Der Bestatter: Thriller (Christian Beyer-Reihe)
suchen hatte. Und er wurde
fündig:
»Die Grundstücksverwaltung Mnatsakanow hat als einen ihrer
Großkunden die Firma ›Arthaus‹, die wiederum eine Tochterfirma von
›Countrylife‹ ist, deren Eigner über verschlungene Wege – ein gewisser
Hamburger Immobilienmakler namens Karl Detering ist. Zwischen diesen Firmen
fließen in unregelmäßigen Abständen große Summen, aber ich habe noch keinen
Schimmer, wofür. Interessant dabei ist, daß ›Countrylife‹ nicht nur ein
offizielles Büro in Berlin hat, sondern auch eine über eine zusätzliche
Briefkastenfirma verschleierte, recht dubiose Anmietung hier in Hamburg, und
zwar in Langenhorn.«
Wenig später waren ein paar Polizisten unter Eberhards Ägide mit
Durchsuchungsbefehl unterwegs nach Langenhorn.
Der fette Herr Meier lief an den Bahngleisen entlang und
ärgerte sich über seinen fetten Labrador namens Volvo, der mal wieder zu faul
war, seine Pinkelrunde nach den Sieben-Uhr-Nachrichten zu drehen. Aber wenn er
jetzt nicht mit Volvo gegangen wäre, hätte der nach acht Uhr angefangen zu
winseln, und Herrchen hätte sich mitten im Abendprogramm vom Sofa quälen
müssen, und bei der Rückkehr hätte er den Krimi nicht mehr verstanden. Herr Meier
ärgerte sich auch über die Riesenbaustellenlöcher, die die Stadt Hamburg
zugunsten des Congress-Centrums ins alte Schlachthofgelände gerissen hatte und
die ihn jetzt ins Stolpern brachten.
Volvo lief müde hinter ihm her, hob ab und zu sein Bein und trottete
weiter. Gleich würden sie beide in ihr Körbchen können. Herr Meier drehte sich
um und ärgerte sich noch ein bißchen mehr. Wo war der blöde Hund denn nun schon
wieder abgeblieben? Herr Meier rief und piff nach ihm, doch Volvo ließ sich
nicht blicken. Ungeduldig wandte Herr Meier sich um und lief einige Schritte
zurück. Plötzlich hörte er ihn bellen. Volvo bellte sonst nie. Herr Meier
schleppte sich zu seinem anschlagenden Hund, denn der weigerte sich trotz
nachhaltiger Aufforderung, zu seinem Besitzer zu kommen.
»Scheißspiel«, stöhnte Herr Meier, als er seine schwabbelnden zwei
Zentner über eine Absperrung wuchtete. Doch als er in einer Ecke hinter einem
Bauschuppen bei seinem Hund ankam, sah er, daß es kein Spiel war. Volvo hatte
zwei Leichen gefunden.
Christian identifizierte Scout und Nicki selbst, um Ina
den Anblick ihrer mit einer großkalibrigen Waffe erschossenen Männer zu
ersparen. In ohnmächtiger Wut schlug er mit der Faust gegen einen der
Metalltische, auf denen die beiden aufgebahrt waren: »Ich mach ihn fertig, den
Kerl mach ich so was von fertig!« Karen stand in ihrem Ärztekittel daneben und
schwieg. Auch sie kämpfte mit den Tränen. Spätestens jetzt wurde die Sache
persönlich.
Als Christian ins Büro zurückkam, saßen Pete und Yvonne im Besprechungsraum.
Pete hatte den Arm um Yvonne gelegt, die herzzerreißend weinte. Sie stürzte
sich in Christians Arme. Sie war eine Stunde bei Ina zu Hause gewesen, dann war
der Arzt gekommen und hatte Ina eine Beruhigungsspritze gegeben. Jetzt schlief
sie. Ina sei schwanger, sagte Yvonne.
Unwillkürlich fragte Christian: »Von wem?«
»Von Scout und Nicki natürlich«, gab Yvonne entrüstet zurück, »oder
glaubst du, Ina hat die beiden betrogen? Nie im Leben!«
Unter normalen Umständen hätte Christian Yvonnes Antwort sicher
belächelt. Waren Scout und Nicki im Laufe ihres Lebens zu einer untrennbaren
Einheit verschmolzen, daß eine individuelle Wahrnehmung der beiden nicht mehr
möglich war? Ihr gemeinsamer Tod ließ dies vermuten.
Christian bat Yvonne mit heiserer Stimme, Kaffee zu kochen. Sie
nickte, putzte sich die Nase und ging hinaus, dankbar, funktionieren zu müssen
wie alle anderen.
Pete erhob sich aus seinem Stuhl: »Tut mir leid.«
»Wo kommst du denn her?« blaffte Christian ihn an.
Pete ging nicht auf die rhetorische Frage ein, schließlich wußte
Christian genau, wo er die letzte Nacht und den heutigen Tag verbracht hatte:
in einem westfälischen Knast.
»Kann ich helfen?« fragte er statt dessen zurück.
»Kommt drauf an. Was tut dir leid?«
»Alles. Das mit Anna. Das mit Scout und Nicki.«
Christian nahm eine Flasche Whisky aus dem Aktenschrank. »Halt’s
Maul. Wir trinken was.« Er goß zwei Gläser halb voll und reichte eines davon
Pete. Dann straffte er sich. Auch Pete stand auf. Sie hoben die Gläser in die
Luft, schwiegen ein paar Sekunden und tranken. Sie hatten die Gläser noch an
den Lippen, als die Wohnungstür laut ins Schloß fiel und
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