Der Blutkönig: Roman (German Edition)
geflohen seist.«
Soterius schloss für einen Moment seine Augen, und war nicht in der Lage zu sprechen. Es war Mikhail, der das Schweigen brach. »Und glaubst du das auch?«, frage der Vayash Moru. Er ließ Dannes Hals los, stand aber zwischen Danne und Soterius und versperrte dem großen Mann den Weg.
Danne sah Soterius böse an, doch seine Schultern sanken, als der Kampfgeist ihn verließ. »Zuerst wussten wir nichts anderes. Aber es ergab keinen Sinn, überhaupt keinen. Ban hatte keinen Grund, den König zu töten und nichts dadurch zu gewinnen.« Dannes Schmerz spiegelte sich deutlich in seinen Augen.
»Ich kannte Ban, seit wir Kinder waren. Ich fürchtete immer, dass er für den König sterben würde, aber ihn betrügen – nein, nie.« Er atmete so tief ein, dass es seine große Gestalt zittern ließ. »Seitdem – seit Jared den Thron übernommen hat – haben wir Gerüchte gehört … dass Prinz Martris überlebt hat, dass seine Freunde ihn in Sicherheit gebracht haben. Ich wollte das glauben, und ich wollte auch glauben, dass du den Prinzen gerettet hast, und dass er wieder zurückkommt. Aber dass du hier bist, am Leben – du hast nicht mit angesehen, wie sie gestorben sind, Ban. Du musstest sie nicht begraben. … Du musstest sie nicht begraben!« Er bedeckte sein Gesicht mit den Händen.
»Tris und ich haben gesehen, wie Jared Bricen erstochen hat«, sagte Soterius tonlos. »Wir mussten die äußere Mauer herunterklettern und haben versucht, in Arontalas Studierzimmer einzubrechen. Wir haben den König sterben sehen. Wir haben Sarae – und Kait – gefunden, von Schwertern erschlagen. Alles, was Carroway und ich tun konnten, war Tris lebend da rausbringen. Harrtuck hat uns dabei geholfen und wir sind erst nach Osten, dann nach Norden gegangen.« Der Vollmond warf jetzt blaue Schatten über die vereiste Landschaft. Soterius war so kalt und so betäubt von Trauer, dass die Worte von einem anderen zu kommen schienen. »Deshalb bin ich hier. Um Tris zu helfen, den Thron wiederzuerlangen. Um mit Jared abzurechnen. Um Arontala zu zerstören.«
»Kann er das denn?«, fragte Danne. »Er ist nicht älter als du.«
»Er ist ein Seelenrufer, Danne. Bava K’aas Magiererbe. Er hat die Unterstützung von vier Königen und des Blutrats. Er wird den Thron übernehmen – oder bei dem Versuch sterben.« Er hielt inne und spürte, wie sich seine Kehle wieder zuschnürte. »Ich wünschte, Vater hätte die Wahrheit erfahren.«
»Vielleicht kennt er sie«, sagte Danne. »Sie sagen, dass die Toten uns sehen.« Er sah zum alten Küchenhaus und Soterius sah einen dünnen Faden Rauch aus dem Kamin aufsteigen. »Kommt. Anyon und Coalan haben ein Feuer gemacht. Es tut mir leid, was ich gesagt habe – das mit dem Kehle durchschneiden. Ich schwöre auf Taes Grab, ich werde dir nichts tun.«
»Angenommen«, sagte Soterius. »Aber zuerst … zuerst zeige mir, wo sie begraben sind. Bitte.«
Danne zögerte, nickte dann aber. »In Ordnung. Komm mit.«
Soterius und Mikhail folgten Danne durch den verwüsteten Garten, hin zu einer kleinen Baumgruppe nahe dem zerstörten Zaun. Unter den massiven Eichbäumen stand ein Grabmal. Soterius gab einen erstickten Schrei von sich und fiel schluchzend auf die Knie.
»Wir haben unser Bestes getan, wir drei«, erzählte Danne ruhig. »Die, die nicht im Feuer gestorben sind, haben wir gebadet und in Leichentücher gewickelt und hierher gebracht. Wir haben die anderen bedeckt, zumindest das, was wir von ihnen gefunden haben, und dann dieses Grabmal aufgestellt, weil der Boden zu fest gefroren war, um ein Grab auszuheben. Es war niemand da, der sie zur Lady schicken konnte, aber wir haben ihnen unseren Segen gegeben.« Im Mondlicht sah Danne müde aus und alt, auch wenn er nur wenige Jahre älter war als Soterius. »Bei der Hure, kein Mann sollte so etwas tun müssen. Es hat viele Nächte gegeben, in den ich gewünscht habe, ich wäre mit ihnen gegangen.«
»Es tut mir so leid«, sagte Soterius.
»Die Kälte macht mir nichts aus, aber vielleicht sollten wir wirklich hineingehen, oder du bekommst deinen Wunsch erfüllt«, meinte Mikhail freundlich.
Soterius rappelte sich auf und folgte still, während Danne den Weg zurück zum Küchenhaus vorausging.
Drinnen waren ein Mann in den Dreißigern und ein Junge, der ungefähr fünf Jahre jünger war als Soterius. Sie sahen auf, als Danne hereinkam. Soterius erkannte den Mann als Anyon, den Verwalter, den sein Vater angestellt hatte und Dannes
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