Der Brandstifter
ihr die Seele genommen.
Du denkst wahrscheinlich, dass ich übertreibe, aber du hast sie nicht gekannt und weißt nicht, wie sie vorher war. Bevor ich ihn umgebracht habe. Bevor er ihr das angetan hat. Weißt du, eigentlich müsstest du ihm dankbar sein. Er hat Rebecca für dich präpariert. Sie mochte dich, weil sie ihn geliebt hat und du sie an ihn erinnert hast, zumindest körperlich. Tut es dir weh zu hören, dass du nicht der Erste warst? Zu hören, dass Rebecca dich benutzt hat, um die schlechte alte Zeit wieder aufleben zu lassen? Aber Adam Rowley war noch wesentlich schlimmer als du, falls dich das tröstet. Zum einen war er sehr erfinderisch in seiner Grausamkeit. Rebecca hat die Gefahr erst erkannt, als es schon viel zu spät war.
» Trinity term«, das dritte und letzte Trimester vor den Abschlussprüfungen hatte begonnen– unsere letzte Zeit in Oxford–, und alles kam mir bittersüß vor. Jedenfalls dann, wenn ich mal dazu kam, den Kopf aus den Büchern zu heben. Jurastudenten verbringen nicht viel Zeit außerhalb der Bibliothek, und ich wollte unbedingt einen guten Abschluss hinlegen. Das war für mich die Fahrkarte, mit der ich mein altes Leben verlassen würde. Zum ersten Mal hatte ich nicht mehr genau im Blick, was Rebecca tat. Obwohl ich sie jeden Tag sah und wir mindestens einmal am Tag zusammen aßen, war mir nicht bewusst, dass es sie immer mehr zu Adam hintrieb oder dass sie zu tun bereit war, was immer er wollte, um ihm zu beweisen, was sie für ihn empfand.
Es geschah an einem Samstagabend. Er wohnte im College, aber er hatte Freunde– Gefolgsleute– ein Studienjahr unter ihm, die ein kleines Haus im Vorort Jericho bewohnten. Er wollte ungestört sein bei dem, was er vorhatte, und das fädelte er geschickt ein. Seine Freunde gingen an diesem Abend gehorsam aus, und er lud Rebecca zum Abendessen ein. Sie muss geglaubt haben, dass ihr Traum in Erfüllung ging. Ich bin sicher, dass sie mir deshalb nichts davon erzählte, weil sie wusste, dass ich dagegen sein würde. Das Erste, was ich davon mitbekam, war in den frühen Morgenstunden ein ganz leises Kratzen an meiner Tür und ein schwaches, wimmerndes Geräusch. Irgendwie war mir klar, dass das Rebecca war, obwohl ich noch nie so ein Geräusch von ihr gehört hatte. Ich öffnete die Tür, und sie fiel mir in die Arme. Sie zitterte am ganzen Körper und schluchzte so furchtbar, dass ich zuerst gar nicht verstand, was sie sagte. Aber am Ende wusste ich, was passiert war. Sie waren gar nicht bis zum Abendessen gekommen. Er hatte ihr zur Begrüßung ein Glas Whiskey eingeschenkt, ihr zugesehen, wie sie ihn zu schnell hinunterstürzte, weil sie so aufgeregt war, ihr noch einen eingeschenkt und noch einen dritten– und Rebecca trank sonst nie harte Sachen. Dann nahm er ihr den Becher aus der Hand und vergewaltigte sie auf dem Wohnzimmerfußboden. Dann vergewaltigte er sie noch einmal in der oberen Etage, in einem der Schlafzimmer. Er vergewaltigte sie und sagte zu ihr, dass sie das ja gewollt habe. Niemand werde ihr glauben, redete er ihr ein. Dafür sei sie ihm schon zu lange nachgerannt. Und außerdem war sie betrunken: Er hätte jedem, der es wissen wollte, sagen können, dass sie einverstanden gewesen sei, mit ihm zu schlafen, und es dann bereut hätte, als er keine Beziehung mit ihr eingehen wollte. Er sagte ihr, dass sie hässlich sei und er sie sowieso nur aus Mitleid gefickt habe, weil sie sich ihm so an den Hals geworfen habe, und dass sie eh keiner je haben wolle, wenn er erst wüsste, wie sie wirklich sei.
Sie entkam, während er im Badezimmer war und duschte, aber ich glaube kaum, dass er sie aufgehalten hätte, als sie ging. Er hatte darauf geachtet, gerade so viel Gewalt anzuwenden, wie nötig war, damit sie tat, was er wollte. Sie hatte blaue Flecken, ja, und sie blutete, aber es war gerade noch– gerade noch– im Rahmen dessen, was bei einvernehmlichem, wenn auch derbem Sex passieren kann. O ja, er hatte das sehr gut eingeschätzt. Ich glaube nicht, dass er das zum ersten Mal getan hatte. Er wusste, dass es funktionierte.
Allerdings hatte Rebecca durchaus Kampfgeist. Sie wollte zur Polizei gehen oder wenigstens zum Dekan und offiziell Beschwerde gegen ihn einreichen.
Sie wollte erreichen, dass er von der Universität gewiesen wurde. Sie wollte, dass er bestraft wurde. Und mir kam die grausame Aufgabe zu, ihr zu erklären, dass sie, wenn sie zur Polizei ging und es tatsächlich zum Prozess kam, jeder ordentliche Verteidiger
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