Der böse Geist vom Waisenhaus
natürlich
gemacht. Er hätte mir was vorgespielt. Die Haussuchung bei Norbert wäre ohne
Ergebnis verlaufen, und Dieter hätte die Achseln gezuckt. Er hat sich für das
Geld entschieden. Und damit gegen Anna. Also auch gegen mich. Denn meine kleine
Tochter ist mir wichtiger als alles andere.“
„Wie sind Sie ihm draufgekommen?“
fragte Tim.
„Er dachte, ich schlafe schon.
Das Haus war dunkel, als er zurückkam. Aber ich stand oben am Fenster und sah,
wie er heimlich und verstohlen die Geldsäcke aus dem Kofferraum nahm und durch
die Kellertür in seinen Vorratsraum brachte, wo die Teppiche lagern, die dieser
seltsame Mensch bringt.“ Teppiche? Seltsamer Mensch? Tim runzelte die Stirn,
verschob aber seine Frage auf später.
„Ich bin in den Keller
gerannt“, fuhr Edith fort, „und habe Dieter überrascht. Er hatte die Säcke
geöffnet und wühlte in dem Geld — wie ein Besessener. Erst war er verlegen.
Dann sagte er, er hätte sich’s anders überlegt. Es sei schwachsinnig, auf zwei
Millionen zu verzichten. Anna würden wir auch auf andere Weise zu uns holen
können. Ich war völlig verstört, wußte nicht, was ich tun sollte, fühlte mich
total hilflos. Ich habe keine Szene gemacht. Ich wollte erst nachdenken über
alle Konsequenzen. Dieter brachte das Geld dann herauf ins Wohnzimmer, spielte
damit rum, sortierte die Bündel und begann zu zählen. Dann kam dein Anruf,
Tim.“
„Das meiste“, sagte der
TKKG-Häuptling, „haben wir schon gewußt. Wir ermitteln sozusagen auch in dieser
Sache und waren Wolpert bereits auf der Spur — wie Sie unter anderm aus meiner
Frage nach seinem Wagen ersehen können. Wir wußten nur nicht, ob Sie Wolperts
Komplizin sind. Sind Sie nicht, zum Glück für Anna. Denn was jetzt kommt, ist
klar: Wir verständigen die Polizei. Und Wolpert wird verhaftet. Sie müssen
natürlich dafür geradestehen. Aber wenn Sie an Anna denken, dürfte das nicht schwerfallen.“
Edith nickte.
„Wolpert ist damit weg vom
Fenster“, sagte Tim. „Er wird Schengmann mitreißen, denn der ist ja der Dieb
Numero eins, inzwischen allerdings ein bestohlener Dieb. Damit verschwinden
beide Männer hinter Gittern und damit aus Ihrem Leben. Ihnen bleibt Anna — und
eine sicherlich ansehnliche Summe. Denn für die Wiederbeschaffung der zwei
Millionen steht Ihnen eine Art Finderlohn zu. Fünf Prozent mindestens. Also 100
000 DM. Damit kommen Anna und Sie erst mal über die Runden. Haben Sie einen
Beruf?“
„Leider nicht. Aber ich nehme
jeden Job an.“
„Na also. Und jetzt habe ich
noch eine Frage: Sie erwähnten Wolperts Teppichlager im Keller. Und einen
seltsamen Typ, der die Teppiche bringt.“
„Dieter ist Teppichhändler.
Dieser Dansik wäre ein Geschäftsfreund, hat er mir gesagt. Inzwischen glaube
ich, es sind dunkle Geschäfte.“
„Sie meinen, Dansik bringt
Wolpert gestohlene Teppiche.“ Edith hob die Achseln. „Er war heute morgen
wieder da. Ganz früh. Drei hat er gebracht. Er fährt immer bis dicht an die
Hintertür. Als sollte niemand was bemerken aus der Nachbarschaft.“
„Sie sagten, Dansik wäre ein
seltsamer Mensch. Bezieht sich das auch auf sein Äußeres?“
„Allerdings.“
„Inwiefern?“
„Er sieht unheimlich aus. Das
liegt an seinem Augenfehler. Ihm hängen die Lider herab.“
Na also, dachte Tim und
tauschte Blicke mit seinen Freunden, heute ist ja ein Glückstag. Die Ganoven
springen ins Netz. Drei auf einen Streich.
„Frau Schengmann“, sagte er,
„Sie müssen jetzt im Polizeipräsidium anrufen. Verlangen Sie Kriminalassistent
Brettschneyder. Und erzählen Sie ihm alles, was Ihren Mann und Wolpert
betrifft. Den Dansik brauchen Sie noch nicht zu erwähnen. Um den kümmern wir
uns.“
22. Um 17 Uhr im Freizeit-Park
Brettschneyder erwies sich als
Glockners Meisterschüler, nahm die Sache in die Hand, rollte an mit seinen
Kollegen und zog die Festnahmen durch: Wolpert wurde abgeführt, Schengmann
ebenfalls. Dort in der Blumen-Straße war Edith dabei. Sie kümmerte sich um
Anna, die vor Freude jauchzte beim Anblick der Mamma. Daß der Papa von der
Polizei abgeholt wurde, bekam das kleine Mädchen glücklicherweise nicht mit.
Das Geld, unangetastet, wurde
sichergestellt in Wolperts Haus. Er hatte die Geldsäcke im Kleiderschrank
versteckt.
Inzwischen war es Mittag geworden,
und die TKKG-Bande klinkte sich aus.
„Und nun diesen Dansik“, sagte
Tim.
Es gab nur einen im
Telefonbuch.
Hugo Dansik, Sozialpädagoge.
„Das darf ja nicht wahr
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