Der Blinde Uhrmacher - Ein neues Plädoyer für den Darwinismus
Fische ansehen. Die Mehrheit dieser rezenten Fische atmet im Wasser mit Kiemen, aber viele Arten, die in dreckigem, schlammigem Wasser leben, schnappen zusätzlich an der Oberfläche nach Luft. Sie benutzen die innere Mundkammer als eine Art grobe Protolunge, und dieser Hohlraum wird gelegentlich zu einer Atemtasche erweitert, die reich an Blutgefäßen ist. Wie wir gesehen haben, ist es nicht schwierig, sich eine kontinuierliche Reihe von Xen vorzustellen, die eine einzige Tasche und einen sich verzweigenden Satz von 300 Millionen Taschen wie bei einer heutigen menschlichen Lunge verbindet.
Interessanterweise haben sich viele rezente Fische ihre einzelne Tasche bewahrt und benutzen sie für einen völlig anderen Zweck. Obwohl sie anfangs wahrscheinlich eine Lunge war, ist sie im Laufe der Evolution zu einer Schwimmblase geworden, einer genialen Einrichtung, mit der sich der Fisch hydrostatisch im Gleichgewicht mit dem Wasser hält. Ein Tier, das in seinem Inneren keine Luftblase hat, ist gewöhnlich ein wenig schwerer als Wasser und sinkt somit auf den Grund. Deswegen müssen Haie ständig schwimmen, wenn sie nicht sinken wollen. Tiere mit großen Lufttaschen im Inneren wie wir Menschen mit unseren großen Lungen tendieren dazu, zur Oberfläche aufzusteigen. Irgendwo in der Mitte dieses Kontinuums gibt es einen Punkt, wo ein Tier, mit einer Luftblase von genau der richtigen Größe, weder sinkt noch nach oben steigt, sondern ständig in einem anstrengungslosen Gleichgewicht schwebt. Diesen Trick haben die rezenten Fische, mit Ausnahme der Haie, vervollkommnet. Im Unterschied zu den Haien verschwenden sie keine Energie darauf, sich selbst am Sinken zu hindern. Flossen und Schwanz dienen zum Steuern und raschen Antrieb. Sie benötigen nicht länger Luft von außen, um die Luftblase zu füllen, sondern besitzen besondere Drüsen, um Gas herzustellen. Sie benutzen diese Drüsen und andere Mittel, um das Gasvolumen in der Luftblase genau zu regulieren, und halten sich somit in einem hydrostatischen Gleichgewicht.
Verschiedene Arten rezenter Fische können das Wasser verlassen. Ein Extremfall ist der indische gemeine Kletterfisch, der häufig aus dem Wasser geht. Er hat für sich eine ganz andere Art von Lunge entwickelt als die unserer Vorfahren - und zwar eine die Kiemen umgebende Luftkammer. Andere Fische leben im wesentlichen im Wasser, unternehmen aber kurze Raubzüge außerhalb des Wassers, so wie wahrscheinlich auch Vorfahren der Landwirbeltiere. Das Interessante daran ist, daß ihre Dauer kontinuierlich variieren kann, bis hinunter zur Nulldauer. Wenn ich ein Fisch bin, der im wesentlichen im Wasser lebt und atmet, sich aber gelegentlich ans Land wagt, vielleicht, um von einem Schlammloch zum anderen wandernd in einer Dürrezeit zu überleben, so könnte ich nicht nur von einer halben Lunge, sondern sogar von einem Hundertstel einer Lunge einen Vorteil haben. Es kommt nicht darauf an, wie klein meine uranfängliche Lunge ist, es muß irgendeine Zeitspanne außerhalb des Wassers geben, die ich mit der Lunge gerade noch aushalten kann und die ein kleines bißchen länger ist, als ich es ohne die Lunge hätte aushalten können. Zeit ist eine kontinuierliche Variable. Es gibt keine strikte Trennungslinie zwischen im Wasser atmenden und luftatmenden Tieren. Verschiedene Tiere verbringen vielleicht 99 Prozent ihrer Zeit im Wasser, oder 98, 97 und so weiter bis hinunter zu null Prozent. Bei jedem Schritt auf diesem Weg wird ein minimaler Zuwachs an Lungenfläche ein Vorteil sein. Wir haben es die ganze Zeit mit Kontinuität, mit stufenweisem Fortschritt zu tun.
Was für einen Zweck hat ein halber Flügel? Wie begann die Entwicklung von Flügeln? Viele Tiere hüpfen von Ast zu Ast, und manchmal fallen sie herunter. Besonders bei einem kleinen Tier fängt die ganze Körperoberfläche Luft ein und hilft beim Sprung oder mindert den Fall, indem sie als grobe Tragfläche fungiert. Jede Tendenz, das Verhältnis von Oberfläche zu Gewicht zu vergrößern, wäre hilfreich, beispielsweise Hautlappen, die aus den Gelenkwinkeln herauswachsen. Von da an haben wir eine kontinuierliche Reihe von Abstufungen bis zu Gleitflügeln und von dort bis zu schlagenden Flügeln. Es ist klar, daß es Entfernungen gibt, die von den ersten Tieren mit Protoflügeln nicht übersprungen werden konnten. Ebenso offensichtlich muß es für jeden beliebigen Grad der Kleinheit oder Grobheit solcher luftauffangender Oberflächen bei urzeitlichen Tieren
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