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Der Brander

Der Brander

Titel: Der Brander Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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widerstrebte ihm, ihn seinem Gram zu überlassen. Zu gut erinnerte er sich noch an sein Erschrecken, als die Barkasse am Schiff angelegt hatte und Allday leblos an Bord gehievt worden war.
    Dieser Anblick hatte all seine anderen Empfindungen wie Asche zerstieben lassen: Stolz auf seine Männer, weil sie sich angesichts der Gefahr tapfer geschlagen hatten; tiefe innere Befriedigung, daß auch er nicht zusammengebrochen war. Doch das zählte nicht mehr, denn Allday war auch ein Teil seines Lebens geworden. Und wenn er’s recht überlegte, hatten die meisten Menschen, die ihm etwas bedeuteten, Bolithos Bootsführer eine Menge zu verdanken.
    In Augenblicken wie diesen wäre Allday in die Kajüte getreten und hätte unwillkommene Besucher hinauskomplimentiert. Aber nun lag er in Bolithos eigenem Schlafraum mit einer Säbelwunde in der Brust, die sogar den wortkargen Schiffsarzt erschreckt hatte.
    Keen versuchte noch einmal, Bolitho anzusprechen. »Wir haben mehrere Gefangene gemacht, Sir: die Besatzung des Branders und einige Soldaten von der Missionsinsel. Sie hatten recht, es sind alles Spanier aus La Guaira. Aber nach diesem Mißerfolg werden die Dons San Felipe in Ruhe lassen müssen. Alle Welt weiß jetzt, was sie vorhatten. Ihre Köpfe werden ziemlich locker sitzen, wenn ihr König erst von dem Desaster hier erfährt.«
    Bolitho lehnte sich im Stuhl zurück und rieb sich die Augen. Immer noch glaubte er, Rauch zu riechen, Alldays mühsames, schmerzverzerrtes Lächeln zu sehen.
    Er sagte: »Morgen setze ich meinen Bericht an Sir Hayward Sheaffe auf. Danach ist der Rest Sache des Parlaments.« Beim Geräusch von Schritten blickte er scharf hoch, aber es war nur die Wache, die über ihnen auf und ab ging.
    Trotz seiner Vergangenheit war Tuson ein guter Arzt, das hatte er mehrfach bewiesen. Wenn doch nur… Aber Bolitho verbot sich diese Gedanken.
    Er sagte: »Es tat mir leid, von Jethro Tyrrells Verlust zu hören.«
    »Er trägt es tapfer, Sir.« Keen zögerte. »Aber er bittet darum, daß Sie ihn empfangen.«
    Die Tür zum Nebenraum öffnete sich, und Adam betrat lautlos die Tageskajüte.
    »Wie geht’s ihm?« fragte Bolitho.
    Adam hätte gern Tröstliches berichtet, konnte aber nur antworten: »Er ist immer noch bewußtlos, und Mr. Tuson meint, die Atmung ist zu unregelmäßig.« Er blickte zu Boden. »Ich habe den Arzt ausgefragt, aber…«
    Bolitho erhob sich mit bleiernen Gliedern. Von Georgetown schimmerte Licht herüber. Ob die Bewohner immer noch schweigend am Ufer beisammenstanden und zum Schiff starrten? Die ganze Zeit seit dem Angriff hatten sie sich so verhalten – ob aus Mitgefühl oder aus schlechtem Gewissen, das wußte er nicht; es kümmerte ihn auch nicht.
    Adam sprach immer noch. »Allday und ich gerieten einmal in Gefangenschaft, Sir.« Er richtete seine Worte an Keen, den Blick aber auf Bolitho. »Später sagte er dann zu mir, damals hätte er zum ersten und einzigen Mal Bekanntschaft mit der Peitsche gemacht. Das schien er für einen Scherz zu halten.«
    Keen nickte. »Typisch für ihn.«
    Bolitho ballte die Fäuste. Sie wollten ihm helfen, machten aber alles nur noch schlimmer.
    Abrupt sagte er: »Ich gehe zu ihm. Ihr beide ruht euch jetzt besser aus. Kümmere dich um die Brandwunde, Adam. In diesem Klima…« Er ließ den Satz unvollendet.
    Keen ging voran durch die Tür und fragte über die Schulter: »Fällt Ihnen die Stille an Bord auf? Dabei heißt es immer, Schiffe bestünden nur aus Holz und Kupfer.«
    Adam nickte, froh darüber, daß sein Gesicht unter dem Hüttendeck im Schatten blieb. Selbst jetzt hatte Bolitho an seine verbrannte Schulter gedacht. Es war unglaublich.
    Bolitho öffnete die schmale Tür und betrat seine Schlafkajüte. Das Schiff lag so reglos an seiner Muring, daß es sich kaum bewegte. Tuson, der eine kleine Arzneiflasche ans Lampenlicht gehalten hatte, wandte sich bei Bolithos Eintritt um.
    »Unverändert, Sir.« Das klang wie ein Vorwurf.
    Bolitho blickte auf das Lager nieder, auf dem er so viele Nächte gegrübelt hatte. Allday war dick bandagiert und lag mit seitlich gedrehtem Kopf da, wohl damit er leichter atmen konnte. Bolitho berührte seine eiskalte Stirn und versuchte, sein Erschrecken zu verbergen. Die Haut fühlte sich schon an wie die eines Toten.
    Leise berichtete Tuson: »Der Stich hat die Lunge knapp verfehlt, Sir. Gott sei Dank, daß es offenbar eine saubere Schneide war.« Und als Bolithos Gestalt in den Schatten zurücktrat: »Möchten Sie, daß ich

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