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Der Besen im System

Titel: Der Besen im System Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Foster Wallace
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Frage ist nur, mit Verlaub, ziemlich blöd.
    JAY: Na, vielleicht ist die Frage gar nicht so blöd. Immerhin klagen Sie dauernd darüber, Sie fühlten sich zu allen möglichen Sachen gezwungen. Oder verwechsle ich Sie mit jemandem?
    LENORE: Nein, hören Sie, ich möchte nur mit einiger Berechtigung sagen, ich fühle mich beschissen, weil in letzter Zeit ziemlich merkwürdige Sachen passiert sind, okay? Seit einem Monat verhält sich Lenore extrem seltsam, richtig melodramatisch, und plötzlich verlässt sie den einzigen Ort, an dem sie als pflegebedürftiger Kaltblüter leben kann, und nicht nur das, sie nimmt auch alle möglichen Leute mit, obwohl sie schon zweiundneunzig ist, und hält es nicht einmal für nötig anzurufen, obwohl sie alle noch irgendwo in Cleveland sein müssen, siehe z. B. den Gehwagen von Mrs. Yingst, der plötzlich in meinem Zimmer stand und auf jeden Fall vor sechs Uhr dreißig dorthin gekommen sein muss, und ich glaube, mein Vater weiß über die ganze Sache Bescheid, siehe den Anruf von Karl Rummage an Mr. Bloemker und so weiter, lange bevor irgendjemand etwas gemerkt hat, und auch von ihm natürlich kein Wort, stattdessen fliegt er nach Korfu, und irgendjemand hat meinem Vogel Vlad dem Pfähler LSD gegeben, denn auf einmal kann er sprechen, was er vorher nicht gemacht hat, und passenderweise lauter unanständige Sachen, die uns noch die Wohnung kosten werden, wenn Mrs. Tissaw etwas davon mitkriegt, und mein Job läuft zurzeit auch total Scheiße wegen der ewigen Fehlverbindungen, das geht so weit, dass wir schon gar keine eigene Nummer mehr haben und dauernd Leute anrufen, die lauter bizarre Sachen wollen, und, klar, von Interactive Cable lässt sich sowieso kein Schwein blicken, stattdessen kriege ich Blumensträuße in die Zentrale geschickt und offenbar komisch gemeinte, fast leer gefressene Pralinenschachteln, wie sich herausstellt alle von Mr. Bombardini...
    JAY: Norman Bombardini?
    LENORE:  ... Ja, er ist unser Vermieter bei Frequent & Vigorous. Ein unglaublich fetter und aggressiver Typ, außerdem komplett meschugge. Er meint, er täte mir Gott weiß was für einen dicken ... großen Gefallen, wenn er in seinem voll verfetteten Universum ein kleines Eckchen für mich übrig lässt. Er behauptet, er hätte sich in mich verliebt.
    JAY: Verstehe. Und auf der anderen Seite ist Rick.
    LENORE: Rick ist Rick. Rick ist die Konstante in jeder Gleichung. Lassen Sie Rick aus dem Spiel.
    JAY: Sie sprechen in diesem Zusammenhang nicht gern über Rick.
    LENORE: In welchem Zusammenhang denn? Zusammenhang bedeutet, dass da etwas zusammenhängt. Nein, ich meinte nur, dass mein ohnehin vermurkstes Leben noch ein Stück weiter in Stücke gegangen ist.
    JAY: Das heißt, die Frau in Ihnen wünscht sich ein Leben, das eher »gut bestückt« ist?
    LENoRE: Ach, hören Sie auf mit diesem Scheiß.
    Schweigen seitens Dr. Jay. Schweigen seitens Lenore Beadsman .
    JAY: Trotzdem ganz interessant.
    LENORE: Was?
    JAY: Oder meinen Sie nicht? Eine ganz interessante Situation. Oder vielmehr Konstellation.
    LENORE: Was soll denn das schon wieder heißen?
    JAY: Für sich genommen noch nicht viel. Es heißt nur, dass, wenn sich jemand, um Ihre Ausdrucksweise zu gebrauchen, beschissen fühlt, und zwar beschissen, weil die Betreffende nicht mehr »Herr« ihres eigenen Lebens ist, angeblich, und wir auf der anderen Seite offen einräumen, dass wir nicht einmal mit Bestimmtheit sagen können, was genau wir damit meinen... nicht wahr? Oder nicht?
    LENORE: Gott, sind wir wieder beim Wir.
    JAY:... dass es unter diesem Umständen womöglich ganz erstrebenswert ist, lieber das willenlose Objekt in einer interessanten Konstellation zu sein als in einer langweiligen, ist es nicht so?
    LENORE: Interessant für wen?
    JAY: Sehen Sie, es lässt Sie nicht unberührt.
    LENORE: Es lässt mich überhaupt nicht unberührt.
    JAY: Also ich rieche hier einen Durchbruch, ich sage Ihnen das ganz offen. Der Geruch eines echten Durchbruchs liegt förmlich in der Luft.
    LENORE: Ich fürchte, es ist eher mein Achselschweiß. Ich muss dringend duschen.
    JAY: Jetzt verschanzen Sie sich bitte nicht hinter irgendwelchen Symptomen. Wenn ich sage, ich rieche einen Durchbruch, dann rieche ich einen Durchbruch.
    LENORE: Das sagen Sie immer. Fast jedes Mal, wenn ich hier bin, sagen Sie, Sie riechen einen Durchbruch. Manchmal denke ich, Sie ziehen sich schon am Morgen eine volle Ladung Durchbruch in die Nase. Was soll das überhaupt heißen,

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