Der Brander
bewegten sich, und er sprach so leise, daß Bolitho sich tief über ihn beugen mußte.
Allday murmelte: »Aber Sie mögen doch keinen Rum, Sir…« Bolitho nickte. »Stimmt.« Er hätte gern mehr gesagt, um Allday zu ermutigen, aber die Stimme versagte ihm.
Türenschlagen, eilige Schritte draußen, und dann stürzte Tuson, gefolgt von Keen und Adam, in die Kajüte.
Der Schiffsarzt legte seine Hand auf Alldays Brust, ohne sich um das Blut zu scheren. Dann sagte er: »Er atmet schon sehr viel besser.« Und mit einem Schnüffeln: »Ist das Rum?«
Alldays Augen kippten immer wieder weg, aber er schien unbedingt sprechen, Bolitho irgendwie beruhigen zu wollen.
»Hätte gern ‘nen Schluck, Sir.«
Tuson trat beiseite und beobachtete kritisch, wie Bolitho dem Bootsführer den Kopf stützte und ihm mit der anderen Hand ein Glas an die Lippen hielt. Er wußte, diesen Anblick würde er sein Leben lang nicht vergessen.
Schließlich sagte er: »Legen Sie ihn jetzt zurück.«
Er sah zu, wie Bolitho sich Wasser aus einer Schüssel ins Gesicht spritzte, um sich für die anderen draußen zu wappnen.
»Ihretwegen brauchen Sie das nicht zu tun, Sir.« Später wunderte Tuson sich über sich selbst, daß er es gewagt hatte, seinen Admiral so vertraut anzusprechen. »Es schadet nichts, wenn sie sehen, daß auch Sie Gefühle haben. Wie wir alle.«
Bolitho warf noch einen Blick auf Allday. Er schien jetzt zu schlafen.
»Danke«, sagte er. »Sie können nicht wissen…« Damit verließ er den Schlafraum, um den anderen gegenüberzutreten.
Der Arzt betrachtete den Krug Rum auf dem Tisch und verzog das Gesicht. Sein Sachverstand sagte ihm, daß Allday längst tot sein müßte. Er begann, den blutigen Verband aufzuschneiden.
Aber dann verzog sich Tusons ernstes Gesicht zu einem schiefen Lächeln. Ein Schluck Rum, bei Gott… In der Tageskajüte saßen die anderen schweigend beisammen, bis Ozzard eine Karaffe Wein brachte. Da endlich hob Keen sein gefülltes Glas. »Auf uns alle, Sir«, sagte er.
Bolitho wandte den Blick ab. Keen hätte keinen besseren Toast ausbringen können.
Heimatkurs
Die Wochen und Monate nach dem spanischen Überfall auf San Felipe kamen Bolitho vor wie eine schier endlose Chronik von Alldays Überlebenskampf. Nur zu oft folgte auch der kleinsten Besserung ein ernster Rückschlag. Bolitho konnte es sich nur so erklären, daß Alldays Bewegungsunfähigkeit ihm zu schaffen machte, »seine Nutzlosigkeit«, wie er es nannte.
Ab und zu liefen wieder Schiffe die Insel an, und langsam kehrte Normalität ein. Es kam zu keinen neuen Angriffen, auch berichteten die Händler, die von niemandem mehr behelligt wurden, daß sie keine spanischen Kriegsschiffe gesichtet hätten.
Dagegen suchten im Oktober zwei Wirbelstürme die Insel heim und richteten solche Verwüstungen an, daß ein Krieg dagegen sanft gewirkt hätte. Flutwellen gefährdeten
Achates,
vernichteten leichtere Schiffe, und der Sturm deckte viele Häuser ab. Aus Plantagen wurden Wüsteneien, mehrere Tote und viele Verletzte waren zu beklagen, und die meisten verloren alles, was sie besaßen.
Aber die Naturkatastrophe bedeutete einen Wendepunkt in den Beziehungen zwischen der Inselbevölkerung und der Besatzung von
Achates.
Ohne die disziplinierte, gut organisierte Hilfe der Seeleute und Soldaten wäre kaum etwas von Wert zu retten gewesen. Das Schiff, einst Symbol für aufgezwungene Staatsmacht, begann allmählich eine neue Rolle zu spielen: die des Beschützers. Und damit wurde der Dienst für Offiziere und Mannschaften weniger anstrengend.
Drei Monate, nachdem ihn ein spanischer Säbel niedergestreckt hatte, ging Allday zum erstenmal auf
Achates’
Achterdeck spazieren.
Ozzard begleitete ihn, aber Allday wies – ganz der alte – seinen stützenden Arm zurück.
Bolitho richtete es so ein, daß er sich auf dem Hüttendeck aufhielt, und sah Allday mit solch schleppenden, unsicheren Schritten ins Sonnenlicht treten, als hätten seine Füße noch nie die Planken eines Schiffes berührt. Auffallend war auch, daß alle Freunde Alldays offenbar zufällig in der Nähe zu tun hatten; aber sie bewiesen Takt und hielten sich auf Distanz.
Dann hörte Bolitho Adams leichten Schritt neben sich und sagte: »Hätte nie gedacht, daß ich diesen Anblick erlebe, Adam.« Er schüttelte den Kopf. »Niemals.«
Adam lächelte. »Er erholt sich gut.«
Unten erreichte Allday die Querreling und packte sie mit beiden Händen; er holte einige Male tief Luft und starrte
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