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Der Blinde Uhrmacher - Ein neues Plädoyer für den Darwinismus

Der Blinde Uhrmacher - Ein neues Plädoyer für den Darwinismus

Titel: Der Blinde Uhrmacher - Ein neues Plädoyer für den Darwinismus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dawkins
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können, eine synchrone Evolution durchmachten? Welchen Überlebenswert kann ein Auge haben, das nicht sieht?«
     
    Diese lesenswerte Beweisführung wird sehr häufig vorgebracht, vermutlich, weil manche die Schlußfolgerung glauben wollen. Betrachten wir die Feststellung »wenn auch nur das Geringste schiefgeht ... wenn falsch fokussiert wird ... so entsteht kein erkennbares Bild«. Die Wahrscheinlichkeit, daß der Leser diese Worte durch Glaslinsen liest, dürfte ungefähr 50/50 sein. Nehme er sie ab und schaue sich um! Würde er zustimmen, daß »kein erkennbares Bild entsteht«? Wenn der Leser männlichen Geschlechts ist, so sind die Chancen 1 zu 12, daß er farbenblind ist. Er könnte außerdem ohne weiteres noch Astigmatismus haben. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß der Leser ohne Brille nur eine neblige Vorstellung von dem hat, was er sieht. Einer der hervorragendsten (wenn auch noch nicht geadelten) zeitgenössischen Evolutionstheoretiker putzt seine Brillengläser so selten, daß seine Sicht wahrscheinlich in jedem Fall nur ein nebliger Schimmer ist, und er scheint damit beachtlich weit zu kommen; und er pflegte, wie er selbst erzählte, nur mit einem Auge ein hartes Squash zu spielen. Wenn jemand seine Brille verloren hat, so beunruhigt er möglicherweise seine Freunde, weil er sie auf der Straße nicht erkennt. Aber er selbst wäre sogar noch stärker beunruhigt, wenn jemand ihm sagte: »Da deine Sicht nun nicht absolut perfekt ist, kannst du genausogut mit fest geschlossenen Augen herumlaufen, bis du deine Brille wiedergefunden hast.« Das jedenfalls ist es im wesentlichen, was der Autor des zitierten Absatzes vorschlägt.
    Ebenso behauptet er, als ob das so klar wäre, daß Linse und Retina nicht ohne einander arbeiten könnten. Woher nimmt er das Recht dazu? Jemand, der mir nahesteht, hat auf beiden Augen eine Kataraktoperation hinter sich. Ihre Augen haben überhaupt keine Linsen mehr. Ohne Brille könnte sie nicht einmal Tennis spielen oder ein Gewehr anlegen. Aber sie versichert mir, daß man mit einem Auge ohne Linse bei weitem besser fährt als ganz ohne Auge. Denn man kann noch feststellen, ob man drauf und dran ist, gegen eine Wand oder eine andere Person zu laufen. Wäre man ein wildes Tier, so könnte man das linsenlose Auge gewiß dazu benutzen, den undeutlich auftauchenden Schatten eines Räubers wahrzunehmen und die Richtung, aus der er sich nähert. In einer primitiven Welt, in der einige Lebewesen überhaupt keine Augen und andere linsenlose Augen hätten, würden die mit linsenlosen Augen über alle möglichen Vorteile verfügen. Und es gibt eine kontinuierliche Reihe von Xen, so daß jede winzige Verbesserung in der Bildschärfe, vom verschwimmenden Eindruck bis hin zur perfekten Sehschärfe des Menschen, glaubwürdig die Überlebenschancen des Individuums verbessert.
    Als nächstes zitiert der Autor des Buches Stephen Jay Gould, den anerkannten Paläontologen der Harvard-Universität: »Wir umgehen die vorrangige Frage: >Wozu sind fünf Prozent eines Auges gut?<, indem wir argumentieren, daß der Besitzer einer solchen Teilstruktur diese nicht zum Sehen benutzte.« Ein urzeitliches Tier mit fünf Prozent Augenlicht könnte es zwar für etwas anderes als zum Sehen benutzt haben, aber es scheint mir zumindest ebenso wahrscheinlich, daß es für ein fünfprozentiges Sehen taugte. Und ich glaube wirklich nicht, daß diese Frage so toll ist. Ein Sehvermögen von fünf Prozent im Vergleich zu meinem oder dem des Lesers ist außerordentlich besitzenswert verglichen mit gar keinem Sehvermögen. Genauso ist ein Prozent Sehvermögen besser als völlige Blindheit. Und sechs Prozent sind besser als fünf, sieben besser als sechs usw., aufwärts in der schrittweisen kontinuierlichen Reihe. Diese Probleme haben einigen Fachleuten zu schaffen gemacht, die über Tiere arbeiten, welche sich durch »Mimikry« vor Räubern schützen. Gespenstheuschrecken (Phasmida) sehen wie ein Stock aus und sind so davor sicher, von Vögeln gefressen zu werden. Die Gespenstheuschrecke der Gattung Phyllium, auch Wandelndes Blatt genannt, sieht wie ein Blatt aus. Viele eßbare Schmetterlingsarten sind geschützt, weil sie schädlichen oder giftigen Arten ähnlich sehen. Diese Ähnlichkeiten sind bei weitem eindrucksvoller als die zwischen Wolken und Wieseln. Oft sind sie eindrucksvoller als die Ähnlichkeit »meiner« Insekten mit echten Insekten. Echte Insekten haben schließlich sechs Beine und nicht acht. Aber die

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