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Der blaue Express

Der blaue Express

Titel: Der blaue Express Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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– eh – ziemlich merkwürdig vor.»
    «Es sieht so aus», sagte Monsieur Caux, «als ob die beiden sich in Acht nähmen.»
    «Genau», sagte Carrège triumphierend, «und wovor sollten sie sich in Acht nehmen müssen?»
    «Allzu viel Umsicht ist verdächtig, was?», sagte Poirot.
    «Précisément.»
    «Wir könnten, finde ich», murmelte Poirot, «Monsieur Kettering durchaus ein paar Fragen stellen.»
    Der Untersuchungsrichter gab Anweisungen. Bald darauf trat Derek Kettering ein, lässig wie immer.
    «Guten Morgen, Monsieur», sagte der Richter höflich.
    «Morgen», sagte Derek Kettering knapp. «Sie haben mich holen lassen. Gibt es etwas Neues?»
    «Bitte nehmen Sie Platz, Monsieur.»
    Derek warf Hut und Stock auf den Tisch und setzte sich.
    «Also?», fragte er ungeduldig.
    «Wir haben eigentlich keine neuen Einzelheiten», sagte Monsieur Carrège vorsichtig.
    «Sehr interessant», sagte Derek trocken. «Haben Sie mich etwa rufen lassen, um mir das mitzuteilen?»
    «Wir dachten natürlich, Monsieur, dass Sie über die Fortschritte in diesem Fall informiert werden möchten», sagte der Richter streng.
    «Selbst wenn der Fortschritt nicht existent ist.»
    «Außerdem wollten wir Ihnen einige Fragen stellen.»
    «Fragen Sie.»
    «Sind Sie ganz sicher, dass Sie Ihre Frau im Zug weder gesehen noch mit ihr gesprochen haben?»
    «Habe ich Ihnen doch längst beantwortet. Ja, weder – noch.»
    «Sie hatten zweifellos Gründe dafür.»
    Derek starrte ihn misstrauisch an.
    «Ich – habe – nicht – gewusst – dass – sie – im – Zug – war», erklärte er überdeutlich, als spräche er mit einem Schwachsinnigen.
    «Das sagen Sie», murmelte Carrège.
    Derek runzelte die Stirn.
    «Ich wüsste gern, worauf Sie hinauswollen. Wissen Sie, was ich finde, Monsieur Carrège?»
    «Was finden Sie denn, Monsieur?»
    «Ich finde, die französische Polizei wird sehr überschätzt. Sie müssen doch sicher Daten über die Banden von Bahnräubern haben. Es ist empörend, dass in einem solchen train de luxe so etwas überhaupt vorkommen kann und dass die französische Polizei in der Sache zu hilflos ist, um sich damit zu befassen.»
    «Wir befassen uns damit, keine Sorge, Monsieur.»
    «Soviel ich weiß, hat Madame Kettering kein Testament hinterlassen», warf Poirot plötzlich ein. Er hatte die Fingerspitzen aneinander gelegt und musterte aufmerksam die Decke.
    «Ich glaube nicht, dass sie je eines gemacht hat», sagte Kettering. «Warum?»
    «Es ist ein nettes kleines Vermögen, das Sie da erben», sagte Poirot, «ein sehr nettes kleines Vermögen.»
    Zwar hingen seine Augen noch immer an der Decke, aber dennoch entging ihm die plötzliche Röte nicht, die Derek Ketterings Gesicht überzog.
    «Was meinen Sie damit, und wer sind Sie überhaupt?»
    Poirot hatte mit übereinander geschlagenen Beinen dagesessen; nun setzte er beide Füße auf den Boden, nahm die Augen von der Decke und sah dem jungen Mann voll ins Gesicht.
    «Mein Name ist Hercule Poirot», sagte er ruhig, «und wahrscheinlich bin ich der größte Detektiv der Welt. Sind Sie ganz sicher, dass Sie Ihre Frau während der Reise weder gesehen noch gesprochen haben?»
    «Worauf wollen Sie hinaus? Wollen Sie – wollen Sie etwa unterstellen, dass ich – dass ich sie getötet hätte?»
    Plötzlich lachte er.
    «Ich sollte mich nicht aufregen, das ist doch offensichtlich absurd. Also, wenn ich sie getötet hätte, hätte ich doch nicht ihre Juwelen zu stehlen brauchen, oder?»
    «Das ist wahr», murmelte Poirot mit einem einigermaßen erstaunten Gesichtsausdruck. «Das habe ich nicht bedacht.»
    «Wenn es jemals einen klaren Fall von Raubmord gegeben hat, dann ist es dieser», sagte Derek Kettering. «Arme Ruth, es waren diese verfluchten Rubine. Es muss sich herumgesprochen haben, dass sie sie bei sich hatte. Ich glaube, wegen dieser Steine sind schon früher Morde begangen worden.»
    Poirot richtete sich plötzlich in seinem Sessel auf. In seinen Augen glomm ein schwaches grünes Leuchten und er sah einer geputzten, wohlgenährten Katze bemerkenswert ähnlich.
    «Eine Frage noch, Monsieur Kettering», sagte er. «Könnten Sie mir sagen, an welchem Tag Sie Ihre Frau zuletzt gesehen haben?»
    «Mal sehen», überlegte Kettering. «Es muss – ja, vor über drei Wochen gewesen sein. Ich fürchte, das genaue Datum kann ich Ihnen nicht nennen.»
    «Macht nichts», sagte Poirot trocken, «mehr wollte ich nicht wissen.»
    «Also», sagte Derek Kettering unwirsch, «sonst

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