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Der blaue Express

Der blaue Express

Titel: Der blaue Express Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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«Er ist unfähig, eine Frau glücklich zu machen.»
    «Er ist also das, was man in England a bad lot nennt.»
    Van Aldin nickte.
    «Très bien! Sie raten Madame, sich scheiden zu lassen, sie stimmt zu. Sie konsultieren Ihre Anwälte. Wann erfährt Monsieur Kettering von den Dingen, die da im Busch sind?»
    «Ich selbst habe ihn zu mir kommen lassen und ihm dargelegt, was ich zu unternehmen beabsichtigte.»
    «Und was hat er gesagt?»
    Van Aldins Gesicht verdüsterte sich bei der Erinnerung.
    «Er war teuflisch dreist.»
    «Entschuldigen Sie die Frage, Monsieur, aber hat er den Comte de la Roche erwähnt?»
    «Nicht namentlich», knurrte der andere widerwillig, «aber er hat gezeigt, dass er von der Affäre wusste.»
    «Wie war, wenn ich fragen darf, Monsieur Ketterings finanzielle Lage zu dieser Zeit?»
    «Wieso meinen Sie, ich könnte das wissen?», fragte Van Aldin nach kurzem Zögern.
    «Ich halte es für wahrscheinlich, dass Sie hierzu Erkundigungen angestellt haben.»
    «Na ja – Sie haben ganz Recht, das habe ich getan. Ich habe festgestellt, dass Kettering blank war.»
    «Und jetzt hat er zwei Millionen Pfund geerbt! La vie ist schon recht seltsam, nicht wahr?»
    Van Aldin blickte ihn scharf an.
    «Was meinen Sie damit?»
    «Ich moralisiere», sagte Poirot, «ich reflektiere, ich philosophiere. Aber zurück zum Thema. Monsieur Kettering war doch sicherlich nicht bereit, sich so ohne weiteres scheiden zu lassen?»
    Van Aldin schwieg einen Augenblick, dann sagte er:
    «Ich weiß nicht genau, was er vorhatte.»
    «Haben Sie sich danach nicht mehr mit ihm unterhalten?»
    Wieder schwieg Van Aldin kurz und sagte dann:
    «Nein.»
    Poirot blieb stehen, lupfte den Hut und reichte dem Millionär die Hand.
    «Ich wünsche Ihnen einen guten Tag, Monsieur. Ich kann nichts für Sie tun.»
    «Was soll das heißen?», fragte Van Aldin ärgerlich.
    «Wenn Sie mir nicht die Wahrheit sagen, kann ich nichts tun.»
    «Ich weiß nicht, was Sie meinen.»
    «Das glaube ich doch. Sie können beruhigt sein, Monsieur Van Aldin, ich weiß zu schweigen.»
    «Nun denn», sagte der Millionär. «Ich gebe zu, dass ich vorhin nicht die Wahrheit gesagt habe. Ich habe mich noch einmal mit meinem Schwiegersohn in Verbindung gesetzt.»
    «Ja?»
    «Genau genommen habe ich meinen Sekretär geschickt, Major Knighton, mit der Anweisung, ihm die Summe von hunderttausend Pfund in bar dafür anzubieten, dass er in die Scheidung einwilligt.»
    «Eine hübsche Summe», sagte Poirot anerkennend, «und die Antwort von Monsieur Schwiegersohn?»
    «Er ließ mir ausrichten, ich sollte zum Teufel gehen», sagte der Millionär betont.
    «Ah!», sagte Poirot.
    Er zeigte keinerlei Gemütsregung. Im Moment war er damit beschäftigt, methodisch Tatsachen zu sammeln.
    «Monsieur Kettering hat der Polizei gesagt, er hätte auf der Reise von England hierher seine Frau weder gesehen noch gesprochen. Sind Sie geneigt, dieser Erklärung zu glauben, Monsieur?»
    «Ja, bin ich», sagte Van Aldin. «Er hat sich bestimmt besondere Mühe gegeben, ihr nicht zu begegnen, schätze ich.»
    «Warum?»
    «Weil er diese Frau bei sich hatte.»
    «Mirelle?»
    «Ja.»
    «Wie haben Sie davon erfahren?»
    «Einer meiner Leute, die ich auf seine Beobachtung angesetzt hatte, hat mir berichtet, dass beide mit diesem Zug abgereist sind.»
    «Ich verstehe», sagte Poirot. «In diesem Fall wird er, wie Sie schon sagten, wohl kaum versucht haben, sich mit Madame Kettering in Verbindung zu setzen.»
    Der kleine Mann versank in Schweigen. Van Aldin unterbrach seine Meditationen nicht.

Siebzehntes Kapitel

Ein aristokratischer Herr
     
    « S ind Sie schon einmal an der Riviera gewesen, Georges?», fragte Poirot am nächsten Morgen seinen Diener.
    George war ein zutiefst englisches Individuum mit reglos hölzernen Zügen.
    «Ja, Sir. Vor zwei Jahren, als ich im Dienst von Lord Edward Frampton stand.»
    «Und jetzt», murmelte sein Dienstherr, «stehen Sie im Dienst von Hercule Poirot. Welch ein Aufstieg in der Welt!»
    Der Diener beliebte nicht auf diese Bemerkung zu reagieren. Nach geziemender Pause fragte er:
    «Den braunen Anzug, Sir? Es ist heute etwas kühl.»
    «Auf der Weste ist ein Fettfleck», wandte Poirot ein. «Ein morceau von Filet de sole à la Jeanette hat sich dort niedergelassen, als ich vorigen Dienstag im Ritz gegessen habe.»
    «Da ist jetzt kein Fleck mehr, Sir», sagte George vorwurfsvoll. «Ich habe ihn entfernt.»
    «Très bien!», sagte Poirot. «Ich bin zufrieden mit

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