens, begleitet von etwas, das sich anhörte wie Schüsse aus Kleinkaliberwaffen.
    Er schaute auf die Uhr: zwei Uhr früh. Unbeholfen wälzte er sich aus dem Bett und torkelte geradewegs in den an der Wand befestigten Fernseher hinein, woraufhin er beinahe k.o. zu Boden gegangen wäre. Sein Magen protestierte gegen
diese plötzliche Aktivität, und er rülpste sich vornehmes Cinzano-Aroma in die Nase.
    Er kam wieder auf die Beine und riss den Vorhang zur Seite. Draußen sah er zwei oder drei Silhouetten, angestrahlt von dem brennenden Bauernhaus hinter ihnen. Eine Reihe Ziegel platzten in einer lauten Salve vom Dach weg und zischten wie Feuerwerkskörper im hohen Bogen in den weißgetupften Schneehimmel.
    Unbeholfen angelte er sich seine feuchten Schuhe vom Heizkörper, zog den Mantel über sein Unterhemd und rannte hinaus. Ein neuerliches Torkeln verriet, wie kurz es erst her war, dass er das Haus verlassen hatte, das jetzt ein flammendes Inferno war.
    Reynolds, Rice und Grey schütteten Wasser auf die Klinke der Haustür  – anscheinend ein Versuch, diese so weit abzukühlen, dass man die Tür öffnen konnte. So wie es aussah, benutzten sie dazu Blumentöpfe und schöpften Wasser aus einem alten Trog im Hof. Singh stolperte mit einer Leiter auf dem Hof herum, die viel zu kurz war, um etwas anderes damit anzustellen, als sie alle zu gefährden. Währenddessen brüllte Pollard wiederholt und völlig

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