Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Brandstifter

Der Brandstifter

Titel: Der Brandstifter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Casey
Vom Netzwerk:
hervor, das sie von ihrem kleinen Bruder bekommen hatte, das Messer, das er in der Schule immer bei sich trug, falls er mal in eine Auseinandersetzung geriet, das Klappmesser mit der schmalen Klinge und der gefährlich scharfen Spitze, das ihr schon seit Stunden auf den Knöchel drückte. Es war so finster im Auto, dass sie nicht einmal sehen konnte, wie sie damit ausholte und auf die weiche Stelle unter dem Brustkorb und oberhalb des Gürtels zielte. Noch bevor er überhaupt reagieren konnte, war das Messer in seinem Körper und wieder draußen und dann alles noch einmal, obwohl er versuchte, nach der Klinge zu greifen, als Kelly das Messer wieder herauszog. Es war jetzt dunkel und nass, der Mann wimmerte, sie konnte ihn und das Blut riechen– es roch süßlich wie an einem heißen Sommertag beim Schlachter. Er hatte sich in die Hose gepinkelt, und sie merkte, dass sie schrie, während ihr Herz so laut hämmerte, dass sie ihre eigenen Worte nicht verstehen konnte. Aber sie wiederholte diese Worte ununterbrochen und kletterte über den Sitz in den Fond des Wagens, tastete panisch nach dem Türgriff und stürzte ins Freie. Sie handelte rein instinktiv, ihre Hände waren blutverschmiert, ihre Knie gaben nach, als sie in den albernen Schuhen zu rennen versuchte. An die wundgeriebenen Füße dachte sie nicht mehr. Immer wieder sagte sie die Worte vor sich hin, als sie durch die Gasse in Richtung der Häuser humpelte, wo sie auf Hilfe hoffte. Ihr Atem rasselte in den Lungen, als hätte er rostige Sägezähne. Sie sagte sie auch zu der Frau, die an die Tür kam und bei ihrem Anblick aufschrie, sie sagte sie der Polizei, die den Notruf entgegennahm, und später den Ärzten und Schwestern im Krankenhaus, wo sie untersucht wurde. Es war das Einzige, dessen sie sich sicher war und was sie am Leben erhalten hatte.
    » Nicht ich. Ich will nicht die Nächste sein. Nicht ich. Nicht ich.«

1
    Maeve
    Als das Telefon klingelte, wusste ich weder, wo ich war, noch, was ich dort zu suchen hatte. Ich begriff nicht einmal, dass es das Telefon war, was mich geweckt hatte. Ich tauchte aus tiefsten Tiefen wieder an die Oberfläche und öffnete ein Auge, während ein Teil meines Hirns krampfhaft versuchte herauszufinden, was mich gestört hatte, und ein anderer fieberhaft überlegte, wie sich der Lärm abstellen ließ. Er ging jetzt in ein leises Rütteln über und kam von meinem Handy, das nachdrücklich auf dem Nachttisch vibrierte, begleitet vom schrillsten und nervigsten Klingelton, den ich hatte finden können. Ich tastete im Dunkeln nach der Lärmquelle, stieß jedoch nur dagegen und schubste sie vom Tisch. Das Telefon landete mit dem Display nach unten auf dem Teppich, wo es zwar noch klingelte, aber wenigstens nicht mehr so laut war. Streifschuss, kein Treffer. Zu allem Überfluss kam ich jetzt noch schlechter an die Ursache des Übels heran. Ich beugte mich gefährlich weit aus dem Bett und harkte mit den Fingern über den Teppich, um es zu fassen zu kriegen.
    » Mmpf!«
    Obwohl das Gemurmel größtenteils vom Kissen geschluckt wurde, wollte Ian damit wohl sagen: » Nun geh doch endlich ran an das verdammte Handy.« Genau das dachte ich ja auch gerade. Abgesehen von Wie spät ist es eigentlich? und Was will denn dieser Idiot von mir?
    Schließlich bekam ich es zu fassen und drückte wild darauf herum, bis das blöde Klingeln endlich aufhörte. Dann versuchte ich etwas auf dem Display zu erkennen. LANGTON . Rob. Ich schielte auf die Uhrzeit und entzifferte 03.27. Es war morgens halb vier, und Detective Constable Rob Langton hatte versucht, mich zu erreichen. Jetzt erst wachte ich richtig auf, mein Hirn kam allmählich in die Gänge, doch mein Mund hatte mit dem geänderten Plan noch seine Schwierigkeiten und kam nicht so recht mit. Als ich mich meldete, war meine Zunge so schwer, als hätte ich die letzten– ich musste rechnen– dreieinhalb Stunden in der Kneipe zugebracht, statt meinen wohlverdienten Schlaf zu genießen. Dreieinhalb Stunden. Das waren insgesamt sechs Stunden Schlaf in den vergangenen zwei Tagen. Ich kniff die Augen zu und wünschte, ich hätte auf diese Rechnung verzichtet. Von Zahlen untermauert fühlte sich alles noch viel schlimmer an.
    » Hab ich dich geweckt, Kollegin?« Diesen Manchester-Dialekt würde ich immer und überall erkennen.
    » Blöde Frage. Was gibt’s denn?«
    Eigentlich wusste ich längst, worum es ging. Es gab nur zwei Möglichkeiten, warum mich Rob Langton um diese Zeit anrief und sich

Weitere Kostenlose Bücher