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Der Blutfluch: Roman (German Edition)

Der Blutfluch: Roman (German Edition)

Titel: Der Blutfluch: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Cristen
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Mutter keinen Kummer machen, sie liebte sie. Mehr als den Vater oder die Schwester. Dennoch fand sie, dass sie ein Recht auf ihre Träume hatte, egal, ob sie nun vernünftig waren oder nicht.
    »Beatrix ist eine wunderschöne Braut«, verteidigte sie ihre Bewunderung für die Königin. »Etwas Besonderes geht von ihr aus. Kein Wunder, dass der Kaiser sie der Nichte des Basileus von Konstantinopel vorgezogen hat.«
    »Er zieht die fünftausend Kriegsknechte vor, die zu ihrer Mitgift gehören. Das ist der wahre Grund für die Heirat«, erhielt sie trocken zur Antwort. »Und jetzt komm, wenn im Königshof auf der linken Mainseite die Fanfaren zum Bankett blasen, strömt das Volk auf die Festwiese. Dort werden wir gebraucht.«
    Ihre Mutter hatte recht. Aliza, Sizma und den anderen jungen Frauen des Stammes blieb keine Zeit zur Muße. Milosh und Tal strichen die Fideln, die Mädchen tanzten und schlugen im Tanz das Tamburin dazu. Je schneller und peitschender der Rhythmus wurde, umso aufreizender flogen ihre Rocksäume, die Fransenschals und das offene Haar.
    Das Spektakel der »Ägypter« lockte reihenweise Neugierige an. Würzburger, Hochzeitsgäste und Mitglieder des kaiserlichen Hofes bildeten mit Kriegsknechten, Rittern, Reisenden und Mönchen einen dichten Kordon um die Handvoll Tänzerinnen. Ihre Flitterkleider und die fremdartige Musik stachen sogar Wurfbuden, Wunderheiler, Bärenführer und Akrobaten aus. Immer dichter wurde das Gedränge. Münzen flogen zwischen die bloßen Füße der Mädchen. Die Kleinsten des Stammes lasen sie geschickt aus dem Staub auf, ohne den Wirbel der Frauen ein einziges Mal zu behindern.
    Obwohl ihre Sohlen mittlerweile brannten und das Gewand ihr verschwitzt am Körper klebte, ging Alizas Atem gleichmäßig. Die Lider halb gesenkt, beobachtete sie das Getümmel. Das Wanderleben hatte die Menschenkenntnis der Siebzehnjährigen geschärft, sie vermochte Menschen erstaunlich treffend einzuordnen.
    Den meisten Männern war die Begierde ins Gesicht geschrieben. Die Frauen des Stammes waren Freiwild für ihresgleichen. Fahrende Dirnen, die außerhalb von Recht und Gesetz standen. Sie ängstigten sie. Sie hoffte, die Stadtbüttel würden auch die Festwiese im Auge behalten. Nicht überall kümmerte man sich um die Sicherheit des fahrenden Volkes, aber zum Schutz der kaiserlichen Hochzeit würden die Ordnungshüter sicher umfassende Aufsicht üben, beruhigte sie sich.
    Ehrbare Frauen, Mägde und Bürgerinnen machten jedoch trotzdem einen Bogen um diesen Bereich des Festplatzes. Wenn sie sich den Fahrenden überhaupt näherten, so taten sie es verstohlen, um die Dienste von Alizas Mutter und der älteren Frauen zu suchen. Hinter Zeltwänden oder im Schatten der Wagen ließen sie sich für ein paar Kupfermünzen die Zukunft aus zögernd ausgestreckten Händen lesen oder sich aus den Karten Rat holen. Meist verdienten die Wahrsagerinnen mehr als die Kesselflicker und Korbflechter der Tamara. Sogar mehr als die Tänzerinnen. Gerne hätte auch Aliza das Handlesen gelernt, aber die Mutter weigerte sich, sie in die Geheimnisse einzuweihen.
    »Dir fehlt die Gabe dafür, Herzchen. Es geht nicht darum, einer unglücklichen Jungfer Hoffnung auf einen reichen Freier zu machen. Jede Vorhersage lädt auch die Verantwortung dafür auf dein Gewissen. Sei froh, wenn du nichts damit zu tun hast. Es ist gefährlich, zu viel zu wissen.«
    Aliza sah es ein, so verhasst es ihr auch war, vor fremden Menschen zu tanzen. Das Johlen und die zweideutigen Scherze konnte sie überhören, aber die Blicke brannten wie Feuer auf der Haut. Im Gegensatz zu Sizma, die sich ganz der Musik hingab und vom Beifall angestachelt die Rocksäume wirbeln ließ, während sie sich wie eine Schlange um die eigene Achse drehte, widerstrebte es ihr zutiefst, Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Sizma verlor sich mit Leib und Seele im Tanz. Aliza hätte sich am liebsten in Nebel gehüllt und unsichtbar gemacht.
    Sie ahnte nicht, dass gerade diese Befangenheit sie im Wirbel der Tänzerinnen zu etwas Besonderem machte. Von hellerer Haut als alle anderen, das Haar unter einem Tuch verborgen, umgab sie ein Geheimnis, das die Zuschauer in Bann schlug. Kein Mann war unter ihnen, der nicht gerne gewusst hätte, weshalb sie ihr Haar verbarg und warum ihr Tanz, obwohl weniger aufreizend als der der anderen, doch die Sinne ansprach.
    Die Fideln endeten mit einem Vogeltriller, die Schellen an den Tamburinen verstummten. Für einen Moment herrschte

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