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Der Brand der Cheopspyramide

Titel: Der Brand der Cheopspyramide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Dominik
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lagen wir bei Cordova. Der Donner der weittragenden Geschütze, die fürchterlichen Luftkämpfe, bis endlich unsere eigene Luftflotte vernichtet, wir wehrlos den feindlichen Fliegergeschwadern ausgesetzt waren, die Tod und Verderben auf uns niedersandten.
    Und während das alles geschah, berieten sie noch in den europäischen Kabinetten, wer den Oberbefehl über die Truppen führen sollte, die sich in Frankreich zu versammeln begannen. Während sie noch debattierten und feilschten, da kam, was ich fürchtete, und was bei uns doch kaum einer geglaubt hatte. Da wiederholte sich der Tag von 711. Da kamen sie über die Meerenge herübergezogen, unter dem Wasser, auf dem Wasser, durch die Luft. Wie Heuschreckenschwärme ergossen sich ihre Scharen über unser Land.
    Immer noch berieten die in Europa, und als sie endlich mit ihren Beratungen fertig waren, da stand schon der Feind an den Pyrenäenpässen und sperrte der Hilfe jeden Weg. Der Guerillakrieg in den Bergen! Gewiß, unser stolzes Volk wollte sich nicht widerstandslos ergeben. Aber die Zeiten hatten sich geändert. Was früher einmal möglich war, dem machten die maurischen Flugzeuggeschwader bald den Garaus.«
    »Mein lieber, alter Freund, wir lasen davon in den europäischen Zeitungen. Lasen zwischen den Zeilen, daß Europa sich scheute, den Kampf bis aufs Messer mit der gewaltig gewachsenen maurischen Macht aufzunehmen.«
    »Mit der maurischen Macht? Das war’s nicht allein, Senor Eisenecker. Sie fürchteten… sie wußten in Europa, daß die islamitischen Reiche verbündet waren. Sie wußten, daß sie gleichzeitig Nordafrika und einen Teil Asiens gegen sich haben würden. Darum wich Europa vor der drohenden Geste Abdurrhamans zurück. Darum liegt unser Vaterland heut noch in Knechtschaft. Eine Schmach für uns, eine Schmach für Europa.«
    Der Oberst schwieg. Eisenecker blickte sinnend auf sein Glas, in dem ein verlorener Sonnenstrahl sich blutrot brach. Seine Augen hingen an dem Purpurschein, als hätte er eine Vision. Langsam und stockend begann er zu sprechen.
    »Es wird nicht so bleiben, Don Antonio. Ich sehe… ich sehe den Tag, an dem die Massen wieder nach Süden zurückfluten. Einen Tag, an dem die maurische Herrschaft dahinschmilzt wie Märzenschnee. Einen Tag, an dem die Sonne Spaniens wieder hell leuchtet… auf den Tag, Don Antonio!«
    Er hob sein Glas und trank dem Freund zu. Der tat Bescheid.
    »Ich trinke mit! Mag der Tag kommen. Bald kommen, daß wir ihn noch erleben.«
    »Der Tag wird kommen, Don Antonio… bis dahin… muß die maurische Herrschaft ertragen werden. Die Geschichte der letzten hundert Jahre zeigt Beispiele viel schlimmerer, viel drückenderer Okkupationen.
    Wer nicht scharf hinsieht, merkt kaum etwas von der Besetzung des Landes. Die Verwaltung liegt in den Händen Ihres alten Beamtenapparates. Spanische Ritter urteilen nach spanischem Recht und in spanischer Sprache. Das Volk geht seinem Erwerb wie früher nach…«
    »Das ist es ja, Senor Eisenecker. Das ist ja das Schlimme. Dieser kluge Abdurrhaman vermeidet alles, was auch nur den Anschein einer Bedrückung erwecken könnte. Unsere religiösen Einrichtungen und Sitten, unsere bürgerlichen Gebräuche, Spiele und Feste, alles wie früher! Jeder kann unbehindert seinen Geschäften nachgehen. Auch die Steuern nicht höher als früher, nur mit dem Unterschied, daß sie jetzt in maurische Kassen fließen. Strengste Manneszucht der Truppen. Größte Zurückhaltung des Militärs im öffentlichen Leben. Das ist ja die teuflisch schlaue Politik des Kalifen, alles zu vermeiden, was Unzufriedenheit erregen könnte.
    Das Volk in seiner Masse spürt kaum etwas von dem Wechsel der Gewalt, von dem Wandel der Dinge. Den Fremden, die aus Europa in unser Land kommen wollen, werden nicht die geringsten Schwierigkeiten gemacht. Sie finden Gelegenheit, alles mit eigenen Augen zu betrachten. Wenn sie objektiv sind, müssen sie zugeben, daß die wirtschaftliche Lage des Landes in keiner Weise schlechter geworden ist. Die maurischen Eroberer vermeiden alles, was etwa das Interesse der übrigen Welt an den so sehr veränderten Zuständen erregen könnte.
    Gelegentlich ein paar Putsche… das kommt wohl vor, wird aber immer schnell und mit größter Energie unterdrückt, dringt kaum in die Öffentlichkeit…«
    Ein Lärm von der Straße her unterbrach den Oberst, ließ auch Eisenecker aufhorchen und ans Fenster treten. Ein Gebrüll wie von Betrunkenen. Das Geheul der Volksmasse. Jetzt ein Schuß…

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