Der Blutkönig: Roman (German Edition)
ihn selbstsicher genug, nun um sie zu werben. An vernünftigeren Tagen schalt er sich selbst dafür, gleich zwei so hoffnungslose Aufgaben übernommen zu haben. Die meiste Zeit jedoch schob er die Zweifel beiseite und war überrascht, dass er überhaupt wieder an etwas glauben konnte.
Vahanian wischte sich mit dem Unterarm den Schweiß von der Stirn, nachdem Kiara und er eine weitere Kampfrunde beendet hatten.
»Du bist gut, verdammt gut.« Vahanian nahm einen großen Schluck Wasser aus einem Eimer in einer Ecke des Raums. »Jetzt verstehe ich, warum Tris’ Ostmark-Tritt sich so verbessert hat – er hat mit dir geübt.«
Kiara, deren Tunika nass vor Schweiß war, grinste. »Danke. Aber die Art, wie du diese Bewegungen kombinierst, verblüfft mich immer wieder. Mein Waffenmeister in Isencroft wüsste nicht, was er mit dir machen soll!« Das kastanienfarbene Haar der Prinzessin war in einen praktischen Zopf geflochten und sie war in die von ihr bevorzugten Hosen und eine Tunika gekleidet. Ihre mandelförmigen dunklen Augen und die dunkle Färbung ihrer Haut ließen ihr Ostmarkblut erkennen.
Vahanian kicherte und streckte ihr die Wasserkelle hin. »Schmale Gassen und Schlachtfelder sind zwei verschiedene Paar Schuhe. Da wird nicht nach Punkten gewertet, sondern nur nach Blut.« Kiara war die erste wirkliche Herausforderung, die er getroffen hatte, die den ostmärkischen Kampfstil beherrschte, seit er seinerzeit bei den Nargi Kriegsgefangener gewesen war. Er empfand ihre pure Kampftechnik als ein interessantes Pendant zu seiner eigenen, die er in Kämpfen erworben hatte, die man nicht nach den Regeln führte. Dennoch waren sie sich ebenbürtig. Jae, Kiaras Gyregon, hockte derweil hoch oben in den Dachsparren der Halle, von wo er einen ausgezeichneten Blick auf den Waffenboden hatte und zischte.
»Die Sonne ist aufgegangen. Die anderen werden gleich hier sein.« Kiara legte die Kelle wieder ab, nachdem sie sich satt getrunken hatte.
Soterius rief ihnen eine Begrüßung zu, als er und Carroway die Halle betraten. »Wer hat heute gewonnen?«
»Wie immer war es unentschieden«, lachte Kiara. »Ich habe ihn einmal geschlagen, er hat mich einmal besiegt und in der dritten Runde haben wir uns gegenseitig genug angetan, um gemeinsam festzustellen, wie uneins wir sind!«
»Habt ihr schon angefangen?«, rief Berry – Prinzessin Berwyn – vom Eingang her. Sie trug ein einfaches Unterkleid und leichte Schuhe. »Habe ich etwas verpasst?«
Vahanian seufzte scherzhaft. »Hast du keinen Unterricht oder so etwas?«
Berry sah ihn mürrisch an. »Natürlich habe ich Unterricht. Ich habe ihn für heute beendet. Und ich denke, wir alle sehen ein, dass eine Prinzessin sich selbst verteidigen können sollte.« Das spitzbübische Funkeln in ihren Augen zeigte, wie sehr sie die verbalen Duelle mit Vahanian genoss. »Carroway hat freundlicherweise zugestimmt, meinen Unterricht im Messerwerfen fortzusetzen.« Sie winkte kurz mit ihrer rechten Hand und ein Messer fiel ihr in die Handfläche. »Und außerdem«, beschwerte sie sich und klang haargenau wie die zehnjährige Prinzessin, die sie ja auch war, »ist Unterricht langweilig. Ihr macht Geschichte.«
Später am Tag trainierten sie mit Schwertern und den Kampf Mann gegen Mann. Als es dunkel wurde, schloss Mikhail sich ihnen an. Mikhail gab einen hervorragenden Sparringspartner ab, denn er vereinte in sich die Geschwindigkeit eines Vayash Moru mit den kriegerischen Fähigkeiten eines Kampfstils, der vor 200 Jahren entwickelt worden war.
Was Carroway an Kraft fehlte, das glich er mit Geschmeidigkeit und einem guten Auge für ein Ziel aus. Mit seinem blauschwarzen, langen Haar und den von langen Wimpern umrahmten hellblauen Augen war Carroway bei den Damen sehr beliebt – und darüber hinaus sah er sehr gut aus, beinahe schön. Das machte seine tödliche Treffsicherheit mit dem Dolch sogar noch unerwarteter.
Jae flatterte jetzt von der Decke hinab, um Kiara in einer Übungsrunde zu unterstützen. Er täuschte an und stieß auf den Gegner herab, gab sich aber Mühe, seine rasiermesserscharfen Krallen eingezogen zu lassen. Als der kleine Gyregon müde wurde, war Berry glücklich, ihn in ihrem Schoß willkommen zu heißen. Dort rollte er sich zusammen und war es zufrieden, mit den Leckereien gefüttert zu werden, die sie immer in einer Tasche ihres Gewandes mit sich herum zu tragen schien. Auch wenn Jae hier am Hof mitunter mit einem Haustier verwechselt wurde, Vahanian hatte bereits
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