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Der Blinde Uhrmacher - Ein neues Plädoyer für den Darwinismus

Der Blinde Uhrmacher - Ein neues Plädoyer für den Darwinismus

Titel: Der Blinde Uhrmacher - Ein neues Plädoyer für den Darwinismus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dawkins
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Datenplatte, die viel zum Editing von Texten benutzt worden ist. Bei einigen Tieren wird in der Tat ein hoher Anteil der Gesamtzahl der Gene niemals gelesen. Diese Gene sind entweder kompletter Unsinn, oder sie sind veraltete »Genfossilien«.
    Nur gelegentlich kommen Textfossilien wieder zu ihrem Recht, eine Erfahrung, die ich beim Schreiben dieses Buches machte. Aufgrund eines Computerirrtums (oder, um gerecht zu sein, kann es auch ein menschlicher Irrtum gewesen sein) »löschte« ich versehentlich die Platte von Kapitel 3. Natürlich war der Text selbst nicht buchstäblich gelöscht worden. Was definitiv gelöscht worden war, waren die Hinweise darauf, wo jedes »Exon« begann und endete. Das »offizielle« Betriebssystem konnte nichts mehr lesen, aber »inoffiziell« konnte ich Gentechniker spielen und den gesamten Text auf der Platte in Augenschein nehmen. Was ich sah, war ein verwirrendes Puzzle von Textfragmenten, einige von ihnen neu, andere alte »Fossilien«. Durch Zusammensetzen der Puzzlestückchen konnte ich das Kapitel rekonstruieren. Aber in den meisten Fällen wußte ich nicht, welche Fragmente neu und welche Fossilien waren. Das machte nicht viel aus, denn abgesehen von geringfügigen Einzelheiten, die eine Umformulierung erforderten, waren sie gleich. Zumindest einige der »Fossilien« oder veralteten »Introns« waren wieder zu ihrem Recht gekommen. Sie retteten mich aus meiner mißlichen Lage und ersparten mir die Mühe, das gesamte Kapitel neu zu schreiben.
    Es gibt Beweise dafür, daß auch bei lebenden Spezies »fossile Gene« ebenfalls gelegentlich wieder zur Geltung kommen und erneut benutzt werden, nachdem sie eine Million Jahre oder so stillgelegen haben. In Einzelheiten zu gehen würde uns zu weit vom Hauptweg dieses Kapitels wegführen, denn der Leser wird sich erinnern, daß wir uns ohnedies bereits auf einem Exkurs befinden. Der Hauptpunkt war, daß die gesamte genetische Kapazität einer Art aufgrund von Genverdoppelung zunehmen kann. Erneute Benutzung alter »fossiler« Kopien existierender Gene ist dafür eine Methode. Es gibt andere, unmittelbarere Methoden, wie Gene auf weit getrennte Teile der Chromosomen kopiert werden können, wie Daten, die auf unterschiedliche Teile einer Platte oder auf unterschiedliche Platten kopiert werden.
    Wir Menschen besitzen auf mehreren verschiedenen Chromosomen acht getrennte Gene, die als Globingene bezeichnet (und unter anderem zur Herstellung von Hämoglobin benutzt) werden. Es scheint sicher, daß alle acht letztlich von einem einzigen Globingen-Vorfahren abkopiert worden sind. Vor ungefähr 1,1 Milliarde Jahren verdoppelte sich das urväterliche Globingen und bildete zwei Gene. Wir können dieses Ereignis datieren, weil wir über unabhängige Informationen darüber verfügen, wie schnell sich Globine gewöhnlich entwickeln (siehe Kapitel 5 und 11). Von den zwei durch diese ursprüngliche Verdopplung produzierten Genen wurde eins zum Vorfahren aller Gene, die Hämoglobin in Wirbeltieren herstellen. Das andere wurde zum Vorfahren aller Gene für Myoglobine, eine dem Blutfarbstoff verwandte Gruppe, die in Muskeln arbeitet. Mehrere nachfolgende Verdoppelungen haben die sogenannten Alpha-, Beta-, Gamma-, Delta-, Epsilon- und Zetaglobine entstehen lassen. Das Faszinierende ist, daß wir einen vollständigen Stammbaum aller Globingene konstruieren und sogar alle Abzweigungspunkte mit Daten belegen können (Delta- und Betaglobin trennten sich z. B. vor etwa 40 Millionen Jahren, Epsilon- und Gammaglobin vor 100 Millionen Jahren). Doch die acht Globine, Nachkommen dieser lange zurückliegenden Verzweigung in weit zurückliegenden Vorfahren, sind immer noch komplett in jedem einzelnen von uns vorhanden. Sie trennten sich und wanderten in verschiedene Teile der Chromosomen eines Vorfahren, und jeder von uns erbte sie auf den verschiedenen Chromosomen. Moleküle sitzen in demselben Körper zusammen mit ihren entfernten molekularen Vettern. Es ist sicher, daß ein großer Teil solcher Verdoppelungen quer über alle Chromosomen und während der gesamten geologischen Zeit stattgefunden hat - ein wichtiger Aspekt, in dem das echte Leben komplizierter ist als die Biomorphe aus Kapitel 3. Sie besaßen alle nur neun Gene und entwickelten sich durch Veränderungen in diesen neun Genen, niemals durch Anheben der Genzahl auf zehn. Selbst bei echten Tieren sind solche Verdoppelungen so selten, daß meine allgemeine Feststellung, alle Mitglieder einer Art hätten

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