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Der bessere Mensch

Der bessere Mensch

Titel: Der bessere Mensch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Haderer
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könnte ich den Fall abschließen … Ja, den Namen hab ich schon einmal gehört … Sechsundneunzig? Und der soll den Prozess überleben? … Nein, sicher bin ich dafür, dass so einer verurteilt wird, was glaubst du … Sicher kenne ich die Baumgartner Höhe, ist meine Laufstrecke … Ja, in der Ausstellung war ich vorigen Monat mit einer Schulklasse, habe ich dir eh erzählt … Natürlich … Kommst du am Wochenende? … Verstehe … Ja, stress dich nicht … Ich denke nicht, dass wir den in den nächsten Tagen schnappen … Wäre schön, ja … Ist gut … Jederzeit, und wenn du was brauchst … Mach ich … Du auch … Bis bald.“
    Er legte das Telefon weg, atmete tief durch und legte sich die linke Hand aufs Herz. Wie bei einem Teenager, lächelte er wehmütig. Und noch mindestens zwei Wochen … vielleicht konnte er ja eine falsche Spur nach Den Haag legen. Isabelle arbeitete dort gerade an der Anklage gegen einen neunzigjährigen Arzt, der vor ein paar Monaten von Argentinien ausgeliefert worden war. Während des Zweiten Weltkriegs hatte er in einer Klinik auf der Baumgartner Höhe unter dem Vorwand medizinischer Forschung Hunderte Kinder malträtiert, sie mit Pockenviren, Masern und anderen schweren Krankheiten infiziert und dann kontrolliert sterben lassen. Bitte führt die Guillotine wieder ein! Jetzt beherbergte das Klinikgelände eine der größten psychiatrischen Einrichtungen Österreichs – und seit einem Jahr auch eine Ausstellung, die sich den ermordeten Kindern widmete. Vor gut einem Monat hatte Schäfer im Rahmen eines Schulprojekts eine Oberstufenklasse dorthin begleitet. Der anschließende Vortrag, den er penibel vorbereitet hatte, war völlig misslungen. Die Bilder der Toten im Kopf, die verzweifelten Blicke der ausgezehrten und schwer kranken Kinder, wie hätte er da noch sachlich und souverän über die Beweggründe von Schwerverbrechern referieren sollen. Morgen verdorben, dachte er und warf den Rest der Semmel einem Raben zu, der ihn vom Dachsims aus schon längere Zeit aufmerksam beobachtete. Kroah, kroah, doncke, Major. Gleich darauf trat sein neuer Nachbar auf den Balkon und begrüßte ihn überfreundlich.
    „Morgen, Herr Wedekind … gute erste Nacht gehabt?“
    „Na ja … geschlafen habe ich tief und fest, aber geträumt habe ich ganz absonderlich, von einem Haus, wo ich mit meiner Tante …“
    „Das ist meistens so in der ersten Nacht oder wenn man an einem fremden Ort schläft … das hängt mit der Veränderung zusammen, die das Gehirn erst verarbeiten muss.“
    „Kennen Sie sich da aus … ich meine, psychologisch …“
    Verdammt, dachte Schäfer, bei dem muss ich wirklich genau aufpassen, was ich sage.
    „Nein, gar nicht … geht mir nur selber immer so, wenn ich einmal auswärts übernachte.“
    Er steckte sich die letzten verbliebenen Erdbeeren in den Mund, kaute hastig und sah dabei auf seine Uhr.
    „Na dann“, meinte er, stand auf und begann, den Tisch abzuräumen, „der Dienst ruft …“
    „Viel Erfolg, Herr Major“, erwiderte Wedekind aufmunternd, als wäre er die spanische Königin und Schäfer Columbus beim Aufbruch in den unbekannten Westen.
    Schäfer holte sein Fahrrad aus dem Keller und machte sich auf den Weg ins Kommissariat. Kauf dir endlich einen Helm, hatte Isabelle ihn zum wiederholten Mal ermahnt. Nur weil er Polizist war, beschützte ihn das noch lange nicht vor irgendwelchen unzurechnungsfähigen Verkehrsteilnehmern. Sie hat recht, dachte Schäfer, und die Liste mit den Kennzeichen der Autofahrer, die ihm in den letzten Wochen den Vorrang genommen oder sich sonst wie regelwidrig verhalten hatten, würde er demnächst wegwerfen; Windmühlenkampf; er würde noch wie Don Quijote enden, mit dem armen, auf einem klapprigen Esel reitenden Bergmann an seiner Seite.
    „Guten Morgen, Sancho Pansa“, begrüßte er seinen Assistenten.
    „Guten Morgen … Sie wissen aber schon, dass Sancho der Klügere der beiden war, oder?“
    „Natürlich … das gebe ich unumwunden zu … für wann haben Sie die Pressekonferenz angekündigt?“
    „Zehn … möchten Sie jetzt doch lieber selbst …?“
    „Nein, das machen Sie schon … ist schon was von der Telefongesellschaft gekommen?“
    „Nein … gegen Mittag …“
    „Gut … na dann … hühott, mein Knappe, auf ins Besprechungszimmer.“
    Die Gruppe war vollständig versammelt; kurz nachdem sie begonnen hatten, stieß auch Oberst Kamp hinzu, gab Schäfer wortlos zu verstehen, einfach weiterzumachen, und

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