Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der blaue Mond

Der blaue Mond

Titel: Der blaue Mond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alyson Noël
Vom Netzwerk:
Zugang zu derart mächtiger Weisheit zu haben, ist die Verantwortung, die damit einhergeht, zweifellos gewaltig.
    Ich meine, was soll ich denn jetzt mit meinem Wissen anfangen? Hat man mir die Information aus einem bestimmten Grund anvertraut? Aus irgendeinem großen globalen Grund? Gibt es Erwartungen an mich, von denen ich nichts weiß? Und falls nicht, was soll das dann alles?
    Mal im Ernst - warum ich?
    Bestimmt bin ich nicht die Erste, die eine solche Frage stellt.
    Oder doch?
    Und die einzig plausible Antwort, die mir darauf einfällt, ist: Vielleicht bin ich dazu bestimmt zurückzukehren. Vielleicht bin ich ja dazu bestimmt.
    Nicht um Attentate zu verhindern, Kriege aufzuhalten und den Gang der Geschichte grundlegend zu beeinflussen - dafür bin ich sicher nicht die Richtige.
    Trotzdem glaube ich, dass man mir diese Information aus einem bestimmten Grund gegeben hat - einem Grund, der geradewegs wieder zu dem führt, was ich schon die ganze Zeit glaube, nämlich dass das ganze Szenario mit dem Unfall, meinen übersinnlichen Fähigkeiten und dass Damen mich unsterblich gemacht hat, ein schrecklicher Irrtum war. Und dass ich, wenn ich nur in der Zeit zurück schreiten und den Unfall verhindern kann, alles wieder so machen kann, wie es vorher war. Ich kann nach Oregon zurückkehren und wieder in mein altes Leben eintauchen, als wäre mein neues Leben nie passiert. Und das habe ich mir ja die ganze Zeit gewünscht.
    Doch wo bleibt dabei Damen? Kehrt er dann auch zurück?
    Und falls ja, ist er dann wieder mit Drina zusammen, bis sie mich umbringt und sich alles wiederholt? Halte ich damit nur das Unvermeidliche auf?
    Oder bleibt alles gleich außer mir? Stirbt Damen von Romans Hand, während ich wieder in Oregon bin, ohne überhaupt von seiner Existenz zu wissen?
    Und wenn das der Fall ist, wie kann ich es dann zulassen?
    Wie kann ich dem einzigen Menschen, den ich jemals wirklich und wahrhaftig geliebt habe, den Rücken kehren?
    Ich schüttele den Kopf, während mich Romy und Rayne nach wie vor mustern und auf eine Antwort warten, obwohl ich keine Ahnung habe, was ich sagen soll. Und so stehe ich bloß stumm und mit offenem Mund da wie ein Vollidiot und sage mir, dass ich sogar im Sommerland, einem Ort absoluter Liebe und Perfektion, ein kompletter Trottel bin.
    Romy lächelt und schließt die Augen, während sich ihre Arme mit roten Tulpen füllen - herrlichen roten Tulpen, die sie mir hinhält.
    Doch ich nehme sie nicht an. Ich kneife nur die Augen zusammen und weiche zurück. »Was machst du denn da?« Ich schaue zwischen den beiden hin und her, meine Stimme klingt dünn und zerbrechlich, und mir fällt auf, dass sie aussehen, als wären sie ebenso verwirrt wie ich.
    »Tut mir leid«, sagt Romy und versucht, meine Beunruhigung zu dämpfen. »Ich weiß auch nicht, warum ich das gemacht habe. Es ist mir nur gerade so eingefallen, und da habe ich...«
    Ich sehe zu, wie sich die Tulpen zwischen ihren Fingern auflösen und dorthin verschwinden, wo sie hergekommen sind. Doch dass die Blumen weg sind, macht nicht den geringsten Unterschied, und jetzt will ich nur noch, dass die beiden ebenfalls verschwinden.
    »Ist denn hier überhaupt nichts privat?«, schreie ich, wobei ich weiß, dass ich überreagiere, aber ich kann es nicht lassen. Denn wenn diese Tulpen eine Art Botschaft waren, wenn sie meine Gedanken belauscht hat und mich dazu überreden wollte, die Vergangenheit aufzugeben und hierzubleiben, also, dann geht sie das schlicht und einfach nichts an. Sie mögen ja vielleicht alles über Sommerland wissen, aber sie wissen nichts über mich, und sie haben nicht das Recht, sich einzumischen. Sie haben noch nie eine solche Entscheidung fällen müssen. Sie haben keine Ahnung, was für ein Gefühl es ist, sämtliche Menschen zu verlieren, die man je geliebt hat.
    Ich trete noch einen Schritt zurück und sehe Rayne die Stirn runzeln, während Romy den Kopf schüttelt. »Wir haben überhaupt nichts gehört«, sagt sie. »Ehrlich. Wir können nicht alle deine Gedanken lesen, Ever. Bloß die, die wir sehen dürfen. Was auch immer du in der Akasha-Chronik siehst, gehört dir und nur dir allein. Wir machen uns bloß Sorgen wegen deiner Probleme. Das ist alles. Nicht mehr und nicht weniger.«
    Ich kneife die Augen zusammen und traue ihr keine Sekunde lang. Wahrscheinlich haben sie schon die ganze Zeit in meinen Gedanken herumgeschnüffelt. Ich meine, warum sonst sollte sie mir die Tulpen geben? Warum sonst sollte sie so

Weitere Kostenlose Bücher