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Der Blaumilchkanal

Titel: Der Blaumilchkanal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ephraim Kishon
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errichten.«
    »Warum eigentlich nicht?«
    Salman Hassidoff stieß auf keine Schwierigkeiten, die Abgeordneten dazu zu überreden, denn die dem Gedanken innewohnende Logik stand auf seiner Seite.
    »Das ist der einzig mögliche Weg«, erklärte der Bürgermeister den Räten. »Nur so können wir es verhindern, daß unsere Kinder das Lob unserer Feinde hören. Selbst aus der Sicht der Kinder: Das wird die Raufereien zwischen ihnen beenden und einen günstigen Einfluß auf ihren Fortschritt in der Schule haben.«
    Am nächsten Tag wurde die Registrierung der Kinder unter Leitung des jungen Vorsitzenden eröffnet. Das Gemeindesekretariat ersuchte die Eltern der Kinder, einen Fragebogen auszufüllen, in dem sie gebeten wurden, darauf hinzuweisen, welches Mitglied des Provisorischen Dorfrats ihrer Meinung nach am meisten recht hatte. (»Bitte unterstreichen Sie den Mann, der recht hat.«) Die Antworten dienten als Grundlage für die Zusammensetzung der Schulklassen. Der Schulklassenausschuß nahm Zevs Vorschlag an, daß sie in Zweifelsfällen - wo der Vater den einen Mann und die Mutter einen anderen für richtig hielt - den Geschlechtern angepaßt werden sollten: Das heißt, eine Tochter ging in die Klasse der Wahl ihrer Mutter, und ein Sohn folgte den Spuren seines Vaters. So kam es, daß der Schächter gezwungen war, außer den zwei größten Klassen, der Barbierklasse und der Schuhflickerklasse - die Zwillinge separat und eine zahlenmäßig begrenzte Gruppe strebsamer kleiner Schächter zu unterrichten. Zusätzlich wurde eine Klasse für die Sprößlinge der >Dreitürniks< errichtet, die ihre Kinder in schneidermeisterlichem Geist zu erziehen wünschten.
    Am Tag nach dem Inkrafttreten der Erziehungsreform verwandelte sich die Dorfstraße in ein Schlachtfeld, und die einzelnen Klassen führten untereinander einen unaufhörlichen Krieg. Die große Schuhflickerklasse schüchterte die Minoritäten gleich von Anfang an ein, und Amitz Dulnikker bekam unter anderem zwangsläufig ihre Stärke zu fühlen. Die schuhflickerischen Fratzen umzingelten in einem Infanterieangriff den Baum, hinter dem sich die Schüler der Wirtsklasse zusammen mit dem Onkel Ingenieur eingegraben hatten, und sie schossen von allen Seiten Kiesel. Die überlegene Streitmacht zerschmetterte die Verteidigungen der Zwillinge schnell, und sie rasten davon.
    »Ingenieur!« schrie Majdud und Hajdud über die Schulter zurück. »Was ist los mit Ihnen? Los, rennen Sie!«
    Dulnikker rührte sich nicht; er starrte die Schwärme der kleinen Lümmel mit einem bekümmerten, verwirrten Blick an, als spüre er die Steine überhaupt nicht, mit denen ihn die Vorhut überschüttete.
    Die Feier des zwanzigsten Jahrestages der Eröffnung des Barbierladens fand in Anwesenheit sämtlicher Dorfbewohner statt, trotz der schwarzen Wolken, die sich an jenem Samstagabend am Horizont    gesammelt    hatten    und    die
    Teilnehmer mit einem Guß bedrohten. Das Grundstück des Kulturzentrums war nach wie vor eine öde Fläche, zu der an einem Ende einige Tische und ein neues Schild gekommen waren, das statt des Namens des verstorbenem Ingenieurs folgenden Text trug:
    H ier wird demnächst der S alman -M oses -K ulturpalast errichtet .
    Unnötig zu sagen, daß der neue Name das Ergebnis langer rauher Debatten im Dorfrat zwischen dem Schuhflicker und dem Barbier war. Nur der weise Vorschlag des Vorsitzenden brachte einen Kompromiß zwischen dem Vorschlag    des
    Schuhflickers (Moses) und der Forderung des Barbiers (Salman) zustande.
    »Der Name des Herrn Hassidoff verdient es sicherlich, auf dem Schild zu erscheinen, weil man während seiner Amtszeit als Bürgermeister beschlossen hat, den Palast zu errichten«, behauptete Zev. »Aber andererseits ist es passend, den Namen des Propheten Moses darauf zu lassen, weil er zu seiner Zeit so viel für unsere Kultur getan hat.«
    Der Sekretär saß jetzt an    dem langen    Tisch    unter    den
    Höherstehenden, während die    Menge die    Augen    nicht    von
    seiner kleinen Frau abwenden konnte und aus ihrer Gestalt zu erraten versuchte, in welchem Monat sie war. Die Tische
    waren mit Nelkengebinden geschmückt, die den Namen >Salman< auf den Tischtüchern bildeten - eigenhändige Schöpfung von Frau Hassidoff. Vor Elifas Hermanowitsch, der in Feiertagsschwarz gewandet war und als Zeremonienmeister waltete, stand bescheiden die Tischglocke aus dem Stadtamt.
    Plötzlich erhob sich der Wirt und

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