Der Blutmond
zeigen, wie wenig ihr Vorwurf ihn interessierte. Den restlichen Weg musste sie weitgehend stolpernd bewältigte, denn Jinx nahm keinerlei Rücksicht auf sie.
Als sie plötzlich auf dem Platz vor dem Höhleneingang zum Stehen kamen, wurde Mimma ganz kleinlaut. Schutzsuchend drückte sie sich an Jinx, doch die schubste sie angewidert von sich und klopfte sich den Dreck von den Kleidern, die für einen Aufenthalt in den Wäldern wahrlich nicht geeignet waren. Weder die Stöckelschuhe, die ständig im erdigen Untergrund versanken, noch das enge Dress, in dem sie sich kaum bewegen konnte.Mimma fand sich von Werwölfen umzingelt wieder und bekam Panik. Sie schluckte nervös und sah sich verstohlen um. Egal wo sie hinsah, blickten ihr düstere Gesichter entgegen. Sie stand in Mitten von Männern, deren Mienen pure Abneigung widerspiegelten und Werwölfen, die sie mit ihren animalisch grünleuchtenden Augen durchleuchteten und sie lauernd und mit gefletschten Zähnen in ihrer Runde willkommen hießen. Die Stimmung war zum Zerreißen gespannt. Mimma konnte spüren, wie sehr sich die Meute zurück halten musste, um nicht über sie herzufallen. Jeder von ihnen hatte große Lust, sie augenblicklich in Stücke zu reißen. Einige von ihnen knurrten und winselten. Bei manchen tropfte dickflüssiger Speichel aus den Mäulern. Mimma traute kaum noch, sich zu bewegen, weil sie befürchtete, dass sie dadurch die Killerinstinkte der Bestien wecken könnte. Hilfesuchend sah sie zu Elester hinüber, der gelassen am Eingang der Höhle lehnte, ihr jedoch nur ein schwaches Lächeln schenkte. Es war eines von der Sorte, die vor Arroganz und Verachtung nur so trieften.
Da trat plötzlich Colin Black aus dem Schatten der Höhle hervor. Mimma klappte der Mund auf. Sofort kamen in ihr die alten Erinnerungen hoch, als er sie damals im Hinterhof so sehr malträtiert hatte, dass sie an den Folgen der Verletzungen gestorben war. Sämtliche Härchen auf ihren Armen und in ihrem Nacken stellten sich auf. Jede einzelne Faser ihres Körpers war auf Flucht eingestellt. Doch bei nur einer falschen Bewegung würden sich mindestens zehn Werwölfe in ihr Fleisch verbeißen, um sie am Fliehen zu hindern.
"Gut. Dann sind wir endlich alle vollzählig.", meint er mit donnernder Stimme, als er sie abschätzend betrachtete. Mimma blieb wie angewurzelt stehen, als er mit festen Schritten auf sie zu ging und dicht vor ihr stehen blieb. Sie presste ihre Lippen aufeinander und hielt den Atem an. Colin sah ihr in die Augen. Seine Pupillen weiteten sich und offenbarten all den Hass, der sich in den Tiefen seiner Seele festgefressen hatte.
"Eure Liebe wird heute ein Ende finden. Eine Opfergabe zum Wohle aller. Niemand braucht Vampire, ganz abgesehen von einem Mischwesen, das weder der einen noch der anderen Art angehört. Ravens Existenz ist wider die Natur und ekelhaft!", sagte er zähneknirschend und spuckte angewidert aus. Doch bevor Mimma verstand, was Colin damit gemeint haben könnte, wirbelte er sie herum und hielt sie im Schwitzkasten. Seine muskulösen Arme fixierten ihren Kopf. Dann stach er mit einer dicken Nadel in die Aorta und spritzte ihr ein Mittel. Sie konnte spüren wie sich die Flüssigkeit rasend schnell in ihrem Blutkreislauf verteilte, denn es kribbelte, als ob Ameisen durch ihre Adern krabbeln würden. Während Colin sie an seine Brust presste, spürte sie an ihrem Rücken seinen Herzschlag. Er war kräftig, doch mit einer kaum wahrnehmbaren Unregelmäßigkeit. Immer wieder setzte er für den Bruchteil einer Sekunde aus. Nachdem er ihr den gesamten Inhalt des Zylinders injiziert hatte, entließ er die verstörte Vampirin aus seinem eisernen Griff. Mimma fasste sich an die Einstichstelle und musste zu ihrem Entsetzen feststellen, dass sich die kleine Wunde nicht mehr schloss. Stattdessen rann das Blut an ihrem Hals hinunter, bis es vom Stoff ihres Kragens wie von einem Schwamm aufgesaugt wurde.
"Was hast du mir verabreicht?", fragte sie Colin und betrachtete fassungslos das Blut auf ihrer zitternden Hand.
"Männer, ergreift sie!", befahl er mit herrischer Stimme. Augenblicklich sprangen vier der noch nicht verwandelten, getreuen Anhänger herbei und schleppten sie zu einem Kreuz. Mimma ahnte Schreckliches, als sie die mittelalterliche Vorrichtung, die daran angebracht war, erblickte. Die Männer hievten sie auf die Plattform. Zwei hielten sie fest, da sie wild um sich schlug. Mimma wollte auf gar keinen Fall an diese Gerätschaft angeschlossen
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