Der Brand der Cheopspyramide
oben… siehst du deine Söhne nicht?… Konntest du ihnen nicht helfen?…
Du! Ha, ha, ha! Du fürchtest wohl auch den?… Ja! Ja!… Du fürchtest ihn auch!…
Und ich… ich sage mich los von dir!«
Er riß den Ring des Kalifen von der Hand, schleuderte ihn in den Abgrund.
»Abdurrhaman!… Du bist von Sinnen!… Du lästerst!…«
Beim Klang ihrer Stimme war Abdurrhaman zusammengezuckt… warf wilde Blicke um sich. Sie legte ihre Hände um seinen Kopf, zog ihn an sich, strich leise darüber…
»Komm! Es ist Zeit!… Schon neigt sich der Mond.«
Eng umschlungen gingen sie zum Löwenhof zurück, setzten sich nieder auf der Bank.
Jolanthe griff in die Falten ihres Gewandes… zog die Hand wieder heraus… Ein dunkles Etwas darin. Sie öffnete die Finger, betrachtete es lange.
»Ist’s nicht in offener Schlacht, – wir sahen sie ja nie, unsere Feinde Aug’ in Aug’ – soll’s doch durch des Feindes Waffe geschehen.«
Er schaute stumm dahin. Sah, wie jetzt Jolanthe mit einem kleinen Dolch die Hülle zerschneiden wollte. Sie gab nicht nach.
»Das Messer ist stumpf!« Sie warf es von sich. Klirrend fiel es zu Boden.
»Warte!…«
Abdurrhaman war aufgesprungen, eilte in eine der Hallen… kam wieder… schwang ein blitzendes Krummschwert in seiner Hand, rief ihr laut entgegen:
»Das Schwert Boabdils… als Heiligtum brachte ich es mit hierher… soll uns helfen… mit uns in den Tod gehen!«
Er ergriff die Patrone… wie spielend warf er sie in die Luft.
Jetzt! Die Schwertklinge fuhr sausend um sein Haupt, traf sie in freiem Fall…
Die Schärfe zerschnitt den Mantel…
Doch der Arm, mit dem er geschlagen, blieb wie erstarrt in der Luft stehen…
Was war das? Ihre Augen, in denen schon der Tod stand, starrten auf die Schwertspitze. Eine kleine bläuliche Kugel tänzelte daran… jetzt wurde sie frei… Spielend wie ein gaukelnder Schmetterling schwebte sie um sie herum. Bald näher… bald weiter… senkte sich, hob sich wieder…
Das Schwert entglitt der Hand, fiel klingend auf den Stein… Der Arm sank hernieder.
»Tod! Willst du uns narren?«…
Jolanthe schrie es. Ihre Rechte raffte das Schwert vom Boden… Sprungbereit stand sie da…
Die Kugel… die tanzende Kugel… jetzt war sie wieder näher gekommen…
Da holte sie aus. Sausend fuhr die Waffe durch die Luft… traf…
Der Löwenhof… die weiten Räume der Burg… der Berg selbst… ein bläuliches Feuer, in Millionen von Blitzen sich entladend… millionenfacher Donner… minutenlang der Himmel überstrahlt. Wieder die alte Stille der Natur…
Wo eben noch die sagenumwobenen Reste des herrlichen maurischen Königsschlosses gestanden – mit ihrem König und ihrer Königin gen Himmel geschleudert. Keine Spur von ihnen auf Erden mehr.
*
In vielen Liedern sangen die Sänger in Mauretanien noch lange von Abdurrhaman, dem Kalifen, und von Jolanthe, seiner Geliebten.
Sangen von der Tapferkeit des Helden, seinen großen Taten. Seiner größten, wie er sein Volk über das Meer nach Norden geführt, die alten Reiche wieder aufgerichtet.
Von Jolanthe, dem schönen Weib, Dienerin, Geliebte, Königin des Helden.
Von der wundersamen Hochzeit in den Hallen der Alhambra. – Wie sie Allah zu sich genommen in sein Paradies. –
Im Wetteifer um das schönste Lied, andere… die sangen gar, daß nicht Asrael, der Todesbote, sie geleitet… sangen, daß sie noch am Leben… der Stunde harrten, wiederzukommen, ihr Volk zu neuer Herrlichkeit zu führen.
Weitere Kostenlose Bücher