Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Bestatter: Thriller (Christian Beyer-Reihe)

Der Bestatter: Thriller (Christian Beyer-Reihe)

Titel: Der Bestatter: Thriller (Christian Beyer-Reihe) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Heib
Vom Netzwerk:
Waldboden war inzwischen so aufgeweicht, daß er die Schuhe der
Fußgänger ansaugte und sie bei jedem ihrer Schritte nur mit widerwilligem
Schmatzen wieder freigab. Innerhalb weniger Minuten waren die fünf vollkommen
durchnäßt, denn die Bäume standen nicht so eng, daß ihr Blätterdach Schutz bot
vor den heftigen Sturzbächen, die sich aus dicken, bedrohlich tief hängenden
dunklen Wolken ergossen.
    Christian verdammte leise vor sich hin brummelnd das beschissene
Wetter, den dieses Jahr viel zu kalten Juni, die feindselige Natur, die
nutzlosen Meteorologen, die sich wieder mal geirrt hatten und also schuld
waren, daß er das falsche Schuhwerk trug, er verfluchte sich selbst, weil er
dem Wetterbericht geglaubt hatte, er verfluchte die Schuhindustrie, die nicht
mal in der Lage war, ihre überteuerten Produkte zu imprägnieren, weswegen er
schon nach dem ersten Schritt das Gefühl einer schweren, nassen Zeitung an den
Füßen hatte, er verfluchte die profitgeile Wirtschaft, die korrupten Politiker,
das Leben im allgemeinen und schließlich und ganz besonders und vor allem den
Tod im speziellen, denn der führte ihn hierher in dieses unwirtliche, klamme
Schlammbad.
    Er war stinksauer. So sauer, daß seine grünen Augen noch grüner
blitzten als sonst. Er war immer stinksauer, wenn er aus einem Flugzeug stieg.
Weil er überhaupt wieder in eines eingestiegen war. Weil ihn die Angst völlig
fertigmachte. Weil er wußte, wie seine Kollegen sich bemühten, es nicht zu bemerken.
Weil er innerlich zu einem sabbernden Jammerlappen mutierte, der die zitternden
Knie, den flauen Magen und den Selbsthaß nach der Landung einzig und allein mit
dieser Stinkwut bekämpfen konnte. Er mußte einfach Dampf ablassen. Vor allem
nach diesem besonders elenden Flug in dem elenden kleinen Cityhopper, der in
einem elenden Auf und Ab und Hin und Her durch die Wolkenschichten getaumelt
war, ständig damit drohend, sich den Naturgewalten zu ergeben und einfach nach
unten zu stürzen, während die Passagiere in einem kollektiven Aufschrei ihre
elenden Leben an sich vorbeiziehen sähen bis zu ihrem elenden Tod, wenn ihnen
die Wucht des Aufpralls ein Ende bereiten würde.
    »Wir sind da.« Der Beamte, dem sie den Trampelpfad entlang gefolgt
waren und dessen Namen Christian schon wieder vergessen hatte, trat zur Seite
und gab den Blick frei auf eine in trübem Grün, Braun und Grau komponierte
Szenerie. Der Pfad mündete auf einen Waldweg vor einer Lichtung, die nach
hinten von einem großen Felsen begrenzt wurde, in den zwei Figuren eingemeißelt
waren. Rechts davon öffnete sich der Wald zu einem sanft geschwungenen, vom
Regen verhangenen Tal. Vor dem Felsen war behelfsmäßig mit mehreren in den
weichen Boden gebohrten Metallstangen eine weiße Plastikplane aufgespannt worden,
um die Leiche und ihre unmittelbare Umgebung vor dem Regen und damit dem
völligen Verwischen vorhandener Spuren zu schützen. Ein rotweißes Absperrband
säumte den in Planquadrate unterteilten Fundort weiträumig. Die Spuren waren
mit Tafeln markiert und systematisch numeriert. Etwas entfernt von der Plane,
die unter dem Gewicht des Regenwassers bedrohlich durchhing, außerhalb der
Spurenschutzzone, stand schweigend eine Gruppe von vor Nässe triefenden
Beamten, aus der sich ein kleiner, älterer Mann in Zivil löste und auf
Christian zuging. Er streckte die Hand aus. Christian ergriff sie.
    »Sie müssen Hauptkommissar Beyer sein. Ich bin Kommissar Günter
Philipp, herzlich willkommen im Saarland. Schön, daß Sie so schnell kommen
konnten. Wie war der Flug?«
    Christian ignorierte die Frage, zwang sich zum Minimum sozial
geforderter Höflichkeit und begann, Philipp mit knappen Worten sein Team
vorzustellen: »Karen Kretschmer, Rechtsmedizinerin.«
    Philipp begrüßte die attraktive, junge Blondine angetan: »Sehr
erfreut. Unser Doc war schon hier und hat sich die Leiche angesehen, damit wir
keine Zeit verlieren, bis Sie da sind. Er wartet im Institut, um Ihnen bei der
Sektion zu assistieren.« Karen nickte nur, wohl wissend, daß jede Verzögerung
durch überflüssiges Geplauder Christian in diesem Moment nur verärgern würde.
    »Volker Jung und Eberhard Koch«, fuhr er nun ungeduldig mit der
Vorstellung fort. Philipp schüttelte ihnen die Hand und faßte zusammen: »Ein
Jogger hat die Leiche heute morgen um sieben Uhr vierzehn entdeckt. Er ist im
Präsidium und gibt seine Aussage zu Protokoll. Wir waren kurz vor acht Uhr
hier, ich habe Sie gleich benachrichtigen

Weitere Kostenlose Bücher