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Der Blumenkrieg

Der Blumenkrieg

Titel: Der Blumenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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meistens zum Kräutersammeln und dergleichen – er ist ganz vernarrt in die Wissenschaft, aber er ist keine Kräuterfrau. Und ich mache ab und zu Besorgungen für ihn in der Stadt, Bücher finden, die er braucht, seltene Zauber, solche Sachen. Es ist gar nicht so einfach, andere Arbeit in der Stadt zu finden, deshalb war ich ganz einverstanden, als er mich fragte, ob ich das tun wollte – zumal die Bezahlung gut ist.«
    »Aber … aber warum hat er nicht jemand geschickt, der … äh …«
    »Der größer ist?« Sie blickte ärgerlich. »Drucks nicht so rum, du, ich weiß, was du sagen willst. Da sieht man mal, was du für eine Ahnung hast. Je kleiner einer ist, um so reibungsloser geht der Übergang vonstatten und um so weniger Energie ist daher erforderlich. Trotzdem wette ich, daß sämtliche Lichter hier ausgegangen sind, als ich übergewechselt bin.«
    Theo seufzte. »Das heißt, zu allem anderen wird es auch noch eine Riesenmenge Energie kosten, mich zurückzuschicken?«
    »Leicht ist es nicht«, räumte sie ein. »Deshalb nennt man es ja auch ›Wissenschaft‹.«
    »Dann bin ich also vollkommen am Arsch.« Eine Welle des Jammers überspülte ihn. Man sagte, daß einer seine Heimatstadt erst schätzen lernt, wenn er sie verläßt. Wie war das dann mit einer ganzen Welt?
    Apfelgriebs musterte ihn eine Weile. »Weißt du was«, sagte sie. »Ich werde mal mit ihm reden – mit Rainfarn. Für eine Blume ist er gar kein schlechter Kerl.«
    Theo warf ihr einen vergrämten Blick zu. »Bestimmt. Prügelt wahrscheinlich kaum je die Diener tot und so.«
    »Hör endlich auf, dich selbst zu bemitleiden. Bleib hier, ich bin bald wieder da.« Sie schwang sich vom Bett auf und blieb kurz in der Luft stehen, als wollte sie noch etwas sagen, dann aber drehte sie um und schoß mit kolibriartig schwirrenden Flügeln zur Tür hinaus.
    Gelangweilt und niedergeschlagen stand Theo auf und fing an, in dem engen Raum hin- und herzugehen, wobei er mit der Hand über die Wandbehänge strich, die sich an der Haut eher wie eine Flüssigkeit anfühlten als wie Tuch. Er blieb vor dem Gebilde stehen, das wie eine Uhr aussah, und betrachtete die fremdartigen Zeichen an den Rändern des dreieckigen Zifferblattes. Das Ding sieht wirklich aus wie ein Radiowecker, dachte er. Ich könnte ein bißchen Musik hören, während ich warte. Das wäre echt interessant, was? Musik hören, die in einer vollkommen anderen Welt komponiert wurde?
    Er berührte einen der kleinen versilberten Höcker auf der Holzoberfläche, doch falls es ein Knopf war, reagierte er anscheinend nicht darauf. Theo drückte einen anderen, dann stieß er das Ding vor Schreck vom Nachttisch aufs Bett, als eine flüsternde Stimme herauskam und in einer Sprache, die er nicht verstand, eine Frage stellte, jedenfalls dem Tonfall nach zu urteilen. Das Ding hüpfte auf der Tagesdecke ein Stück nach vorn, doch die Spiralschnur, an der es hing, verhinderte, daß es weiterkam. Die flüsternde Stimme sagte nichts mehr.
    Er wartete sicherheitshalber eine Weile, dann nahm er das Radioweckerdingsbums in die Hand und probierte einen anderen Knopf. Zuerst dachte er, es würde sich wieder nichts tun, bis er merkte, daß das Holz unter seinen Fingern glühend heiß wurde. Er schrie auf und ließ das Ding abermals aufs Bett fallen. Ein Rauchfähnchen stieg an der Stelle auf, wo es lag, und so riß er es vom Bett und hielt es an der Schnur hoch.
    »Scheiße! Was mache ich bloß?« fluchte er vor sich hin – immer ein schlechtes Zeichen. Rainfarn wäre begeistert, wenn ich den Familiensitz abfackele.
    Das Ding wurde immer heißer, er fühlte es auf der nackten Haut, obwohl er es so weit wie möglich von sich weghielt. In seiner Panik schob er mit den Beinen das Bett ein Stück von der Wand zurück, damit er die Steckdose erreichen konnte, ohne daß die Uhr an etwas Entzündliches kam. Er hatte seine liebe Not damit, und als er sich bückte und hektisch hinter dem Bett herumtastete, schwang das Uhrding zurück und knallte ihm gegen den Kopf. Es war ein Gefühl wie das eine Mal, wo er eine von Cats Brennscheren aufgehoben hatte, ohne zu merken, daß sie eingesteckt war, und er stieß einen Schmerzensschrei aus.
    Schließlich bekam er die Schnur unmittelbar vor einem in die Wand eingelassenen Rechteck aus hellem Holz zu fassen, das eine Art Steckdose zu sein schien. Er zerrte kräftig, doch die Schnur kam nicht heraus. Die Uhr pendelte ihm abermals an den Kopf und sengte ihm eine Locke an. Er stemmte

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