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Der blaue Express

Der blaue Express

Titel: Der blaue Express Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Sekretär schnappte nach Luft. Auf der schmutzig weißen Unterlage glühten die Steine wie Blut.
    «Mein Gott! Sir», sagte Knighton. «Sind sie – sind sie echt?»
    Van Aldin stieß ein leises, erheitertes Keckern aus.
    «Wundert mich nicht, dass Sie das fragen. Unter diesen Rubinen sind die drei größten der Welt. Katharina von Russland hat sie getragen, Knighton. Der in der Mitte ist als das Feuerherz bekannt. Er ist vollkommen – nicht der kleinste Makel.»
    «Aber», murmelte der Sekretär, «die müssen ein Vermögen wert sein.»
    «Vier- oder fünfhunderttausend Dollar», sagte Van Aldin beiläufig, «abgesehen vom historischen Interesse.»
    «Und Sie tragen das herum – einfach so, lose in der Tasche?»
    Van Aldin lachte amüsiert.
    «Sehen Sie ja. Wissen Sie, das ist mein kleines Geschenk für Ruthie.»
    Der Sekretär lächelte diskret.
    «Jetzt verstehe ich Mrs Ketterings Besorgnis am Telefon.»
    Aber Van Aldin schüttelte den Kopf. Der harte Gesichtsausdruck kehrte zurück.
    «Da irren Sie sich», sagte er. «Sie weiß nichts davon; das ist meine kleine Überraschung für sie.»
    Er schloss das Etui und begann es langsam wieder einzuwickeln.
    «Es ist traurig, Knighton», sagte er, «wie wenig man für die tun kann, die man liebt. Ich könnte die halbe Welt für Ruth kaufen, wenn sie etwas davon hätte, hat sie aber nicht. Ich kann ihr dieses Zeug hier um den Hals hängen; vielleicht wird sie sich einen Moment oder zwei darüber freuen, aber…»
    Er schüttelte den Kopf.
    «Wenn eine Frau in ihrem Heim nicht glücklich ist…»
    Er ließ den Satz unvollendet. Der Sekretär nickte diskret. Niemand kannte den Ruf des ehrenwerten Derek Kettering besser als er. Van Aldin seufzte. Er steckte das Päckchen wieder in die Manteltasche, nickte Knighton zu und verließ den Raum.

Viertes Kapitel

In der Curzon Street
     
    M rs Derek Kettering wohnte in der Curzon Street. Der Butler, der die Tür öffnete, erkannte Rufus Van Aldin sofort und gestattete sich ein diskretes Begrüßungslächeln. Er ging voran, die Treppe hinauf zum großen doppelten Salon in der ersten Etage.
    Eine Frau, die dort am Fenster saß, sprang mit einem Schrei auf.
    «Also, so was Liebes von dir, Dad, dass du gekommen bist! Den ganzen Tag lang habe ich mit Major Knighton telefoniert, um dich zu erreichen, aber er konnte nicht genau sagen, wann man dich zurückerwartet.»
    Ruth Kettering war achtundzwanzig Jahre alt. Ohne schön oder im eigentliche Sinn des Wortes hübsch zu sein, sah sie doch sehr reizvoll aus, und zwar wegen ihrer Farben. Van Aldin war zu seiner Zeit «Möhre» und «Ingwer» gerufen worden, und Ruths Haar war ein beinahe reines Rotbraun. Hinzu kamen dunkle Augen und tiefschwarze Wimpern – Kunstfertigkeit verstärkte die Wirkung ein wenig. Sie war groß und schlank und bewegte sich anmutig. Auf den ersten Blick hatte sie das Gesicht einer Raffael-Madonna. Erst wenn man genauer hinsah, bemerkte man die ausgeprägten Wangenknochen und das markante Kinn wie in Van Aldins Gesicht, was für die gleiche Härte und Entschlossenheit sprach. Dem Mann stand es gut, der Frau jedoch weniger. Seit ihrer Kindheit war Ruth Van Aldin daran gewöhnt, immer ihren Willen durchzusetzen, und wer sich ihr entgegenstellte, erfuhr bald, dass Rufus Van Aldins Tochter nie nachgab.
    «Knighton hat mir gesagt, dass du angerufen hast. Ich bin erst vor einer halben Stunde aus Paris zurückgekommen. Was ist denn wieder los mit Derek?»
    Ruths Gesicht rötete sich vor Ärger.
    «Es ist unsäglich. Es geht auf keine Kuhhaut», rief sie. «Er – er hört auf gar nichts, was ich sage.»
    In ihrer Stimme mischten sich Verwunderung und Ärger.
    «Auf mich wird er hören müssen», sagte der Millionär grimmig.
    Ruth fuhr fort.
    «Seit einem Monat habe ich ihn kaum gesehen. Überall taucht er mit dieser Frau auf.»
    «Mit welcher Frau?»
    «Mirelle. Sie tanzt im Parthenon, weißt du.»
    Van Aldin nickte.
    «Vorige Woche war ich in Leconbury. Ich – ich habe mit Lord Leconbury gesprochen. Er war ganz reizend zu mir, voller Verständnis. Er hat gesagt, er würde Derek gründlich die Leviten lesen.»
    «Ah!», sagte Van Aldin.
    «Was meinst du mit ‹ah!›, Vater?»
    «Das, was du gerade denkst, Ruthie. Der arme alte Leconbury ist doch am Ende. Natürlich spielt er den Verständnisvollen, natürlich versucht er, dich zu beschwichtigen. Da er seinen Sohn und Erben mit der Tochter eines der reichsten Männer aus den Staaten verheiratet hat, will er die Sache

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