Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der blaue Express

Der blaue Express

Titel: Der blaue Express Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
Vom Netzwerk:
Mademoiselle!»
    «Es – es darf nicht mehr lange dauern, verstehen Sie. Ich – ich kann nicht mehr lange so weitermachen.»
    Ihre Stimme klang brüchig.
    Er tätschelte ihr beruhigend die Hand.
    «Courage, Mademoiselle, Sie dürfen jetzt nicht schwach werden, das Ende steht nahe bevor.»

Dreiunddreißigstes Kapitel

Eine neue Theorie
     
    « M onsieur Poirot möchte Sie sprechen, Sir.»
    «Der Teufel soll ihn holen!», sagte Van Aldin.
    Knighton schwieg verständnisvoll.
    Van Aldin erhob sich und ging auf und ab.
    «Ich nehme an, Sie haben heute Morgen die verfluchten Zeitungen gelesen?»
    «Nur flüchtig, Sir.»
    «Immer noch Halali?»
    «Ich fürchte ja, Sir.»
    Der Millionär setzte sich wieder hin und presste seine Stirn in die Hand.
    «Wenn ich das alles geahnt hätte», stöhnte er. «Mein Gott, hätte ich doch bloß nie dieses belgische Frettchen darauf angesetzt, die Wahrheit ans Licht zu bringen. Ruths Mörder finden – das war alles, woran ich gedacht habe.»
    «Wäre es Ihnen lieber, wenn Ihr Schwiegersohn davonkäme?»
    Van Aldin seufzte.
    «Ich hätte es vorgezogen, das Gesetz selbst in die Hand zu nehmen.»
    «Ich fürchte, das wäre nicht besonders klug gewesen, Sir.»
    «Trotzdem – sind Sie sicher, dass der Kerl mich sprechen will?»
    «Ja, Mr Van Aldin. Er tut so, als wäre es sehr dringend.»
    «Dann muss es wohl sein. Von mir aus kann er heute Vormittag mitkommen.»
    Ein frischer und liebenswürdiger Poirot wurde hereingeführt. Einen Mangel an Herzlichkeit im Verhalten des Millionärs schien er nicht zu spüren und er plauderte fröhlich drauflos. Er sei in London, erklärte er, um seinen Arzt zu konsultieren. Er nannte den Namen eines bedeutenden Chirurgen.
    «Nein, nein, pas la guerre – ein Souvenir aus meiner Zeit bei der Polizei, die Kugel eines schurkischen Apachen.»
    Er berührte seine linke Schulter und zuckte ein wenig theatralisch zusammen.
    «Ich habe Sie immer für einen glücklichen Mann gehalten, Monsieur Van Aldin; Sie entsprechen so gar nicht unseren herkömmlichen Vorstellungen von amerikanischen Millionären, Märtyrern des Magenleidens.»
    «Ich bin ziemlich zäh», sagte Van Aldin. «Ich führe ein ganz einfaches Leben, wissen Sie, schlichte Kost, und davon nicht zu viel.»
    «Sie haben inzwischen Miss Grey wieder gesehen, nicht wahr?», erkundigte sich Poirot, wobei er sich unschuldig an den Sekretär wandte.
    «Ich – ja, ein- oder zweimal», sagte Knighton.
    Er wurde ein wenig rot, und Van Aldin rief erstaunt:
    «Seltsam, dass Sie mir gar nichts davon gesagt haben, Knighton.»
    «Ich dachte, es würde Sie nicht interessieren, Sir.»
    «Ich mag das Mädchen sehr gern», sagte Van Aldin.
    «Es ist ein tausendfacher Jammer, dass sie sich wieder in St. Mary Mead vergräbt», sagte Poirot.
    «Es ist sehr nett von ihr», sagte Knighton hitzig. «Es gibt wohl nur wenige, die sich da vergraben würden, um für eine alte zänkische Frau zu sorgen, die keinerlei Ansprüche gegen sie hat.»
    «Ich bin ja schon still», sagte Poirot begütigend, und seine Augen zwinkerten ein wenig. «Trotzdem sage ich, es ist ein Jammer. Und jetzt, Messieurs, lassen Sie uns zum Geschäft kommen.»
    Die beiden anderen sahen ihn ein wenig überrascht an.
    «Sie sollten über das, was ich Ihnen sagen will, nicht beunruhigt oder besorgt sein. Nehmen wir an, Monsieur Van Aldin, dass Derek Kettering seine Frau doch nicht ermordet hätte?»
    «Was?»
    Beide starrten ihn völlig verblüfft an.
    «Ich sagte, angenommen, Monsieur Kettering hätte seine Frau nicht umgebracht?»
    «Sind Sie wahnsinnig, Poirot?», rief Van Aldin.
    «Nein», sagte Poirot, «ich bin nicht wahnsinnig. Ein bisschen exzentrisch vielleicht – das behaupten jedenfalls gewisse Leute. Aber was meinen Beruf angeht, bin ich durchaus, wie man sagt, ‹ganz da›. Ich frage Sie, Monsieur Van Aldin, ob Sie traurig oder froh wären, wenn das, was ich Ihnen gesagt habe, sich als die Wahrheit herausstellen sollte?»
    Van Aldin starrte ihn an.
    «Natürlich wäre ich froh», sagte er schließlich. «Ist das eine Übung im Mutmaßen, Monsieur Poirot, oder stehen Fakten dahinter?»
    Poirot betrachtete die Decke.
    «Es gibt eine geringe Chance», sagte er ruhig, «dass es schließlich doch der Comte de la Roche war. Jedenfalls ist es mir gelungen, sein Alibi zu zerstören.»
    «Wie haben Sie das geschafft?»
    Poirot zuckte bescheiden mit den Schultern.
    «Ich habe so meine Methoden. Ein wenig Taktgefühl, ein wenig Gerissenheit – und schon

Weitere Kostenlose Bücher