Der Blutkönig: Roman (German Edition)
unberührt wie die Straße selbst. Panik griff nach ihm, er galoppierte die lange Auffahrt entlang und hörte die Hufe seines Pferdes in der Stille klappern. Er erreichte den Haupteingang und hielt an, sein Herz schlug ihm bis zum Hals.
Huntwood war nur noch eine Ruine. Das dämmrige Licht des Abends war durch die Fensterrahmen der oberen Stockwerke zu sehen, wo das Dach weggebrannt war. Die Fenster des Landsitzes waren zerbrochen, die Rahmen vom Feuer geschwärzt. Die Vordertür war zersplittert. Die Büsche waren so verwachsen, dass deutlich wurde, niemand hatte sich seit Monaten um die Gärten gekümmert.
Soterius band sein Pferd leicht an einen Pfosten und zog sein Schwert. Dann ging er mit gezücktem Schwert vorsichtig auf die Stufen zu. Eine Eule schrie in der Ferne, aber sonst gab es keine Anzeichen für Leben. Das Herz pochte ihm bis zum Hals und Soterius erkannte, dass er den Atem anhielt, als er den Eingang erreichte und über die Trümmer stieg, die von der massiven Eichentür noch übrig waren.
Der Geruch von Rauch und verkohltem Holz lag noch immer über dem Gebäude. Nur wenig war von der Möblierung des Landhauses geblieben. Was nicht vom Feuer zerstört worden war, schien zerhackt und in Stücke geschlagen. Eisiger Regen fiel durch die gähnenden Löcher in der Decke und Blätter wirbelten um Soterius’ Stiefel in der verwüsteten Eingangshalle.
Mit einem tauben Gefühl ging er durch die Ruine des Familiensitzes, aber er fand weder Lebenszeichen noch irgendein Anzeichen dafür, dass hier jemand hauste. Er schlüpfte aus dem Hintereingang in die einst so gepflegten Gärten hinaus, auf die seine Mutter so stolz gewesen war. Die Gärten mit ihren sorgfältig geschnittenen Heckenlabyrinthen und den Rosen waren niedergeritten und Teile von ihnen verbrannt.
Soterius hatte Mühe, zu atmen. Er sah über den leicht abschüssigen Garten hinweg zu den Scheunen, jetzt nur noch verbrannte Holzstücke, und den Feldern, die aussahen, als hätte man sie ebenfalls angezündet, statt sie abzuernten. Fort. Alles ist fort , dachte er schockiert. Alles ist fort –
Er hörte, wie hinter sich das Eis brach und dann einen Schrei. Soterius konnte seinen Angreifer nicht erkennen, aber der Mann musste beinahe doppelt so breit sein wie er und ein gutes Stück größer, er warf Soterius mit Leichtigkeit auf das Eis und hielt ihn dort mit seinem Knie fest. Er griff nach Soterius’ Schwerthand und schlug seine Knöchel auf den Boden, bis er ihm das Schwert entwinden und es außerhalb seiner Reichweite werfen konnte.
»Hier ist nichts zu Stehlen übrig, Dieb«, schnarrte die Stimme des Mannes nah an Soterius’ Ohr. »Deinesgleichen hat schon alles mitgenommen. Gib mir einen Grund, dass ich dir nicht deine hurenverseuchte Kehle aufschlitze!«
Soterius spürte die Klinge eines Messers gegen seine Haut drücken. Er kämpfte schockiert um seine Stimme. »Ich bin kein Dieb!«, sagte er. »Ich bin Lord Soterius’ Sohn.«
Er hörte einen Luftzug und einen erstickten Schrei von seinem Angreifer, der plötzlich von seinem Rücken gehoben wurde. Soterius drehte sich mühsam um und sah Mikhail, der einen untersetzten Mann mit einer Hand in die Luft hielt, sodass seine Füße ein paar Zentimeter über den Boden zappelten.
»Du!«, japste der Mann. »Ich sollte dir die Kehle aufschlitzen! Wegen dir sind sie alle tot – sie sind alle tot!«
Erschüttert kam Soterius wieder auf die Beine. Mikhail setzte seinen Angreifer wieder auf den Boden, behielt aber seine Hand am Hals des Angreifers. Auch wenn der Mann ungekämmt war und der unordentliche Bartwuchs sein Aussehen verändert hatte, erkannte Soterius seinen Schwager Danne. Dannes Worte verrieten ihm alles über das Schicksal seiner Schwester Tae.
»Danne, was ist passiert?«
»Die Soldaten kamen kurz nach Spuken. Als dein Vater sie an der Tür empfing, überrannten sie ihn. Deine Mutter, deine Brüder, die Kinder, Tae – die Soldaten haben sie gejagt, durch das Haus, in die Felder und haben sie getötet. Sogar die Diener. Alle außer Anyon, der sich im Brunnen versteckte. Ich war mit Coalan zum Markt gefahren. Als wir wiederkamen, rauchten die Feuer noch. Alles war zerstört.«
Soterius taumelte und fiel mehr, als dass er sich auf das setzte, was einst die Gartenmauer gewesen war.
»Anyon hat erzählt, dass die Soldaten deinem Vater, als er sterbend dalag, gesagt haben, dass du ein Verräter seist, dass du geholfen hast, König Bricen zu töten und dann wie ein Feigling
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