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Der bessere Mensch

Der bessere Mensch

Titel: Der bessere Mensch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Haderer
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Gartentoren anläutete oder wie jetzt seinen Finger auf einen goldenen, blank geputzten Klingelknopf drückte.
    „Jaaaaa?“, meinte eine Frau Mitte fünfzig und schaute ihn verwundert an, als wäre er ein Hausierer für Schuhbänder und Hosenträger.
    „Grüß Gott, Frau Varga … Major Schäfer, Kriminalpolizei … dürfte ich kurz Ihre Zeit beanspruchen, um Ihnen ein paar Fragen zu Ihrem Nachbarn Hermann Born zu stellen?“
    „Ja, schrecklich, was da passiert ist“, sagte sie, trat zur Seite und ließ ihn eintreten, „haben Sie denn schon jemanden in Verdacht?“
    „Ähm, noch nicht … Sie?“
    „Wie meinen?“
    „Haben Sie einen Verdacht, wer Herrn Born so gehasst haben könnte, dass er ihn ermordet hat?“
    „Aber nein, wo denken Sie hin“, antwortete sie und ging in den Salon voraus. „Darf ich Ihnen etwas anbieten, Herr …“
    „Schäfer … nur ein Glas Wasser … das wäre sehr nett.“
    „Con gas o senza gas?“, fragte sie und entfernte sich auch schon.
    „Ganz egal“, antwortete Schäfer und fragte sich, was die Frau dazu bewog, in ihrer eigenen Wohnung Stöckelschuhe und unzenweise Goldschmuck zu tragen.
    „Hier bitte.“ Sie stellte ihm das Glas hin, setzte sich und legte die Hände über Kreuz.
    „In den letzten Wochen …“, begann Schäfer und drückte die Mine aus seinem Druckbleistift, „ist da hier in der Gegend irgendetwas Ungewöhnliches passiert … in der Art, dass Sie länger darüber nachgedacht haben oder vielleicht sogar jemandem davon erzählt haben?“
    „Bei Familie Possnigg … in der Villa schräg gegenüber“, meinte sie nach einer längeren Pause, „ist vor zwei Wochen der Alarm ausgelöst worden … das hat sich allerdings als technischer Defekt herausgestellt … ansonsten … nicht, dass ich wüsste …“
    „Und irgendwelche Dinge, die Ihnen vielleicht vor Monaten oder sogar Jahren zu denken gegeben haben … über die Sie mittlerweile nicht mehr nachdenken?“
    „Ich verstehe Sie nicht ganz, Herr Inspektor.“
    „Na ja … dass Sie sich einige Male über etwas im Umfeld der Familie Born gewundert haben … und weil es keinerlei negative Konsequenzen oder Überraschungen gab, haben Sie es einfach hingenommen, ohne weiter darüber nachzudenken … eine Ihnen fremde Person, die immer wieder in der Nähe war oder die Borns besucht hat … etwas, das von der alltäglichen Routine abwich …“
    „Eine dunkle Limousine“, erwiderte sie zu Schäfers Überraschung, „ein schwarzer Mercedes oder BMW , wenn ich mich recht erinnere … den habe ich immer wieder einmal durch das Tor fahren sehen … wahrscheinlich ein Politfreund … ich habe nie jemanden erkannt, da die Scheiben sehr dunkel waren …“
    „Können Sie sich an ein Kennzeichen erinnern?“
    „Es muss ein Wiener oder ein Diplomatenkennzeichen gewesen sein … alles andere hätte ich mir bestimmt gemerkt …“
    „Wie eng war Ihr Kontakt zu Hermann Born beziehungsweise zu seiner Frau? Haben Sie miteinander gesprochen oder sich regelmäßig getroffen?“
    „Ich würde es als Nachbarschaft comme il faut bezeichnen.“ Die Frau rutschte ein wenig nach links und zog ihren Rock zurecht. „Wenn wir einen Empfang gegeben haben, waren sie zumeist eingeladen … es sei denn, es hat sich um den engen Familienkreis gehandelt … aber das als Freundschaft zu bezeichnen, so weit würde ich nicht gehen.“
    Schäfer machte sich Notizen und suchte in ihrem fast maskenhaften Gesicht nach Zeichen von Anspannung oder Erregung. Wobei: Die alte Schule des Mimiklesens, das Erkennen von unwillkürlichen Bewegungen der Lippen, Augenbrauen oder Nasenflügel – sie wurde mehr und mehr zum Zufallsspiel, seit Lifting, Botox und Tranquilizer zum weiblichen Standardtuning gehörten und die Gesichtsmuskulatur sich von den Emotionen emanzipiert hatte.
    „Wie ist man denn hier in der Nachbarschaft Herrn Borns politischer Arbeit und seinen Ansichten gegenübergestanden?“
    „Ach, Herr Inspektor … Politik ist Politik und Schnaps ist Schnaps, wenn ich das so burschikos formulieren darf … sehen Sie: Mein Mann war selbst lange Zeit im Ministerium, allerdings bei den Sozialdemokraten … und bis auf ein paar kleinere Scharmützel wurde das immer eher sportlich gesehen.“
    Nach einer Dreiviertelstunde entschied sich Schäfer dafür, die Befragung zu beenden. Ihm war heiß und seine Konzentration ließ nach. Er trank sein Glas leer, bedankte sich bei Frau Varga für ihre Mithilfe und verabschiedete sich. Bevor er ans

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