Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition)

Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition)

Titel: Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Spurrier
Vom Netzwerk:
sichtlich zurückhalten, um Shaper nicht über die Straße hinweg zuzuwinken. Sie hatte drei Nächte gebraucht, in denen sie ihm Tee und Kuchen zum Van gebracht hatte, bis sie endlich das Konzept einer »verdeckten« Überwachung begriff, und sie hielt trotzdem noch Plätzchen für den Fall bereit, dass ihm kalt würde und er hineinkäme. Sie war die untypischste Puffmutter, der Shaper je begegnet war.
    Obendrein waren es gute Plätzchen.
    »Wie kommt’s, dass sich die Nachbarn nicht beschweren?«,brummte Vince, womit er Shapers Gedankengänge unterbrach. Seufzend rieb sich Shaper den Nasenrücken und stellte fest, dass seine Kopfschmerzen mittlerweile voll in Fahrt gekommen waren. Genau wie Melanie in seinen Ohren.
    »Sie werden dafür bezahlt.«
    »Woher weißt du das?«
    Er warf dem Mann fürs Grobe einen Blick zu. »Weil es mein verfluchter Job ist, so was zu wissen, oder?«
    Beobachter. Spanner.
    Problemlöser. Streitschlichter.
    Zwielichtiger Mittelsmann.
    Shaper sah es so, dass all die Männer und Frauen, die in seinem Fleckchen Dreck herumwühlten – all die weitgehend anständigen Leute, die sich mit ein paar Gelegenheitskröten aus Gelegenheitseinkunftsquellen durchschlugen –, wie alle anderen Menschen jemanden brauchten, den sie in schwierigen Zeiten rufen konnten.
    Für Shapers Leute stellten die Bullen keine Option dar.
    Zum Beispiel Mrs. Swanson. Eine reizendere alte Dame konnte man sich kaum vorstellen, sie betrieb nur eben zufällig auch den erfolgreichsten Bumsschuppen westlich von Stratford. Als bestimmte »wertvolle Produkte« in ihrem Haus zu verschwinden begannen, war für sie ein Anruf bei Shaper so natürlich gewesen wie für konventionellere Geschäftsbesitzer ein Anruf bei der Polizei.
    »Gehört das zu den Dingen, die Sie tun?«, hatte sie quengelig gefragt.
    Oh ja .
    Ein weiterer vorfreudiger Kunde klopfte an die Vordertür. Die eingefallenen Lippen ließen auf einen zahnlosen Mund schließen. Shaper ertappte Vince dabei, dass er den Mann mit zusammengekniffenen Augen betrachtete, und konnte förmlich hören, wie die inneren Rädchen seines Gefährten klickten.
    »Bild ich mir das bloß ein«, sagte der große Mann, »oder sind diese Freier ein bisschen … du weißt schon.«
    »In die Jahre gekommen?«
    »Wie verfluchte Dinosaurier, ja.«
    Shaper spendete der Bemerkung halbherzig Beifall. »Es ist ein spezialisiertes Etablissement.«
    Mrs. Swansons Geniestreich hatte darin bestanden, zu erkennen, dass Freier eines gewissen Alters nicht nur weit weniger Ärger verhießen als ihre jüngeren Pendants, sondern dass sie sich auch erheblich bereitwilliger von ihren – wie sie es ausdrückte – »gereiften« Ersparnissen trennten. Indem sie ausschließlich eine Klientel empfing, die schon mit einem Bein im Grab stand, hatte sich ihr Laden als einer von Hunderten wenig überzeugenden Massagesalons in eine veritable Melkkuh verwandelt.
    »Früher mal«, erklärte Shaper, »kreuzten bei ihr gelegentlich alte Säcke auf, die ihn … nur noch auf Halbmast brachten.«
    Um zu zeigen, dass er verstand, krümmte Vince einen hochgestreckten Finger halb durch, was er mit einer Comics entlehnten Lautuntermalung begleitete. Shaper, dem die eigene schwächelnde Manneskraft unangenehm bewusst wurde, nickte.
    »Genau. Und niemand will mit einer mitleidigen Rückerstattung nach Hause geschickt werden, oder? Also fing der alte Herr Schlaffschwanz an zu fragen: ›Haben Sie vielleicht etwas, das dagegen hilft?‹ Und Mrs. Swanson dachte sich: ›Hm, vielleicht sollte ich so was anbieten.‹«
    Vince grinste breit, als er kapierte. »Also hat sie angefangen, Viagra zu verkaufen?«
    »Anfangs, ja. Vor allem Cialis, Revatio, Levitra. Bessere Margen. Leicht verdientes Geld.«
    »Genial!«
    »Nein, katastrophal.«
    Vinces Miene verdüsterte sich. »Wieso?«
    Shaper stellte die Kopfhörer noch eine Stufe breiter, da seine Kopfschmerzen nach wie vor anschwollen. »Weil Herr Schlaffschwanz einen Enkel hatte, der wusste, wie man das Zeug online um den halben Preis bestellt. Und die Stammkunden redenin der Umkleide miteinander. Eh man sich versah, kreuzten sie schon einsatzbereit bei ihr auf.«
    Vince hob sein Bier zu einem schäumenden Toast auf die Rentnerschaft. »Na dann, Schwanz hoch!«
    Zwischen ihnen dröhnte Melanies auf einen zweiten Höhepunkt zuschrillende Stimme aus den Kopfhörern. Shaper wusste aus zu vielen Nächten, in denen er nur hier rumgesessen und seine Konzentration unter narkotischen

Weitere Kostenlose Bücher