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Der Blinde Uhrmacher - Ein neues Plädoyer für den Darwinismus

Der Blinde Uhrmacher - Ein neues Plädoyer für den Darwinismus

Titel: Der Blinde Uhrmacher - Ein neues Plädoyer für den Darwinismus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dawkins
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anderen Genen, auf die es trifft. Und wo trifft ein Gen auf andere Gene? Hauptsächlich in den Zellen der aufeinanderfolgenden individuellen Körper, in denen es sich befindet. Jedes Gen wird wegen seiner Fähigkeit ausgelesen, erfolgreich mit der Population anderer Gene zusammenzuarbeiten, die es wahrscheinlich in Körpern trifft.
    Die tatsächliche Population von Genen in der Arbeitsumwelt jedes gegebenen Gens besteht nicht nur in der vorübergehenden Ansammlung, die zufällig in den Zellen irgendeines ehemaligen einzelnen Körpers zusammengekommen ist. Zumindest bei sich sexuell fortpflanzenden Arten ist es der Satz aller Gene in der Population der sich miteinander fortpflanzenden Individuen - der Gen-»Pool«. Zu jedem gegebenen Zeitpunkt muß jede spezielle Kopie eines Gens, verstanden als eine spezielle Ansammlung von Atomen, in einer Zelle irgendeines Individuums sitzen. Aber der Satz von Atomen, der die einzelne Kopie eines Gens ausmacht, ist nicht von dauerndem Interesse. Er hat eine Lebenserwartung, die nur in Monaten gemessen wird. Wie wir gesehen haben, ist das langlebige Gen als Evolutionseinheit nicht irgendeine besondere physische Struktur, sondern der Text der Archivinformation, weitergegeben über Generationen. Dieser textförmige Replikator besitzt eine weitverteilte Existenz. Er ist weit im Raum auf verschiedene Individuen und weit in der Zeit über viele Generationen verteilt. Wenn man es solchermaßen aufgeteilt betrachtet, so kann man sagen, daß ein beliebiges Gen ein anderes »trifft«, wenn sie sich beide in einem gemeinsamen Körper befinden. Es kann »erwarten«, auf seinem Weg durch die geologische Zeit in unterschiedlichen Körpern zu unterschiedlichen Zeiten eine Vielfalt anderer Gene zu treffen. Ein erfolgreiches Gen blüht und gedeiht in den Umwelten, die von diesen anderen Genen gebildet werden und die es wahrscheinlich in Unmengen verschiedener Körper trifft. Wie wir sehen werden, ist »blühen und gedeihen in solchen Umwelten« gleichbedeutend mit »zusammenarbeiten mit diesen Genen«. Man kann das am deutlichsten an biochemischen Reihen sehen.
    Biochemische Reihen sind Sequenzen von chemischen Stoffen, die aufeinanderfolgende Stadien in irgendeinem nützlichen Prozeß bilden, etwa im Freisetzen von Energie oder der Synthese einer wichtigen Substanz. Jeder Schritt auf dem Pfad braucht ein Enzym - eines dieser großen Moleküle, die so gestaltet sind, daß sie wie eine Maschine in einer chemischen Fabrik funktionieren. Für verschiedene Schritte in der chemischen Reihe sind unterschiedliche Enzyme notwendig. Manchmal gibt es zwei oder mehr alternative chemische Reihen zum selben nützlichen Ziel. Obgleich beide Reihen im identischen nützlichen Resultat gipfeln, sind die Zwischenstadien auf dem Weg dorthin unterschiedlich, und normalerweise sind auch die Ausgangspunkte verschieden. Jede der beiden alternativen Bahnen erfüllt den Zweck, und es kommt nicht darauf an, welche der beiden man benutzt. Wichtig für jedes beliebige einzelne Tier ist zu vermeiden, beide Reihen gleichzeitig auszuprobieren, denn das führt zu chemischer Verwirrung, und das Resultat wäre Ineffizienz.
    Nehmen wir an, Reihe 1 benötige die Aufeinanderfolge der Enzyme A1, B1 und C1, um die gewünschte Chemikalie D zu synthetisieren, wohingegen Reihe 2 der Enzyme A2, B2 und C2 bedarf, um zum selben gewünschten Endprodukt zu gelangen. Jedes Enzym wird von einem speziellen Gen produziert. Um die Montagelinie für Bahn 1 zu entwickeln, ist es somit für eine Art nötig, daß die Gene mit dem Code A1, B1 und C1 sich alle zusammen entwickeln. Und um die alternative Montagelinie für Bahn 2 zu entwickeln, ist es für eine Art erforderlich, daß die Gene mit den Codes für A2, B2 und C2 miteinander »koevoluieren«. Die Wahl zwischen diesen beiden Koevolutionen wird nicht vorausgeplant. Sie ergibt sich, weil jedes Gen aufgrund seiner Verträglichkeit mit anderen Genen, die zufällig bereits in der Population vorherrschend sind, ausgelesen wird. Wenn die Population zufällig bereits reich an Genen für B1 und C1 ist, so wird eher ein Klima für das A1-Gen als für das A2-Gen geschaffen. Wenn umgekehrt die Population bereits reich an Genen für B2 und C2 ist, so wird eher ein Klima für die Auslese des A2-Gens als für das A1-Gen erzeugt.
    Es ist nicht ganz so einfach, aber der Leser versteht, was ich sagen will: Einer der wichtigsten Aspekte des »Klimas« für das Gedeihen oder Absterben eines Gens sind die anderen,

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