Der Blut-Pirat
setzte auch nicht mehr nach. Er riss die Hände hoch und drückte die Finger gegen seinen Hals. Mit den Nägeln riss er dort die weiche Haut ab. Es war ein erschreckendes Bild. Ich konnte davon ausgehen, dass er nicht überleben und sehr langsam sterben würde. Diesmal für immer.
Mitleid empfand ich nicht. Auf keinen Fall mit Kreaturen, wie er eine war.
Er würgte seine Zunge hervor, die aussah wie ein alter Lappen, dann drehte er sich im Fallen herum und blieb auf dem Bauch liegen.
Keine Chance mehr.
Ich wollte auch nicht weiter auf den zuckenden Körper schauen. Wichtig war nur, dass ich mehr erfahren und Mallmann wieder einen seiner Diener genommen hatte.
Rabanus!
Dieser Name spukte durch meinen Kopf. Man hatte ihm auch einen Kampfnamen gegeben. Rabanus, der Blut-Pirat. Das hörte sich verflucht gefährlich an, sicherlich war er es auch.
Und Mallmann alias Dracula II?
Ich konnte mir vorstellen, dass ihm dieser Konkurrent keineswegs zu Freudensprüngen verhalf. Das sah mir ganz nach einem Vampirkrieg aus.
Mal sehen, ob wir da die lachenden Dritten sein konnten…
***
Ich war durch das zerstörte Fenster in Hogans Büro geklettert, wo sich bereits ein als Sanitäter ausgebildeter Wachtposten um seine Verletzungen kümmerte.
Suko stand daneben und schaute zu.
Die beiden Diebe saßen als traurige Figuren auf ihren Stühlen und wussten nicht, wo sie hinschauen sollten.
»Hat alles geklappt?« fragte Suko.
Ich deutete auf den Rest des am Boden liegenden Blutsaugers. »Ja, genau wie bei dir.«
»Ist okay.«
Wir warteten, bis der Sanitäter verschwunden war. Hogan wollte noch bleiben, auch wenn er nur nuschelte, anstatt zu sprechen. Zwei breite Pflaster, um die Verbandmull gelegt worden war, zierten sein Gesicht. In seinen Augen las ich noch immer das Nicht-Begreifen.
Für ihn war eine Welt zusammengebrochen.
»Es war gut, dass wir sie erwischt haben«, sagte ich und nahm auf der Schreibtischkante Platz. Mit einem Taschentuch wischte ich über meinen feuchten Nacken.
»Wieso?« fragte Suko.
»Der eine hat geredet.«
Sukos Augen leuchteten auf. »Und? Können wir weitermachen? Hast du eine neue Spur?«
»Ja, sie heißt Rabanus.«
Er schaute mich ebenso komisch an, wie ich den Vampir angesehen hatte. »Rabanus«, wiederholte er. »Verdammt noch mal, den Namen habe ich noch nie gehört.«
»Ich vorher auch nicht.«
»Und jetzt?«
»Werden wir ihn suchen.«
»Wie schön. Sicherlich weißt du auch, wo du dabei anfangen willst – oder?«
»Kann ich dir sagen.«
»Bitte.«
Ich deutete auf die Diebe. »Die Adresse, die sie uns angegeben haben, muss so etwas wie eine Kontaktstelle gewesen sein. Etwas anderes kann ich mir nicht erklären.«
»Und sonst?«
»Nichts weiter«, sagte ich leise und streckte mich. »Da müssen wir hin. Für diesen Rabanus war das Blut bestimmt, und ich gehe mal davon aus, dass es gereicht hat.«
»Für eine Erweckung?«
»Ja.«
»Dann ist Rabanus ein Vampir.« Ich nickte sehr langsam und fügte noch hinzu: »Nicht nur ein Vampir, er ist noch mehr.«
»Was denn noch?«
»Eine Kreatur der Finsternis!«
Suko wusste Bescheid, die anderen nicht. Deshalb schauten auch sie ziemlich ungläubig oder neutral. Mein Freund aber schrak zusammen, und seine Gesichtszüge verhärteten sich. Wie ich, so wusste auch er, welche Erfahrungen wir mit diesen Dämonen gesammelt hatten, die in diesen perfekten Masken auftraten und so gut wie kaum durchschaut werden konnten. Das war schon schlimm.
»Was ist dieser Rabanus denn nun? Ein Vampir oder eine Kreatur der Finsternis?«
»Beides.«
Suko überlegte und fragte dann nach einem Grund. »Gibt es den überhaupt?«
»Ich habe keine Ahnung. Aber Mallmann muss Wind von der Sache bekommen haben. Ich glaube nicht, dass er sich einen so starken Konkurrenten leisten kann.«
»Das sehe ich auch so, John. Was bleibt, ist Feindschaft – Todfeindschaft und Vernichtung, wobei keiner von uns weiß, wer von beiden stärker ist und wem wir die Daumen drücken sollen.«
»Keinem!«
»Tatsächlich?«
»Wir können nur hoffen, dass sie gleich stark sind. Wäre doch toll, wenn sie sich gegenseitig vernichten – oder? Zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen und dazu noch die lachenden Dritten zu sein, das stünde uns mal zu.«
»Und was träumst du nachts?« fragte Suko. »Ich für meinen Teil hege da keine großen Hoffnungen. Bleiben wir mal wieder in der Gegenwart. Wenn mich nicht alles täuscht, können wir hier unsere Zelte abbrechen. Die
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