Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der blaue Express

Der blaue Express

Titel: Der blaue Express Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
Vom Netzwerk:
sich an einem Tischchen im Savoy gegenüber.
    «Ja, Sie haben sich verändert», fuhr er fort.
    «In welcher Hinsicht?»
    «Mademoiselle, diese Nuancen sind schwer auszudrücken.»
    «Ich bin älter geworden.»
    «Ja, Sie sind älter geworden. Und damit meine ich nicht, dass bei Ihnen Runzeln und Krähenfüße kommen. Als ich Sie das erste Mal sah, Mademoiselle, standen Sie dem Leben als Zuschauerin gegenüber. Sie hatten den ruhig-belustigten Ausdruck eines Menschen, der sich in einem Sitz zurücklehnt und der Komödie zuschaut.»
    «Und jetzt?»
    «Jetzt schauen Sie nicht mehr zu. Es ist vielleicht absurd, was ich sage, aber Sie wirken wie ein misstrauischer Kämpfer in einer schwierigen Partie.»
    «Meine alte Dame ist manchmal schwierig», sagte Katherine lächelnd, «aber ich kann Ihnen versichern, dass ich mit ihr kein Duell auf Leben und Tod austrage. Sie müssen sie übrigens einmal besuchen, Monsieur Poirot. Sie dürften zu denen gehören, die ihren Mumm und ihren Geist zu schätzen wissen.»
    Sie schwiegen, während der Kellner ihnen geschickt das Huhn en casserole servierte. Als er gegangen war, sagte Poirot: «Habe ich Ihnen je von meinem Freund Hastings erzählt? Der gesagt hat, ich sei eine menschliche Auster? Eh bien, Mademoiselle, ich habe meine Meisterin gefunden. Sie spielen ganz für sich, weit mehr als ich.»
    «Unsinn», sagte Katherine leichthin.
    «Hercule Poirot redet niemals Unsinn. Es ist so, wie ich sagte.»
    Wieder herrschte Schweigen. Poirot beendete es, indem er fragte:
    «Haben Sie jemanden von unseren Riviera-Bekannten gesehen, Mademoiselle, seit Sie wieder in England sind?»
    «Ich habe Major Knighton getroffen.»
    «Aha, tatsächlich?»
    Etwas in Poirots zwinkernden Augen ließ Katherine die ihren senken.
    «Also ist Monsieur Van Aldin noch immer in London?»
    «Ja.»
    «Dann muss ich versuchen, ihn morgen oder übermorgen zu sehen.»
    «Haben Sie Neuigkeiten für ihn?»
    «Warum glauben Sie das?»
    «Ach, ich frage nur so.»
    Poirot schaute sie mit seinen Augen zwinkernd über den Tisch hinweg an.
    «Und nun, Mademoiselle, sehe ich, dass Sie mich vielerlei fragen wollen. Warum auch nicht? Ist nicht die Affäre um den Blauen Express unser roman policier?»
    «Ich möchte Sie wirklich einiges fragen.»
    «Eh bien?»
    Katherine blickte auf, plötzlich wirkte sie sehr entschlossen.
    «Was haben Sie in Paris gemacht, Monsieur Poirot?»
    Poirot lächelte flüchtig.
    «Ich habe der russischen Botschaft einen Besuch abgestattet.»
    «Oh.»
    «Ich sehe, das sagt Ihnen nichts. Aber ich will nicht die menschliche Auster spielen. Nein, ich lege meine Karten auf den Tisch, was Austern sicher niemals tun. Sie nehmen wohl an, nicht wahr, dass mich der Fall Derek Kettering nicht befriedigt?»
    «Das hatte ich mich eben gefragt. In Nizza dachte ich, Sie hätten den Fall für sich abgeschlossen.»
    «Sie sagen nicht alles, was Sie meinen, Mademoiselle. Aber ich gebe alles zu. Ich – meine Ermittlungen – haben Derek Kettering dorthin gebracht, wo er jetzt ist. Ohne mich würde der Untersuchungsrichter noch immer vergeblich versuchen, das Verbrechen dem Comte de la Roche zuzuschreiben. Eh bien, Mademoiselle, ich bereue nicht, was ich getan habe. Ich habe nur eine Pflicht – die Wahrheit herauszufinden, und dieser Weg führte geradewegs zu Monsieur Kettering. Aber endet er auch dort? Die Polizei sagt ja, aber ich, Hercule Poirot, bin nicht zufrieden.»
    Er brach plötzlich ab. «Sagen Sie, Mademoiselle, haben Sie in der letzten Zeit etwas von Mademoiselle Lenox gehört?»
    «Ein sehr kurzer, zusammenhangloser Brief. Ich glaube, sie ist böse auf mich, weil ich nach England zurückgegangen bin.»
    Poirot nickte.
    «Am Abend, an dem Monsieur Kettering verhaftet wurde, hatte ich ein Gespräch mit ihr. Es war ein in mehrfacher Hinsicht interessantes Gespräch.»
    Wieder verfiel er in Schweigen, und Katherine unterbrach sein Nachdenken nicht. «Mademoiselle», sagte er schließlich, «ich betrete jetzt heikles Gelände, aber eines will ich Ihnen doch sagen. Ich glaube, es gibt eine Person, die Monsieur Kettering liebt – korrigieren Sie mich, wenn ich etwas Falsches sage –, und für diese Person – nun ja – um dieser Person willen hoffe ich, dass ich Recht habe und die Polizei Unrecht. Sie wissen, wer diese Person ist?»
    Nach einer Pause sagte Katherine leise:
    «Ja – ich glaube, ich weiß es.»
    Poirot beugte sich über den Tisch zu ihr.
    «Ich bin nicht zufrieden, Mademoiselle; nein, ich bin

Weitere Kostenlose Bücher