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Der Blumenkrieg

Der Blumenkrieg

Titel: Der Blumenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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sich mit der Hüfte gegen das Bett und riß mit aller Kraft. Es gab einen lauten Knall und eine grünlichblaue Stichflamme, und die Schnur war heraus. Einen Moment lang sah er einen bläulichen Feuerkreis auf der Steckdosenplatte weiterflackern, dann war sogar das Loch verschwunden, und nur glattes Holz blieb zurück.
    Er betrachtete die in seiner Hand baumelnde Schnur. Die Verdickung an dem Ende, mit dem sie in der Dose gesteckt hatte, war glatt wie Elfenbein und sah aus, als ob sie gerade von der Spitze eines Elefantenzahns abgesägt worden wäre.
    Die Uhr, oder was es sonst für ein Teufelsding sein mochte, war bereits wieder kühl.
     
    T heo steckte den Kopf in den Gang hinaus. Apfelgriebs war schon mindestens eine Stunde weg, und er konnte seine Unruhe nicht mehr bezähmen. Er blickte in die Richtung von Rainfarns Labor oder wie es sich sonst schimpfte, doch er hatte nicht die Absicht, ungebeten hereinzuplatzen und den Elf in seiner Abneigung gegen Menschen zu bestärken, indem er ihn zu einem ungünstigen Zeitpunkt störte. Nein, lieber sich in der anderen Richtung ein bißchen die Beine vertreten. Schließlich war er hier kein Gefangener, oder?
    Oder?
    Er trat in den Gang und fragte sich, warum dieser länger zu sein schien als vorher. Wie groß konnte dieses Haus denn sein? War es der Hauptsitz der Sonnenstichkommune oder wie Apfelgriebs den Verein genannt hatte – Theo konnte sich nur noch erinnern, daß es sich wie der Name eines Biohofs angehört hatte –, oder war es ein separates Gebäude? Tja, ein Blick durch ein Fenster hätte ihn schlauer gemacht und ein Gang nach draußen an die Luft noch mehr.
    Er spähte zu dem Himmelsausschnitt hinauf, der durch ein Oberlicht zu sehen war. Nach seinem Zeitgefühl mußte es später Nachmittag sein, und das blaue Rechteck über ihm sah jedenfalls aus, als könnte das hinkommen.
    Vielleicht sollte ich eine Spur aus Brotbröckchen legen, dachte er. Dabei fiel ihm ein, daß er nichts gegessen hatte, seit er in Elfien war, und außer Flußwasser auch nichts getrunken, und letzteres eher unfreiwillig. Ich habe ein Ziel, sagte er sich. Ich werde die Küche suchen gehen.
    Natürlich war das am Ende viel schwieriger als gedacht. Das Haus, das anscheinend überall im selben hellen, kargen Stil gehalten war wie die Teile, die er bereits kannte, erschien ihm nicht nur groß, sondern in seiner Anlage auch eigentümlich unvorhersehbar. Immer wenn er meinte, er hätte das Prinzip verstanden, und damit rechnete, um eine Ecke zu biegen und wieder in einem großen Flur zu stehen wie dem vor seinem Zimmer, stand er statt dessen vor einem abgesenkten Wohnzimmer mit einem Teich und lebenden Bäumen, die durch sorgsam geschnittene Aussparungen in den Fußbodendielen wuchsen, oder vor der Tür einer Speisekammer mit Beuteln und Kanistern in den Regalen. Einige davon, vielleicht auch alle, konnten durchaus Lebensmittel enthalten, aber nicht wenige wackelten auf ihrem Bord vor sich hin oder gaben sogar leise Quietschtöne von sich, so daß er kein Interesse an einer näheren Untersuchung hatte.
    Noch sonderbarer war die Art, wie einige der Räume direkt vor seinen Augen verschwanden oder den Anschein machten, vor allem solche, die Fenster nach draußen hatten. Zum Beispiel erblickte er am Ende einer Reihe miteinander verbundener, offener Zimmer ein Stück diesigen Himmel, doch im letzten Zimmer angekommen hatte er nur einen weiteren Gang vor sich, in dem nirgends ein Fenster oder etwas auch nur entfernt Himmelfarbiges zu sehen war. Einmal kam er an eine Art Salon mit großen, niedrigen Couchen und einem Panoramafenster über eine ganze Wand – er sah die bewaldete grüne Flanke eines Berges, dessen Kuppe gerade von den letzten Strahlen der untergehenden Sonne beschienen wurde, während die Wolken darüber sich lachsrosa verfärbten. Doch als er in das Zimmer trat, war das ganze Fenster weg, und seinen Platz hatte eine glänzende schwarze Steinplatte eingenommen. In der Annahme, es könnte ein Polarisationseffekt sein, trat er vor den Eingang des Raumes zurück, doch obwohl das Licht jetzt sehr ansprechend auf der blanken Oberfläche schimmerte, war und blieb diese schwarz.
    Wollen sie verhindern, daß ich hinausschaue? Oder daß jemand anders mich sieht?
    Öfter hörte er Leute reden, konnte sie aber niemals entdecken. Einmal meinte er sogar, Apfelgriebs’ helles, hohes Stimmchen hinter einem Wandbehang zu erkennen, als ob sie in einem Zimmer unmittelbar dahinter wäre, doch als er

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