Der Blutkönig: Roman (German Edition)
Publikum liebte sie, sogar als es eine bewegende Klage wurde. Vahanian sah Emotionen in Carinas Augen aufflackern, die auf eine eher traurige Aufnahme des Liedes schließen ließen.
»Ich glaube, es wird wirklich Zeit für mich«, murmelte sie und unterdrückte ein Gähnen.
»Lass mich dich begleiten«, bot Vahanian an. »Es ist viel los heute Abend«, fügte er hinzu, bevor sie ablehnen konnte. »Staden kann nicht alle persönlich kennen. Ich würde mich besser fühlen, wenn ich wüsste, dass du sicher in deinen Räumen bist.« Seine Hand fiel auf sein Schwert, das an seinem Gürtel hing. Auf Berrys Bitte und in Anerkennung der ungewöhnlichen Umstände erlaubte Staden Vahanian die große Ehre, sein Schwert auch in Anwesenheit des Königs tragen zu dürfen.
Carina sah für einen Moment so aus, als würde sie ablehnen wollen, lächelte dann aber. »Danke. Ich bin ein wenig zu müde, um irgendjemanden heute Abend mit meinem Stab zu verprügeln. Außerdem habe ich ihn in meinem Zimmer vergessen«, witzelte sie.
Die äußeren Korridore waren beinahe leer, als sie sich den Weg von den öffentlichen Räumen weg bahnten. Carina verlangsamte ihre Schritte, als sie durch eine nach draußen offene Loggia gingen. Unter ihnen im Hof brannte immer noch eines der Lagerfeuer als Teil der abendlichen Festlichkeiten. Sie konnten die Wärme spüren, die davon ausging und den aufsteigenden Rauch.
Carina begann zu zittern, und er bot ihr seinen Mantel an. »Ich vermisse die Wintersonnenwende in Isencroft«, sagte sie leise. »Es war immer wunderbar. Ich weiß nicht, ob es jemals wieder so sein wird.«
»Vielleicht nicht.« Vahanian sah über den Hof, in den sich jetzt das fröhliche Treiben und die Lieder von innerhab des Palastes verlagerten. »Die Dinge ändern sich. Manchmal sogar zum Besseren.«
Vahanian streckte die Hand aus, legte einen Finger unter Carinas Kinn und hob es hoch. Der Ausdruck auf ihrem Gesicht war offen und nicht zurückhaltend. »Irgendetwas bedrückt dich, seit wir hergekommen sind. Was auch immer passiert ist, es passierte vor langer Zeit. Sich selbst zu vergeben ist schwer. Aber die Leute, denen etwas an dir liegt, würden dir gerne helfen.« Ihre Augen füllten sich mit Tränen und sie wandte sich ab, aber sie schüttelte seinen Arm um ihre Schultern nicht ab, als sie die ganze Länge der Loggia entlang gingen. Sie hielten an der Tür zu den Zimmern, die sie mit Kiara teilte und Carina schlüpfte aus Vahanians Mantel.
»Den wirst du brauchen, es ist kalt draußen.« Carina gab ihm den Mantel zurück. »Ich danke dir.«
»Ich danke für die Gesellschaft. Ich habe die Wintersonnenwende seit Jahren nicht mehr gefeiert.« Er griff nach ihrer Hand und küsste ihren Handrücken. Um den Moment etwas aufzuheitern, machte er eine übertriebene Verbeugung und schlug die Hacken seiner Stiefel aneinander. »Schlafen Sie gut, M’Lady.«
Er konnte ihr Lächeln oder ihren Gesichtsausdruck nicht deuten, oder die Gefühle in ihren Augen. »Ihr auch, M’Lord.«
Carina schlüpfte durch den Eingang und schloss die schwere Tür hinter sich.
KAPITEL ELF
A M T AG DES großen Banketts zu Ehren der Wintersonnenwende übertraf sich Stadens Hof selbst mit seinen Festivitäten. Durch Tris’ Bemühungen, für die Geister Hof zu halten, war das Gleichgewicht zwischen den rastlosen Geistern und den Lebenden wieder ein wenig hergestellt. Tris konnte spüren, dass sich die Ströme der Magie geändert hatten. Sogar, nachdem das Fest vorüber wäre, vermutete Tris, würde sein Hof für die Geister immer wieder nötig werden, solange er in Fahnlehen blieb.
Ein Höhepunkt des Festes war Stadens Ankündigung der Verlobung zwischen Tris und Kiara. Tris fragte sich, ob einige der Adligen bei Hof etwas von dem alten Arrangement zwischen Donelan und Bricen wussten; böse Zungen würden sicher einen Skandal dahinter wittern. Auf der anderen Seite war für die Klatschmäuler schon die Tatsache ein Skandal, dass Tris ein Prinz im Exil war, dass Vahanian einen zweifelhaften Ruf genoss und die unbewachte Reise der Gefährten für Monate allein auf der Straße. Doch nachdem Jared ihn und Kiara für vogelfrei erklärt hatte, machte sich Tris aus dem Hofklatsch noch weniger als jemals zuvor.
In dieser Nacht war Tris entschlossen, alle schlechten Vorzeichen beiseitezuschieben und den Moment zu genießen. Kiara schien ähnlich entschlossen zu sein, den Abend auszukosten und Tris war glücklich, sie an seiner Seite zu haben. Er sah sich in der
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