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Der Blinde Uhrmacher - Ein neues Plädoyer für den Darwinismus

Der Blinde Uhrmacher - Ein neues Plädoyer für den Darwinismus

Titel: Der Blinde Uhrmacher - Ein neues Plädoyer für den Darwinismus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dawkins
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eines einzigen wahren hierarchischen Einschachtelungsmusters in der Natur hat, das entdeckt sein will. Wir haben nichts anderes zu tun, als Methoden zu entwickeln, um es zu entdecken. Leider stoßen wir dabei auf praktische Schwierigkeiten. Das interessanteste Schreckgespenst für Taxonomen ist die evolutionäre Konvergenz. Das ist ein so wichtiges Phänomen, daß ich ihm bereits ein halbes Kapitel gewidmet habe. In Kapitel 4 sahen wir, daß wir immer wieder auf Tiere stoßen, die nichtverwandten Tieren in anderen Teilen der Welt ähnlich sehen, weil sie ähnliche Lebensweisen haben. Die Heeresameisen der Neuen Welt ähneln den Wanderameisen der Alten Welt. Seltsame Ähnlichkeiten haben sich zwischen elektrischen Fischen in Afrika und Südamerika entwickelt oder zwischen echten Wölfen und dem tasmanischen Beutel»wolf« Thylacinus. In allen diesen Fällen behauptete ich einfach ohne weitere Begründung, daß diese Ähnlichkeiten konvergent sind: daß sie sich unabhängig voneinander bei nichtverwandten Tieren entwickelt haben. Aber wissen wir, daß sie nicht miteinander verwandt sind? Wenn die Taxonomen Ähnlichkeiten dazu benutzen, um die Nähe der Verwandtschaft zu messen, warum ließen sie sich dann nicht täuschen durch die unheimlich großen Ähnlichkeiten, die diese Tierpaare zu verbinden scheinen? Oder drehen wir die Frage so herum, daß sie etwas beunruhigender wird: Wenn Taxonomen uns sagen, daß zwei Tiere wirklich eng verwandt sind - sagen wir einmal, Kaninchen und Hasen -, woher wissen wir dann, daß sie sich nicht durch massive Konvergenz haben täuschen lassen?
    Diese Frage ist tatsächlich beunruhigend, denn die Geschichte der Taxonomie kennt viele Fälle, in denen spätere Taxonomen ihren Vorgängern solche Fehler nachwiesen. In Kapitel 4 haben wir gesehen, daß ein argentinischer Taxonom erklärt hatte, die Litopterne seien die Vorfahren echter Pferde, wogegen sie heute als zu echten Pferden konvergent angesehen werden. Vom afrikanischen Stachelschwein nahm man lange an, es sei mit den amerikanischen Stachelschweinen eng verwandt, aber heute glaubt man, daß sie ihre Stachelfelle unabhängig voneinander entwickelt haben. Vermutlich waren die Stacheln für beide Tiere in den beiden Kontinenten aus ähnlichen Gründen nützlich. Wer will behaupten, daß nicht zukünftige Generationen von Taxonomen diese Ansicht wieder ändern werden? Welches Vertrauen können wir zur Taxonomie haben, wenn die konvergente Evolution ein derart mächtiger Verursacher von täuschenden Ähnlichkeiten ist? Der Hauptgrund, warum ich persönlich optimistisch bin, ist die Tatsache, daß leistungsfähige neue Techniken auf der Grundlage der Molekularbiologie entstanden sind.
    Rekapitulieren wir frühere Kapitel: Alle Tiere und Pflanzen und Bakterien, so verschieden sie auch voneinander zu sein scheinen, sind erstaunlich einheitlich, wenn wir auf ihre molekulare Grundlage zurückgehen - was sich auf dramatische Weise am genetischen Code selbst zeigt. Das genetische Wörterbuch besitzt 64 DNS-Wörter mit je drei Buchstaben. Für jedes einzelne dieser Wörter gibt es eine exakte Übersetzung in die Proteinsprache (entweder eine besondere Aminosäure oder ein Satzzeichen). Diese Sprache scheint in demselben Sinne willkürlich zu sein wie eine menschliche Sprache (dem Klang des Wortes »Haus« zum Beispiel wohnt nichts inne, das dem Hörer irgendein Attribut eines Heims suggeriert). Dies vorausgesetzt, ist es von großer Bedeutung, daß jedes lebende Wesen, gleichgültig, wie verschieden es in seiner äußeren Erscheinung von anderen sein mag, auf der Ebene der Gene fast genau dieselbe Sprache »spricht«. Der genetische Code ist universal. Das ist für mich ein fast überzeugender Beweis dafür, daß alle Organismen von einem einzigen gemeinsamen Vorfahren abstammen. Die Chance, daß in demselben Wörterbuch willkürliche »Bedeutungen« zweimal erscheinen, ist fast unvorstellbar klein. Wie wir in Kapitel 6 gesehen haben, mag es irgendwann einmal andere Organismen gegeben haben, die sich einer anderen genetischen Sprache bedienten, aber sie sind nicht mehr unter uns. Alle heute lebenden Organismen stammen von einem einzigen Vorfahren ab, von dem sie ein fast identisches, wenn auch willkürliches genetisches Wörterbuch geerbt haben, das in nahezu jedem seiner 64 DNS-Wörter identisch ist.
    Man male sich die Bedeutung dieser Tatsache für die Taxonomie aus. Vor dem Zeitalter der Molekularbiologie konnten Zoologen nur dann bei Tieren

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