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Der Blinde Uhrmacher - Ein neues Plädoyer für den Darwinismus

Der Blinde Uhrmacher - Ein neues Plädoyer für den Darwinismus

Titel: Der Blinde Uhrmacher - Ein neues Plädoyer für den Darwinismus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dawkins
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bestimmte embryonale Vorgänge für Variation in gewisse Richtungen hochgradig anfällig und gegenüber Variation in andere Richtungen sehr widerstandsfähig sind. Ich werde in Kap. 11 auf dieses Thema zurückkommen und mich hier darauf beschränken, wiederum den Unterschied zwischen kleiner und großer Veränderung hervorzuheben. Je geringer die Veränderung, die ich behaupte, je kleiner der Unterschied zwischen X” und X’, um so glaubwürdiger ist die betroffene Mutation vom Standpunkt der Embryologie. Im vorhergehenden Kapitel haben wir auf der Grundlage rein statistischer Beweise gesehen, daß jede beliebige spezielle große Mutation ihrer Natur nach weniger wahrscheinlich ist als eine spezielle kleine Mutation. Welche Probleme Frage 4 auch immer aufwerfen mag, wir können wenigstens sehen, daß sie um so kleiner werden, je geringer wir den Unterschied zwischen jedem beliebigen gegebenen X’ und X” machen. Meiner Meinung nach müssen, vorausgesetzt, daß der Unterschied zwischen benachbarten Zwischengliedern in unserer zum Auge führenden Serie genügend klein ist, die notwendigen Mutationen fast zwangsläufig eintreten. Wir sprechen schließlich immer von geringfügigen quantitativen Änderungen in einem bestehenden embryonalen Vorgang. Man vergesse nicht: So kompliziert der embryonale Status quo in jeder gegebenen Generation auch sein mag, jede mutationsbedingte Änderung in diesem Status quo kann sehr klein und einfach sein. Wir haben noch eine letzte Frage zu beantworten:
     
    5. Wenn wir jedes Glied in der Abfolge von Xen betrachten, die das menschliche Auge mit dem augenlosen Zustand verbindet, ist es plausibel, daß jedes davon gut genug arbeitet, um den betreffenden Tieren einen Vorteil bei Überleben und Fortpflanzung zu verleihen?
     
    So sonderbar es sein mag, es hat einige Leute gegeben, deren Meinung nach die Antwort auf diese Frage ein deutliches Nein sein muß. Lassen Sie mich zum Beispiel aus Francis Hitchings 1982 veröffentlichtem Buch mit dem Titel The Neck of the Giraffe or Where Darwin Went Wrong zitieren. Ich hätte im wesentlichen dieselben Worte aus fast jedem Traktat der Zeugen Jehovahs zitieren können, aber ich entschied mich für das Buch, weil ein respektabler Verlag (Pan Books Ltd) seine Veröffentlichung für richtig hielt, trotz einer Unzahl von Fehlern, die rasch entdeckt worden wären, wenn das Manuskript von einem arbeitslosen Biologen oder sogar einem Biologiestudenten durchgesehen worden wäre. (Die zwei Fehler, die mich am meisten entzückten, wenn der Leser mir zwei Insiderspäße gestatten will, sind: die Verleihung eines Adelsprädikats an Professor John Maynard Smith und die Darstellung von Professor Ernst Mayr, jenem redegewandten und höchst unmathematischen Erzkritiker der mathematischen Genetik, als »Hohepriester« ebendieser mathematischen Genetik.)
     
    »Damit das Auge funktioniert, muß die folgende Mindestzahl perfekt koordinierter Schritte stattfinden (es geschehen viele gleichzeitig, aber selbst eine grob vereinfachte Beschreibung reicht aus, um die Probleme für die Darwinsche Theorie aufzuzeigen). Das Auge muß sauber und feucht sein und wird in diesem Zustand gehalten durch die Wechselwirkung von Tränendrüse und beweglichen Augenlidern, deren Wimpern als rohe Filter gegen das Sonnenlicht wirken. Das Licht dringt dann durch einen kleinen transparenten Abschnitt der schützenden äußeren Hülle (der Hornhaut) ein und geht weiter durch eine Linse, die es auf der Rückseite der Retina bündelt. Hier verursachen 130 Millionen lichtempfindliche Stäbchen und Zapfen photochemische Reaktionen, die das Licht in elektrische Impulse umformen. Einige Billionen dieser Impulse werden auf Wegen, die noch nicht richtig erforscht sind, pro Sekunde zum Gehirn weitergegeben, und das Gehirn unternimmt dann die geeigneten Maßnahmen.
    Nun ist es recht offensichtlich, daß, wenn auch nur das Geringste unterwegs falsch läuft - wenn die Hornhaut trübe ist, oder sich die Pupille nicht richtig öffnet, oder die Linse undurchsichtig wird, oder falsch fokussiert wird -, kein erkennbares Bild entsteht. Das Auge funktioniert entweder als Ganzes oder überhaupt nicht. Wie geschah es denn dann, daß es sich durch langsame, stetige, unendlich kleine Darwinsche Verbesserungen entwickelte? Soll man wirklich glauben, daß durch zufälliges Zusammentreffen Tausende und Abertausende von Glücksfallmutationen eintraten, so daß Linse und Retina, die nicht ohne einander funktionieren

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