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Der Brander

Der Brander

Titel: Der Brander Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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bei ihm bleibe, Sir?«
    »Nein.« Bolitho wußte, daß noch viele Verwundete Tusons Hilfe benötigten. »Aber vielen Dank.«
    Tuson seufzte. »Bin sofort da, wenn Sie mich brauchen.«
    Bolitho folgte ihm in die Tageskajüte hinaus. »Sagen Sie es mir offen.«
    Tuson schlüpfte in seinen einfachen blauen Rock. »Ich kenne ihn nicht so gut wie Sie, Sir. Er scheint mir ziemlich kräftig zu sein, aber es ist eine schwere Verwundung. Die meisten wären ihr an Ort und Stelle erlegen. Es tut mir aufrichtig leid…«
    Als Bolitho wieder aufblickte, war Tuson schon gegangen, hinunter ins Orlopdeck, in die Einsamkeit seines Lazaretts.
    Aber Ozzard drückte sich noch in der Kajüte herum. »Brauchen Sie etwas, Sir?«
    Erst jetzt gewahrte Bolitho seine schmächtige Gestalt. Auch Ozzard bangte um Allday, das sah man ihm an.
    »Was hat Allday am liebsten getrunken?«
    Ozzards feuchte Augen leuchteten auf. »Tja, Sir – Rum natürlich.
    War einem guten Schluck nie abgeneigt.« Verlegen gestikulierte er.
    »
Ist
einem guten Schluck nie abgeneigt, meine ich.«
    Bolitho nickte. Das war wieder einmal kennzeichnend für Allday. In kritischen oder gefährlichen Augenblicken, zu traurigen oder fröhlichen Anlässen hatte er ihm oft Brandy angeboten. Und Allday hatte akzeptiert, obwohl ihm doch Rum sehr viel lieber gewesen wäre.
    Leise sagte er: »Dann holen Sie bitte Rum, Ozzard. Und sagen Sie dem Zahlmeister: vom besten.«
    Bolitho saß neben Alldays Lager, die Tür zur Nachbarkajüte der besseren Lüftung wegen halb offen, als Ozzard mit einem kupfernen Krug zurückkehrte. Bei der Hitze wurde ihm von dem starken Aroma fast schwindlig.
    Bolitho versuchte, sich auf die Aufgaben des nächsten Tages zu konzentrieren, auf Tyrrells Zukunft, aber er sah immer nur Belindas Gesicht bei ihrem Abschied vor sich, wie sie Allday gebeten hatte, ihm und Adam beizustehen. So viele Reisen hatten sie gemeinsam gemacht – und erst letztes Jahr waren sie in Frankreich in Gefangenschaft geraten. Es war Allday gewesen, der den todkranken John Neale auf seinen Armen getragen hatte, dessen Willensstärke und Zuversicht ihnen Mut und Zusammenhalt gegeben hatte. Und er erinnerte sich an seine Kadettenjahre: Damals hatte er es als ganz selbstverständlich angenommen, daß einem Admiral niemals Kummer und Selbstvorwürfe zu schaffen machten.
    Vom Vorschiff klangen die dünnen Töne einer Fiedel herein, und Bolitho sah im Geiste die Freiwächter vor sich, die sich in der Abendkühle vergnügten. Dann erblickte er sein eigenes Gesicht im Spiegel über dem kleinen Tisch und sah weg. Ob sie jetzt mit ihrem Vizeadmiral getauscht hätten?
    Er nahm ein sauberes Taschentuch, befeuchtete es mit Rum und betupfte damit vorsichtig Alldays Mund.
    »Hier, alter Freund…« Bolitho biß sich auf die Lippen, als der Rum wirkungslos von Alldays Kinn tröpfelte. Mitten auf dem Brustverband leuchtete ein roter Fleck. Es drängte Bolitho, nach dem Wachtposten zu rufen und den Arzt zurückholen zu lassen, aber er beherrschte sich. Alldays Ringen mit dem Tod ging nur ihn selbst an. Auch wäre es grausam gewesen, seine Leiden jetzt noch zu vermehren.
    So starrte Bolitho nur in Alldays vertrautes Gesicht. Es schien plötzlich gealtert zu sein, fiel ihm auf. Das Begreifen ließ ihn aufspringen, auch wenn er die Erkenntnis nicht akzeptieren wollte.
    Mit geballten Fäusten sah er sich wild in der engen Kajüte um, wie ein Tier in der Falle. Dagegen war er machtlos. Ohne zu wissen, was er tat, hob er den Krug an die Lippen und trank, bis ihm der scharfe Rum die Kehle verbrannte und er keuchend nach Luft ringen mußte.
    Als er darauf wartete, daß sich sein Atem beruhigte, sah er Ozzards schmächtige Gestalt vor der halboffenen Tür warten. Mit einer Stimme, die ihm selbst fremd klang, sagte er: »Meine Empfehlung an den Arzt und…«
    Ozzard schien noch mehr zu schrumpfen, als er Bolithos Worte begriff. »So schnell ich kann, Sir!«
    Bolitho fuhr herum, weil Allday suchend über den Rand der Koje tastete.
    »Ja, ich bin hier.«
    Er nahm Alldays Faust zwischen beide Hände und starrte ihm gebannt ins Gesicht. Darauf zeigte sich jetzt ein Stirnrunzeln, als versuche Allday, sich an etwas zu erinnern. Seine Finger hatten weniger Kraft als die eines Kindes.
    Bolitho flüsterte: »Warte noch. Gib nicht auf.« Er drückte Alldays Hand fester, spürte aber keine Erwiderung.
    Doch dann öffnete Allday die Augen und starrte ihn an, sekundenlang und anscheinend ohne ihn zu erkennen. Seine Lippen

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