Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Bestienhelm

Der Bestienhelm

Titel: Der Bestienhelm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
Vom Netzwerk:
die Küste in weiten Teilen zerklüftet, seicht und gesäumt von kleineren und größeren Inselchen war.
    Der Kurs des Bootes änderte sich. Es lief jetzt fast genau nach Osten. Nottr zurrte das Segel in einer anderen Stellung fest. Jetzt schien es, als flüchte die Kurnis vor den schwarzen Caer-Dreimastern.
    Natürlich sagte sich Mythor, es sei noch lange nicht sicher, dass die Caer sie verfolgen würden, falls sie des Bootes ansichtig wurden. Aber das springende Einhorn im Sonnenkreis war das Wappenzeichen der königlichen Familie von Nyrngor, und sicher wusste jeder Caer-Kommandant, dass Nyrngor erobert werden sollte. Wohin die Dreimaster unterwegs waren, ließ sich nicht einmal erraten.
    Die Kurnis schnitt jetzt nicht mehr die Wellen, sondern bewegte sich im spitzen Winkel zu den Tälern und Kämmen. Die Stöße, die Gischtwolken und die Geräusche kamen nun stärker und angsteinflößend häufig. Nur der Wind von achtern verhinderte, dass Nottr und Mythor triefend nass wurden. Immer wieder hob sich der Bug so weit aus dem Wasser, dass es aussah, als werde das Boot kentern. Nach einem endlosen Augenblick, in dem das kleine Schiff zu schweben schien und das Wasser gierig nach dem Heck griff, senkte sich der Bugspriet, der hochgezogene Kiel krachte mit einem hallenden Dröhnen in die Wellen. Eine Gischtwolke sprühte hoch, teilte sich und prasselte rechts und links auf das Deck. Die Tropfen, die ins schwere Segel schlugen, klangen wie Geschosse.
    »Mann!« schrie Nottr kopfschüttelnd. »Entweder bist du tollkühn, oder du kannst wirklich steuern!«
    »Keines von beiden«, brüllte Mythor zurück. »Nur verzweifelt und auf der Flucht.«
    Er blickte nach oben. Die drei riesigen weißen Flugdrachen oder wie immer diese Kreaturen genannt wurden, zogen fünfzehn Mannslängen über dem Wasser enger werdende Kreise um das Boot. Sonnenlicht brach sich auf den Enden ihrer Schwingen. Die Tiere stießen gellende Schreie aus, die fast wie Pfiffe klangen und mühelos das Heulen des Windes in der Takelage übertönten. Immer wieder warfen sie ihre spitzen Schädel herum und musterten die Männer an Deck.
    Mythor winkte Nottr und rief: »Hol jetzt deine Waffen! Sadagar soll auch meine Waffen bringen. Ich glaube, die Tiere sind hungrig.«
    »Glaub' ich auch«, gab Nottr zurück und verschwand hinter dem Niedergang.
    Mit dem Fuß löste Mythor eine Taurolle und versuchte gleichzeitig das schlagende Ruder zu halten und sich am Gürtel und am Eckpfosten der Reling anzubinden. Endlich kam Sadagar und schleppte König Carnens Helm, den Schild und das Gläserne Schwert mit sich. Er half Mythor, die Waffen anzulegen.
    Warm und vertraut schmiegte sich der Griff des Schwertes in Mythors Finger. Sadagar trug die Beutewaffen und Teile der Rüstung, die er beim Durchbruch aus der Umklammerung der Caer getragen hatte. Auch er band sich auf Geheiß Mythors fest. Sie waren bereit und warteten.
    Drei Männer, die sich im Heck angeseilt hatten, wandten die Schwerter und Schilde den fliegenden Bestien zu. Jetzt, als sie nahe genug heran waren, erkannten die unfreiwilligen Seeleute auf den Schwingen und Körpern der Kreaturen lange Narben, zackige Risse und sogar einen abgebrochenen Pfeil, der in einem Muskel eingewachsen war.
    Mythor murmelte: »Bei Erain! Sie haben schon viele Kämpfe bestanden.«
    Die Rachen der Bestien öffneten sich wie zu lautlosen Schreien. Lange Schlangenzähne funkelten auf. Die Sonne, zwei Handbreit über dem Land und dem weißen Streifen der hochgeschleuderten Wellen, wurde immer wieder verdunkelt, wenn einer der riesigen Körper vor ihr vorbeischwebte. Die Wesen waren doppelt mannsgroß, und ihre Schwingen schienen so lang zu sein wie vier erwachsene Männer. Mythor schüttelte sich schaudernd, als das erste Untier auf das Heck zuschwebte, die Schwingen hochkippte und zwei riesige Greifkrallen nach vorn streckte.
    »Nehmt ihnen die Lust an dieser Beute!« schrie Mythor, wuchtete den Arm mit dem Wappenschild in die Höhe und schwang sein Schwert. Das Wimmern des Windes verschluckte das stöhnende Geräusch Altons.
    Sofort, kaum dass er das Ruder losgelassen hatte, drehte sich die Kurnis aus dem Wind. Das Segel knallte und schlug. Die weiße Riesenbestie kam zwischen den Wanten und der pendelnden Rah hindurch, stürzte sich flügelschlagend auf die Männer und wurde von zwei blitzenden Schwertern und einem geschwungenen Beil empfangen. Eine Kralle fuhr über Mythors Schild, zog mit kreischendem Geräusch eine tiefe Rille

Weitere Kostenlose Bücher