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Der Blaumilchkanal

Titel: Der Blaumilchkanal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ephraim Kishon
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das Bürgermeisteramt betraf, zwischen den zwei Riesen des Kampfringes ausgefochten werden würde: dem Barbier und dem Schuhflicker.
    Zur Zeit war die Situation Gurewitschs einfach miserabel. Nachdem Hassidoff begonnen hatte, seine frisch getrimmten
    Kunden mit dem erfreulichen Satz in den Ohren zu verabschieden, »um die finanzielle Seite kümmern wir uns später«, begann ein plötzlicher Schuhstrom in die Werkstatt des Schuhflickers zu fließen, ein ständig wachsender Zustrom sämtlicher Schuhe im Dorf, die zerrissen oder sonst reparaturbedürftig waren. Zum großen Kummer Gurewitschs begann sein alter Herr - just in dieser Zeit - ärgerliche Symptome geistigen Verfalls zu zeigen, als er seinem Sohn verkündete, daß auch er einen Ausflug über die Grenzen des Dorfes hinaus machen wolle, bevor er zu seinen Vätern versammelt würde.
    Der Schuhflicker war geteilter Meinung; derjenigen des Gurewitsch-Sohnes und derjenigen des Gurewitsch-Dorfratsmitglieds. Das heißt, der Repräsentant in ihm neigte zuzustimmen und den Ausflug zu erlauben aus Angst, daß der erzürnte alte Knabe vielleicht für den Barbier stimmen könnte; während der Sohn in ihm behauptete: »Genie! Und wer wird dann diesen ganzen Schuhmist richten?« Schließlich gewann der Sohn die Oberhand, und der Schuhflicker sagte zu Gurewitsch senior:
    »Selbst obwohl du mein Vater bist, Papa, kann ich als Dorfrat einem gewöhnlichen Ausflug nicht zustimmen. Tnuva-Geld auszugeben ist nur im Dienst des Dorfes erlaubt.«
    Aber Gurewitsch senior war von seinem Herzenswunsch völlig besessen und hatte seine Ersparnisse beim Schächter bereits zum Kurs von zwei Tnuva-Pfund für drei örtliche umgetauscht. Das führte den alten Herrn dazu, sich der etwas nebligen Lektion des Herrn Ingenieurs zu erinnern. Er hörte unverzüglich zu arbeiten auf, setzte sich auf seinen Schemel vor die Schuhflickerei in die milde Sonne des Frühwinters, drehte sich nach seinem hartherzigen Sohn um und sagte:
    »Streik!«
    Der Schuhflicker wurde mehr als wütend, daß ihn sein Vater in einer so schwierigen Zeit leiden ließ, aber aus angeborenem Stolz versuchte er nicht, ihn umzustimmen, sondern sagte nur:
    »Schön, streike. Aber warum draußen?«
    Das klang sehr vernünftig, daher ging der Alte wieder in die Werkstatt zurück und setzte seinen Streik am Tisch fort, indem er mit Volldampf arbeitete. Diese Wendung der Ereignisse erlaubte es dem Schuhflicker, sich einem neuen Projekt zu widmen, das das Lager des Barbiers wie ein unerwartetes Erdbeben erschütterte. Zemach Gurewitsch stichelte einen großen Ball aus Lederresten zusammen, auf den er mit weißer Ölfarbe malte: »Ein Geschenk des Schuhflickers an seine jungen Verehrer!« (»Wenn das seine eigene Idee ist, dann rasiere ich mit Schlagrahm!« bemerkte Hassidoff in seiner höllischen Eifersucht.) Der hübsche, leicht ovale Ball wurde seinen springlustigen Verehrern übergeben, die hinfort den Großteil ihrer Tage der Entwicklung ihres Talents fürs Kicken auf dem bequem gelegenen Terrain neben den Erdwällen widmeten.
    Die Art, wie sich die Dinge entwickelten, hatten ihren Einfluß auf das Privatleben der Bürger. Es mag genügen zu erwähnen, daß im Laufe der Zeit der Wächter des Lagerhauses systematisch alle schmackhaften Brieftauben briet und aß, da der Tnuva-Lastwagen nunmehr ohnehin häufige Rundfahrten machte, fast schon nach einem festen Fahrplan. Die Gewinne des Chauffeurs aus den Importen nach Kimmelquell überstiegen seinen Gewerkschaftslohn bei der Tnuva trotz der Tatsache, daß er verheiratet und höheren Dienstalters war. Der Chauffeur fuhr die Mitglieder des Provisorischen Dorfrats herum und schmuggelte sogar den >Dreitürnik< Nr. 12 und seine Familie zu ihrem unbekannten Bestimmungsort. Den Löwenanteil seines Einkommens bezog er jedoch aus persönlichen Bestellungen, die ihm unter völliger Geheimhaltung übergeben wurden.
    Der Inhalt der Pakete, die er von draußen ablieferte, wurde im allgemeinen sehr schnell öffentliches Wissensgut und setzte jeweils ein großes Schäumen im Kommunalkessel in Gang. Nach Elifas Hermanowitschs Rückkehr aus Jerusalem, wo er als Dorfvertreter für den Ankauf einer Sodawasser-Maschine zwei Tage verbrachte, wurden sich die Bauern plötzlich bewußt, daß von Malka, der Wirtsfrau, ein zarter Duft ausging. Nicht nur, daß sie selbst ein so angenehmes, befriedigendes Aroma ausströmte, aber sie ließ auch, wenn sie durch die Straße ging, Duftwolken hinter sich, die in der

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